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Wasserdampf statt Gift

Hochfeste Materialien wie Kevlar: Herstellung mittels Druckreaktor
Wasserdampf statt Gift

Überraschung in der Materialchemie: Mit Hitze und Druck können an der TU Wien Materialien für den Leichtbau, Schutzkleidung oder Sportgeräte hergestellt werden – besser, schneller und umweltfreundlicher als bisher.

Die Erdkruste funktioniert wie ein Dampfkochtopf. Bei großer Hitze und hohem Druck können Mineralien entstehen, die sich an der Erdoberfläche nicht so einfach bilden würden. Für die Synthese organischer Moleküle hingegen hielt man solch extreme Bedingungen lange Zeit für völlig ungeeignet. An der TU Wien stellte sich nun allerdings heraus, dass sich gerade durch Druck und hohe Temperatur organische Materialien mit außerordentlich guten Eigenschaften herstellen lassen – etwa Kevlar, ein vielseitig einsetzbares Hochleistungsmaterial.

Eigentlich widerspricht die Idee jeder Intuition: Bei großen, komplizierten organischen Molekülen würde man eher erwarten, dass sie durch Druck und Hitze kaputtgehen. Doch Miriam Unterlass stellt mit ihrem Team am Institut für Materialchemie der TU Wien bei knapp 200 Grad und 17 bar organische Polymere her, die bisher nur mit großem Aufwand und unter Einsatz von höchst giftigen Zusatzstoffen produziert werden konnten. Statt wie bei herkömmlichen Verfahren mit toxischen Lösungsmitteln zu arbeiten, kommt sie mit heißem Wasserdampf aus, es handelt sich daher um eine ausgesprochen umweltfreundliche Synthesemethode.
In der Geologie kennt man das Phänomen der so genannten „Hydrothermalsynthese“ schon lange. Viele Edelsteine entstehen nur in großer Tiefe, wo sie sich unter hohem Druck in Wasserreservoirs bilden. Im Gegensatz zu solchen anorganischen Mineralien, die oft zu einem großen Teil aus Silizium oder Metallen bestehen, sind heute allerdings viele Hochleistungsmaterialien organisch – sie sind hauptsächlich aus Kohlenstoff und Wasserstoff aufgebaut.
Ein Beispiel dafür ist das extrem widerstandsfähige Kevlar, das man für Schutzkleidung oder Bauteile mit extremer mechanischer Belastung verwendet – aber auch für den Flugzeugbau. Derart feste Materialien sind schwer herzustellen: „Wir haben es mit einem Widerspruch zwischen verschiedenen Anforderungen zu tun“, erklärt Miriam Unterlass. „Einerseits will man extrem starre Materialien, die auch bei großer Hitze nicht gleich schmelzen und sich nicht auflösen, doch andererseits ist es dann genau dadurch nicht möglich, die Stoffe zu lösen, um sie dann in einer passenden Form kristallisieren zu lassen, wie man das etwa mit Salzen macht.“ Beim Verfahren, an dem die TU Wien arbeitet, läuft die Reaktion daher anders ab: Aus den Startmaterialien werden unter hohem Druck die gewünschten Moleküle synthetisiert, und im selben Schritt kristallisieren sie gleichzeitig zu einem Polymer.
Das neue Verfahren hat viele Vorteile: Man kann nicht nur auf gefährliche Nebenprodukte verzichten, man kommt auch mit deutlich weniger Energie aus, außerdem ist die Synthese im Druckreaktor schneller als bei bisherigen Verfahren. Auch das Endprodukt ist besser: „Wir können mit unserer Methode Materialien mit höherer Kristallinität herstellen, dadurch erreichen wir eine noch bessere mechanische Festigkeit“, sagt Miriam Unterlass.
Weitere Informationen: www.unterlasslab.com
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