Mit Smartwatches die eigene Fitness zu tracken, gehört für viele Menschen zum Alltag. Puls, Schrittanzahl, Schlafqualität oder sogar den Herzrhythmus: Solche Angaben können nun durch weitaus komplexere Gesundheitsdaten ergänzt werden und bei der medizinischen Diagnose helfen. Dafür eignet sich ein dehnbares und kabelloses Pflaster, das Forschende am Fraunhofer IZM zusammen mit 31 Partnern aus Industrie und Forschung entwickelt haben. Es soll eine diagnostisch relevante Herzüberwachung in den Alltag bringen. Die Zahl stationärer Untersuchungen für Risikopatienten ließe sich au diesem Weg reduzieren.
Wearable für die Herzüberwachung: Pflasterdünner Demonstrator
Der entsprechende Demonstrator ist so dünn wie ein gewöhnliches Pflaster. Enstanden ist er in einem von der Europäischen Union geförderten ESCEL-Projekt mit dem Titel „Advanced packaging for photonics, optics and electronics for low cost manufacturing in Europe”, kurz Applause.
Im Inneren des pflasterdünnen Demonstrators verstecken sich Sensoren und winzige Elektronik für ein Langzeit-Monitoring des Herzens. Einmal aufgeklebt, ermöglicht das Plug&Play-Patch die kardiologische Überwachung von Patienten.
Erfassen lassen sich so Vitaldaten wie die Sauerstoffsättigung im Blut, die Brustbewegung sowie die Bioimpendanz. Die entsprechenden Werte überträgt das System direkt an eine App, so dass klinisches Personal diese kontrollieren kann.
Im Fokus der Forschenden am Fraunhofer IZM stand die System- und Schaltungsentwicklung sowie die Aufbau- und Verbindungstechnik. Auch die Integration eines dichtgepackten Schaltungsträgers in das Pflaster war geplant.
TPU als Basis für das flexible Wearable für dei Herz-Diagnostik
Als Trägerfolie für das Pflaster wurde thermoplastisches Polyurethan (TPU) verwendet. Aufgrund seiner Flexibilität und Dehnbarkeit ermöglicht es einen hohen Tragekomfort am Körper. Das Material lässt sich zudem kostengünstig mittels gängiger Leiterplattentechnologien, wie beispielsweise der Montage von Komponenten mit Pick-and-Place Maschinen verarbeiten.
Dieser Vorteil wurde durch die Integration der elektrischen Funktionalitäten in ein duales System-in-Package-Design (SiP) genutzt, das direkt auf der flexiblen Leiterplatte montiert wurde.
Würth Elektronik Circuit Board Technology hat das Design der Leiterplatten begleitet und die Substrate gefertigt. Dazu wurden neuartige ultra- und starrflexible Aufbauvarianten mit dem Projektpartner Osypka konzipiert und die Leiterplatten auf Basis der hautfreundlichen Substrate hergestellt.
Miniaturisierung und Integration führten zum Erfolg
Im Projekt konnten die Forscher außerdem zeigen, dass eine robuste Verkapselung dünner Schaltungsträger, die mit Bauteilen unterschiedlicher Höhen bestückt sind, auf TPU möglich ist. Der hohe Grad der Miniaturisierung und dichten Integration führte letztendlich zu einem sehr unauffälligen Formfaktor. Die dehnbare Leiterplatte ist ein ausgesprochen nachgiebiges und biokompatibles Substrat.
Da sich die Elektroden direkt auf der flexiblen Leiterplatte drucken ließen und die gesamte Elektronik in ein textiles Substrat passte, kamen die Beteiligten mit der Entwicklung der medizinischen Patches gut voran. Auch Christine Kallmayer, Projektverantwortliche am Fraunhofer IZM, zeigt sich mit den Ergebnissen zufrieden: „Vor einigen Jahren war so ein elektronisches Pflaster zur Herzüberwachung noch unvorstellbar.“ Erst die Weiterentwicklung von Integrationstechnologien habe es ermöglicht, Medizintechnik so zu miniaturisieren, dass sie als biokompatibles und dehnbares Pflaster nutzbar ist und statt als starres Gerät.
Der Applause-Demonstrator sowie weitere Forschungshighlights der Gruppe „System on Flex“ von Christine Kallmayer werden dieses Jahr auf der Fachmesse Compamed vom 13. bis 16. November 2023 in Düsseldorf zu sehen sein.
https://www.elektronikforschung.de/projekte/applause