Längere Standzeiten und eine höhere Produktivität von Fräswerkzeugen soll ein neues Werkzeughaltersystem bieten. Es variiert automatisch die Werkzeuglänge während der Bearbeitung – und reguliert gleichzeitig die Schwingungen der Fräswerkzeuge.
Mit der wachsenden Vielfalt an Produkten, die durch zerspanende Produktionsverfahren hergestellt werden, steigt auch die Anzahl an Bearbeitungsvorgängen, bei denen viele unterschiedliche Werkzeuge gebraucht werden. Bauteile mit tiefen Hohlräumen und schlechter Zugänglichkeit erfordern beispielsweise Werkzeuge mit großer Auskraglänge. Je länger jedoch die Auskragung der Werkzeuge ist, desto geringer ist ihre Steifigkeit. Das macht die Werkzeuge besonders schwingungsanfällig und wirkt sich nicht nur negativ auf ihre Standzeit aus, sondern beschädigt im schlimmsten Fall sogar das zu bearbeitende Bauteil.
Gesteigerte Produktivität
Im Projekt „Pinocchio“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird, entwickelt das Aachener Fraunhofer IPT deshalb gemeinsam mit drei Industriepartnern einen Werkzeughalter, der eine flexible Anpassung der Werkzeuglänge erlaubt und damit den gesamten Fräsprozess optimiert: Längere Werkzeugstandzeiten, kürzere Rüstzeiten und seltenere Werkzeugwechsel steigern die Produktivität des Bearbeitungsvorgangs und senken gleichzeitig die Fertigungskosten. Das macht das System vor allem für den Einsatz im Turbomaschinenbau sowie im Werkzeug- und Formenbau interessant. Zudem reguliert das System die Schwingungen der Fräswerkzeuge, die sowohl Werkzeuge als auch Bauteile beschädigen oder gänzlich unbrauchbar machen können. Eine integrierte Sensorik ermittelt diese Schwingungen und reduziert diese anhand einer Software um bis zu 50 %.
Intelligente Regelung
Das Fraunhofer IPT leitet im Projekt die Entwicklung des Werkzeughaltersystems. Um Erkenntnisse über das Schwingungsverhalten der Werkzeuge und über die Prozessstabilität zu gewinnen, werden Fräsversuche an Demonstratorbauteilen durchgeführt. Parallel dazu haben die Projektpartner die technologischen Anforderungen an das Werkzeughalterungssystem definiert: Verschiedene Konzepte zur Energieversorgung sollen ausgearbeitet, ein Demonstrator und eine Fräsmaschine ausgewählt sowie eine Steuerung entwickelt werden, mit der sich Auskraglänge verändern lässt. Darüber hinaus wählt das Projektkonsortium Sensoren, Aktoren sowie eine Lineareinheit aus, die für das Regulieren der Auskraglänge und für die Prozessüberwachung wichtig sind. Diese mechatronischen Komponenten werden durch eine intelligente Regelung untereinander vernetzt und in den Fräsprozess integriert.
Anhand computergestützter Simulationen wie der Finite-Elemente-Methode und der Mehrkörpersimulation werden die Strukturmechanik des Werkzeughalters und die dynamische Bewegung der auskragenden Werkzeughülse optimiert. Anschließend wird das neu entwickelte System in eine konventionelle Fräsmaschine integriert und für den industriellen Einsatz erprobt.
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