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Beschichtung schützt vor Infektion

Endoprothesen Forschung
Beschichtung schützt vor Infektion

Implantate | Thüringer Forscher haben in einem Verbundprojekt eine innovative, antibakteriell wirkende Beschichtung für orthopädische Titanimplantate entwickelt. Sie soll helfen, implantatassoziierte Infektionen zu vermeiden.

Mit einer speziellen antibiotikahaltigen Beschichtung ist es Thüringer Forschern gelungen, Titanimplantate vor der Besiedlung mit infektionsauslösenden Bakterien zu schützen. In einer vorklinischen Studie hat das Team aus Unfallchirurgen, Materialwissenschaftlern und Implantatherstellern nachgewiesen, dass die neuartige Oberfläche im Vergleich zu herkömmlichen Implantaten einen wirksamen Schutz vor den gefürchteten implantatassoziierten Infektionen bietet. Die Ergebnisse sind kürzlich vorab online im renommierten Fachjournal „Biomaterials“ veröffentlicht worden.

Das Thema ist relevant, da zum Beispiel in Deutschland mittlerweile pro Jahr rund 200 000 Hüftprothesen und 100 000 Knieprothesen implantiert werden. Diese künstlichen Gelenke funktionieren in fast allen Fällen hervorragend und lassen die Patienten einen Großteil ihrer gewohnten Mobilität wiedergewinnen. Komplikationen bei der operativen Implantation der Kunstgelenke sind selten.
„Bei der Implantation einer Hüft- oder Knie-Totalendoprothese liegt die Gefahr einer postoperativen Infektion bei nur ein bis zwei Prozent“, berichtet PD Dr. Michael Diefenbeck, ehemaliger Mitarbeiter der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des Universitätsklinikums Jena, der als Dozent der Universität weiterhin verbunden ist. Für die wenigen betroffenen Patienten allerdings sei eine solche Infektion eine Katastrophe. „Zur Behandlung dieser implantatassoziierten Infektionen sind häufig mehrere Operationen und oft der Wechsel des Kunstgelenks nötig. Daher sind neue Strategien erforderlich, mit denen sich implantatassoziierte Infektionen vermeiden lassen“, sagt der Mediziner, der mittlerweile am Universitätsklinikum in Oxford tätig ist. 
Eine der möglichen neuen Strategien ist es, die Oberfläche der Implantate mit antibakteriellen Substanzen auszustatten. Eine solche innovative Beschichtungstechnik wurde im interdisziplinären Verbund von Wissenschaftlern des Innovent e.V. in Jena, des Lehrstuhls für Materialwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena und des Thüringer Implantatherstellers Königsee Implantate GmbH entwickelt und getestet. Die spezielle Beschichtung enthält eine hohe Konzentration des Antibiotikums Gentamicin.
Antibiotikum ließ sich stabil an die Oberfläche binden
Zwar sind bereits mehrere antibakterielle Beschichtungen bekannt, die vor Infektionen schützen sollen, und auch die Verwendung von Gentamicin wurde schon beschrieben. „Die Herausforderung bei diesem Projekt war es aber, eine relativ große Menge an Gentamicin stabil an die Oberfläche der Implantate zu binden“, betont Dr. Christian Schrader. Der Wissenschaftler vom Innovent e. V. testete hierzu verschiedene Trägerstoffe.
„Wir haben auf den Implantaten eine Gentamicin-Tannin-Schicht realisieren können, die stark antibakteriell wirkt, dann aber innerhalb von etwa fünf Tagen vollständig abgebaut wird. Das ist wichtig, damit Antibiotikaresistenzen verhindert werden“, so der Chemiker. „Durch die Auflösung dieser antibakteriellen Schutzschicht werden auch die darunterliegenden Poren in der Titanoberfläche wieder freigegeben, was das Einwachsen von Knochen und so die Verankerung des Implantats verbessert“, ergänzt Jürgen Schmidt, der das Projekt bei Innovent leitet.
Grundlage für eine neue Generation von Implantaten
In einer vorklinischen Studie haben die Wissenschaftler bereits gezeigt, dass die Implantate mit der neuen Oberfläche in über 90 % der Fälle einen Schutz vor der Anhaftung von Bakterien bieten. Dies wurde in mikrobiologischen und histologischen Untersuchungen nachgewiesen. „Diese neuen vorklinischen Erkenntnisse sind nicht nur wissenschaftlich interessant, sondern könnten auch die Grundlage für eine neue Generation von sicheren Implantaten legen“, sagt Prof. Dr. Klaus D. Jandt. Der Experte für Biomaterialien hat den Lehrstuhl für Materialwissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität Jena inne und arbeitet seit Jahren an der Entwicklung und Strukturierung von Materialien, die zu verschiedenen Zwecken in biologische Systeme integriert werden.
Das Verbundprojekt wurde vom Freistaat Thüringen mit EU-Mitteln gefördert. Für die Königsee Implantate GmbH bot es die Möglichkeit zur interdisziplinären wissenschaftlichen Zusammenarbeit. Laut Geschäftsführer Frank Orschler ist dies beim Entwickeln neuer Verfahren für die Implantatherstellung und ihre Umsetzung in die industrielle Praxis ein wesentlicher Schwerpunkt, der auch in der langfristigen Forschungs- und Entwicklungsstrategie des Unternehmens verankert sei.
Mit ihren bisherigen Erfahrungen wollen die Wissenschaftler die neuen Implantate nun auch klinisch einsetzen. „Gerade bei Patienten, bei denen ein erhöhtes Risiko für postoperative Infektionen besteht – zum Beispiel durch Diabetes mellitus, Abwehrschwäche, immunsuppressive Medikamente oder bei Wechseloperationen – könnten diese Implantate zum Einsatz kommen“, erläutert Unfallchirurg Diefenbeck.
Aufgrund der anspruchsvollen Zulassungsverfahren für neue Implantate wird es allerdings noch mehrere Jahre dauern, bis die neuen Beschichtungen den Patienten zugutekommen können. (op) ■
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