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Forschung in Israel: Markt für Start-ups und Großunternehmen

Forschung in Israel
Israel – interessanter Standort für Medizintechnik-Forschung

Das Land ist bekannt für seine quirlige und erfolgreiche Start-up Szene – und fördert sie mit vielfältigen Programmen. Israel will mit diversen Angeboten aber auch langfristig attraktiv für Forschung und Entwicklungsarbeit von Großunternehmen sein.

Anke Biester
Wissenschaftsjournalistin aus Aichstetten

Wenn es um die Größe des Landes geht, ist Israel eher ein Zwerg und mit 22 072 km² nur etwa halb so groß wie die Schweiz – bei nahezu gleicher Einwohnerzahl. Geht es jedoch um die Innovationsgröße, kann sich Israel durchaus zum oberen Bereich der Weltspitze zählen: Es steht 2018 an elfter Stelle der innovativsten Länder der Welt (Global Innovation Index) – und rückt damit gegenüber den Vorjahren deutlich auf. Kein Wunder, sind seine Ausgaben für Forschung und Entwicklung anteilig zum Bruttoinlandsprodukt weltweit am höchsten: 2016 betrugen diese Ausgaben 4,25 %. Das sind weitaus mehr als die 2,34 % des OECD-Durchschnitts.

Industrie und Universitäten liegen in Israel nicht nur geographisch dicht beieinander – im Dreieck Tel Aviv, Haifa und Jerusalem sind die vier wichtigsten Universitäten des Landes ebenso angesiedelt wie die Mehrheit der Life-Science-Unternehmen. Eine Kooperation zwischen diesen Akteuren wird gewollt und gefördert. Dabei erbringen die Universitäten, die eng mit der Industrie zusammenarbeiten, 80 % der Forschungsergebnisse – und verfügen zum Großteil selbst über Technologietransferzentren, um ihre Forschungsergebnisse zu vermarkten: Laut „Israeli Life Sciences Report“ meldeten im Jahr 2015 die Technologietransfer-Unternehmen von acht Forschungsuniversitäten und elf -instituten sowie -kliniken 509 Patente an und waren an der Gründung von 53 Start-ups beteiligt. Den Report gibt die Israel Advanced Technology Industries (IATI) heraus, Israels größte Dachorganisation der Spitzentechnologie- und Biowissenschaftsindustrie.

Multinationale Konzerne forschen in Israel

Kein Wunder also, dass die Dichte der Hightech-Start-ups in Israel besonders hoch ist. Ein kreatives Umfeld, das auch für die Forschung von multinationalen Konzernen interessant ist: Deren Anzahl an F&E-Zentren in Israel gehört zu den höchsten weltweit. Google ist ebenso in Israel wie Novartis und Medtronic. Biotechnologie und Medizintechnik gehören zu den Schwerpunkten der industriellen Forschung. Damit hat es Israel in seiner 70jährigen Geschichte geschafft, aus seinem Mangel einen Vorteil zu machen: Bei der Staatsgründung 1948 gab es kaum fruchtbare Böden für die Landwirtschaft, knappes Trinkwasser und eine Bedrohung durch die umliegenden Staaten. Heute ist Israel die Top-Adresse für innovative Agrartechnik, führend in der Technologie der Meerwasserentsalzung und ein gefragter Lieferant von Militärtechnik. Aus letzterer entstehen im Übrigen immer wieder spannende Entwicklungen für die Medizintechnik, so zum Beispiel die so genannte Pill Cam.

Das System ist eine smarte und für die Patienten wenig belastende Lösung zur Visualisierung des Verdauungssystems mittels Kapselendoskopie. Erfunden hat es Dr. Gavriel Iddan, damals noch ein Angestellter der Israel Military Industries in Rafael, der sich mit optischen Systemen befasste und nach einem Gespräch mit einem Fachmann für Endoskopie auf die Idee für die Pill Cam kam. Er gründete mit Dr. Gavriel Meron das Unternehmen Given Imaging und brachte die Kapsel auf den Markt. Heute gehören das Unternehmen und die Technik der Medtronic plc mit Hauptsitz im irischen Dublin.

Beispiele für innovative Ideen aus Israel

Inzwischen gibt es mit Check-Cap bereits ein weiteres israelisches Start-up am Markt. Mit seiner Kapsel C-Scan können kolorektale Tumore untersucht werden. Die Vectorious Medical Technologies Ltd. In Tel Aviv ist noch ein Beispiel für die Innovationskraft des Landes und den Weg, den viele Start-ups dort gehen: Das Start-up entwickelte mit V-LAP den ersten Mikrocomputer für die Überwachung des Blutdrucks im linken Herzvorhof. Die Messdaten werden drahtlos übertragen, so dass Ärzte Herzinsuffizienz-Patienten effektiver behandeln und ein Fortschreiten der Krankheit aufhalten oder verlangsamen können. Im Juli 2018 investierte Fresenius Medical Care Ventures, der Venture-Capital-Fonds der Fresenius Medical Care AG & Co. KGaA im deutschen Hof a.d. Saale, 2 Mio. US-Dollar in das 2011 gegründete Start-up.

Israel verfügt über großes Potenzial für Innovationen in der Medizintechnik. Das belege die bahnbrechende Technologie, die Vectorious für die Behandlung von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz entwickelt hat, heißt es. „Diese Technologie hat uns überzeugt, und deshalb investieren wir schon in dieser frühen Phase – und erstmals außerhalb der USA – in dieses Unternehmen“, sagt Florian Jehle, Geschäftsführer von Fresenius Medical Care Ventures und Senior Vice President Global R&D bei Fresenius Medical Care.

Eine interessante Region also für ausländische Investoren und Unternehmen. Doch Israel ist inzwischen bestrebt, dass diese Unternehmen, insbesondere multinationale Konzerne, im Land bleiben, und lockt mit diversen Förderprogrammen sowie expliziten Steuervergünstigungen für den Bereich Forschung und Entwicklung. Nach einem 2017 veröffentlichten Bericht der Wirtschaftsforschungsfirma Dun & Bradstreet Israel sind im Land fast 40 F&E-Zentren ausländischer Unternehmen auf dem Gebiet der Medizintechnik tätig.

Start-ups erhalten Zugang zu diagnostischen Daten

Mit einem neuen Förderprogramm macht sich das Land stark für Digital Health. Die Voraussetzungen sind gut: Israels Forschung im Bereich digitale Technik ist top, und nahezu sämtliche Israelis sind bei einer der vier großen Krankenkassen des Landes versichert. Gefördert vom „Digital Health Program“ erhalten Start-ups Zugang zu diesen diagnostischen und therapeutischen Daten, die seit den 1990ern gesammelt werden. „Wir werden durch gemeinsame Arbeit sehen, wie sich der Bereich Life Sciences in einen wichtigen Zweig der israelischen Wirtschaft entwickelt: mit mehr multinationalen Konzernen, Forschungs- und Entwicklungszentren und mit mehr Export von Medizintechnik”, gibt Karin Mayer Rubinstein, CEO and President, Israel Advanced Technology Industries (IATI) gegenüber der Jerusalem Post die klare Linie vor.

Israel Innovation Authority:
www.matimop.org.il
Israel Advanced Technology Industries (IATI):
www.iati.co.il


Ein Tropfen reicht

Das Unternehmen Pixcell Medical Technologies aus Yokneam Illit gewann 2018 den „Biomed Start-up of the Year“ der Israel Innovation Authority. Sein Hemoscreen ist ein kostengünstiges, tragbares Hämatologie-Analysegerät: Es erstellt direkt vor Ort ein komplettes Blutbild – und benötigt dazu nur eine winzige Blutmenge, entnommen vom Finger. Innerhalb von fünf Minuten analysiert das Gerät zwanzig Standard-Blutbildparameter. Avishay Bransky, CEO und Mitbegründer von Pixcell, erklärt: „Die Hämatologie birgt im Gegensatz zu den meisten In-vitro-Diagnostik-Tests einige Herausforderungen, da die Blutzellen sehr heterogen sind und man zwanzig Parameter exakt bestimmen muss.“ Dass sie diese Herausforderungen meisterten, verdanke er besonders dem innovativen und talentierten Team aus Ingenieuren und Wissenschaftlern, die solidarisch für das gemeinsame Ziel arbeiteten – eine Eigenschaft von israelischen Start-ups. „Das Umfeld der Universitäten und später der aufstrebenden Unternehmen in Israel ermutigt, über den Tellerrand zu schauen und offen zu denken. Das ist definitiv einer der Gründe, warum so viele Innovationen ausgerechnet in Israel aufkeimen“, sagt Bransky. „Darüber hinaus unterstützt das Wissenschaftsministerium großzügig Unternehmen, von ihrer Gründung bis zu den klinischen Studien.“

www.pixcell-medical.com


Messen und Datenbanken

MIXiii-Biomed in Tel Aviv ist eine jährliche dreitägige Life-Science- und Biomed-Konferenz. Hier kommen rund 6000 Experten für Gesundheitspflege, Investoren, Ingenieure und Wissenschaftler aus über 45 Ländern zusammen, um sich über neue israelische Entwicklungen in Biotechnologie, Digitaler Gesundheit und medizinischen Geräten zu informieren.

2018 wurden in diesem Rahmen 45 Start-ups vorgestellt. Verliehen wird hier auch der „Biomed Startup of the Year“ der Israel Innovation Authority. Die nächste Konferenz ist für den Mai 2019 geplant.

www.iati.co.il/conference/44/mixiii-biomed-2019
MedinIsrael ist Israels führende zweijährige Medizintechnik Konferenz und Ausstellung. Sie wird vom israelischen Außenhandelsinstitut in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Wirtschaft und Industrie, dem Gesundheits- und dem Außenministerium initiiert und organisiert.

www.medinisraelconf.com

Biojerusalem Database ist eine Initiative der Jerusalem Development Authority. Sie wurde ins Leben gerufen, um die wirtschaftliche Entwicklung Jerusalems zu stärken, indem sie den Unternehmen hilft, sich die reichhaltigen Life Science Ressourcen der Stadt zu Nutze zu machen.

www.biojerusalem.org.il


Technologie Transferzentren

Die Rolle der „Technology Transfer Offices“ besteht darin, das in öffentlichen Institutionen, wie Krankenhäusern, Hochschulen und Universitäten angesammelte Know-how ausfindig zu machen, es weiterzuentwickeln und am Ende zu vermarkten. Die Technology Transfer Offices sollen dazu Patente in kommerzielle Produkte verwandeln und die Gründung von Start-ups fördern.

Einige Beispiele sind:

Hadasit Bio-Holdings für das Hadassah University Medical Center

www.hbl.co.il

Yeda Research für das Weizmann Institute of Science in Rechovot

www.yedarnd.com

Yissum Technology Transfer für die Hebrew University of Jerusalem

www.yissum.co.il

Technion Technology Transfer für das Israel Institute of Technology in Haifa (Technion)

http://t3.trdf.co.il

Hadasit für das Hadassah Medical Center in Jerusalem (HMO)

www.hadasit.org.il

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