Forscher machen den Motor selbst zum Sensor – allein mit den Daten, die während des normalen Betriebs anfallen. Die intelligenten Motoren wissen selbst, ob sie noch rundlaufen, lassen sich effizient ansteuern und mit anderen Antrieben abstimmen.
Sensoren sind heute allgegenwärtig. Im Auto etwa stecken Dutzende der winzigen künstlichen Sinnesorgane, die warnen, wenn ihnen etwas zu nah kommt, Kühlwasser zu heiß oder der Tank zu leer ist. Aber die empfindlichen Minifühler können auch defekt sein und ihren Dienst versagen – dann kann der Wagen schon mal am Straßenrand stehen bleiben. Was für das Auto gilt, trifft auch für Maschinen und Anlagen aller Art zu – dort kann ein schadhafter Sensor zu Produktionsausfällen und Verlustgeschäft führen.
An einer neuen Art Sensor, die ganz ohne Sensoren auskommt, forscht der Antriebstechniker Prof. Matthias Nienhaus von der Universität des Saarlandes. „Wir entwickeln eine wichtige neue Sensorkategorie: den Motor selbst“, sagt er. Der Vorteil: Die Ingenieure greifen Messdaten ab, die im normalen Betrieb sowieso anfallen. „Das macht das Verfahren sehr kostengünstig, weil keine weiteren Sensoren eingebaut werden müssen. Wir erforschen, wie wir aus dem Motor elegant Daten herausziehen, die wir für die Ansteuerung und Prozessüberwachung nutzen. Hierzu entwickeln wir mit Partnern auch das Design von Kleinantrieben weiter und bauen Motoren so, dass sie uns möglichst viel Informationen liefern“, erklärt Nienhaus.
Wie ein Arzt aus Blutwerten Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand eines Patienten zieht, lesen Nienhaus und sein Team aus den Motordaten, wie es um den Motor steht. „Wir ermitteln hierzu, welcher Motorzustand mit welchen Messwerten zusammenhängt, welcher Messwert sich wie verändert, wenn nicht mehr alles rund läuft“, erläutert er. Gerade auch die Signale des normalen Betriebs sind für die Forscher aufschlussreich: Je mehr Daten sie über den Motor kennen, umso effizienter können sie ihn ansteuern. Die Forscher identifizieren aus der Datenmasse die Signalmuster, die hierfür aussagekräftig sind, oder bei bestimmten Veränderungen auftreten, etwa bei Fehlern oder Verschleiß. Für die verschiedenen Zustände des Motors wie auch Fehler- und Verschleißgrade entwickeln sie mathematische Modelle.
Mit diesen Ergebnissen füttern sie einen Microcontroller, das Gehirn des Systems, in dem die Daten ausgewertet werden: Verändern sich die Signale, kann der Controller sie einer bestimmten Fehlfunktion zuordnen und dann auch entsprechend reagieren. Über ein Netzbetriebssystem können die so sensibilisierten Motoren auch zusammen im Verbund agieren, was neue Möglichkeiten für Wartung, Qualitätssicherung und Produktion eröffnet: Denkbar wäre etwa, dass ein anderer Motor automatisch übernimmt, wenn einer ausfällt.
Ziel ist ein Baukasten aus Hard- und Software-Modulen. Dieser soll es erleichtern, Sensorsysteme für die Überwachung und Steuerung von Antrieben und Positionierungssystemen zu entwickeln, und so schnelle und präzise Fertigungsprozesse ermöglichen, deren Ablauf in Echtzeit überwacht und angepasst werden kann.
Auf der Hannover Messe zeigen die Forscher ihre Arbeiten vom 25. bis 29. April am saarländischen Forschungsstand in Halle 2, an Stand B 46.
Weitere Informationen: www.lat.uni-saarland.de/index.php/de/
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