An neuartigen Methoden, technische Bauteile mit Hilfe von Drähten aus Formgedächtnis-Metall präzise zu bewegen, arbeiten zwei Forschergruppen an der Universität des Saarlandes. Es gibt sogar schon Anwendungen im Gesundheitsbereich.
So genannte Formgedächtnis-Drähte machen genaue Bewegungsabläufe möglich: Sie können Fledermaus-Modelle mit naturgetreuem Flügelschlag „zum Leben erwecken“, Inhalationsgeräte so präzise steuern, dass Wirkstoffe genau am Wirkort in der Lunge landen, oder große Lasten geräuschlos heben und senken.
Prinzipiell arbeiten die Formgedächtnis-Drähte ähnlich wie die Muskeln des Menschen: Diese reagieren auf Nervenimpulse, indem sie sich zusammenziehen. Dabei werden sie kürzer. Wenn sie sich wieder entspannen, kehren sie zur ursprünglichen Form zurück. So kann der Mensch alle erdenklichen Bewegungen vollführen.
Die „intelligenten“ Drähte aus der Legierung Nickel-Titan (kurz NiTi) können ebenso zwischen zwei Formen wechseln. Werden sie erwärmt, etwa indem ein elektrischer Strom durch sie fließt, ziehen sie sich zusammen und werden deutlich kürzer. Wird der Strom abgeschaltet, kühlen sie ab und werden so lang wie zuvor.
Am Lehrstuhl für Unkonventionelle Aktorik bringen Forscher mit den Formgedächtnis-Drähten verschiedenste technische Bauteile in Bewegung. Die haarfeinen Drähte hieven schwere Gewichte, wenn sie unter Strom stehen. Mithilfe einer ausgeklügelten Steuerung lassen sich im Zusammenspiel mehrerer Drähte ganze Bewegungsabläufe nach festgelegter Choreographie ausführen. Dies demonstrieren die Forscher an Modellfledermäusen, denen sie für ein Museumsprojekt künstliche Muskeln aus den Drähten eingebaut haben.
Eine weitere Anwendung ist ein Inhalator, der Wirkstoffe zielgenau an den Wirkort in der Lunge bringt. Forschungen haben ergeben, dass Wirkstoffteilchen an bestimmten Stellen der Lunge landen, je nachdem, wo genau sie aus dem Mundstück des Inhalators eingeatmet werden. Mit intelligenten Drähten kann ein Röhrchen im Mundstück genau in Position gebracht werden, so dass die Wirkstoff-Ladung gezielt in die Lunge gebracht werden kann.
Ingenieure am Lehrstuhl für Systemtheorie und Regelungstechnik entwickeln die Algorithmen so weiter, dass die Länge des Formgedächtnis-Drahts maßgeschneidert und störungsfrei gesteuert werden kann. Die Befehle für die Veränderungen kommen vom Mikro-Controller. Die Forscher modellieren die Abläufe. Unsichtbar berechnen und schätzen darauf aufbauende Algorithmen etwaige Störungen und geben sofort Befehle, die den Einflüssen entgegenwirken. Da der Draht bei Wärme seine Länge verändert, ist beispielsweise ein kalter Luftzug störend. Die Saarbrücker Wissenschaftler vom Lehrstuhl für Systemtheorie und Regelungstechnik entwickeln neuartige Echtzeit-Schätzverfahren und Regelungsmethoden, die solche Temperaturschwankungen oder wechselnde Luftströmungen automatisch ausgleichen sollen. Das System soll ganz ohne Sensoren auskommen.
Weitere Informationen Lehrstuhl für Unkonventionelle Aktorik, Prof. Stefan Seelecke: www.mmsl.uni-saarland.de/ Lehrstuhl für Systemtheorie und Regelungstechnik, Prof. Joachim Rudolph: www.uni-saarland.de/lsr
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