Produkte für die Knie- und Hüftendoprothetik: Das ist der Schwerpunkt, auf den sich das neue hochtechnologisierte Werk des Medizinprodukte-Hersteller Smith + Nephew im malaysischen Penang spezialisiert hat. Ein Thema, mit dem sich die Ingenieure bei der Fertigung der Implantate befassen müssen, sind deren Oberflächeneigenschaften. „Für die verschiedenen Implantate gibt es genaue Spezifikationen zur Oberflächengüte“, erklärt Jürgen Preiser, Senior Manufacturing Engineer bei Smith + Nephew. Er begleitet den Aufbau der Oberflächenbearbeitungszellen für Knieimplantate im neuen Werk.
So ist an den Innenflächen von Femurteilen aus Kobalt-Chrom-Legierungen eine definierte Rauheit zu erzielen, die für eine optimale Integration in den Knochen sorgen soll. Im Außenbereich der Femurteile hingegen sind homogene, sehr glatte und hochglanzpolierte Oberflächen erforderlich, um bei Bewegungen Abrieb zu vermeiden. Um diese Anforderungen zu erfüllen, müssen die äußeren Flächen der Femurteile sehr hochwertig und reproduzierbar bearbeitet werden.
Für diese Aufgabe setzt Smith + Nephew die Schleppfinishanlagen R 6/1000 SF der Rösler Oberflächentechnik GmbH aus Untermerzbach ein. Die Gleitschliffanlagen wurden für die präzise, selektive Einzelbearbeitung komplex geformter, hochwertiger und beschädigungsempfindlicher Werkstücke entwickelt.
Mehrere Femurteile polieren, die sich nie berühren dürfen
Die Femurteile dürfen sich während des Schleif- beziehungsweise Polierprozesses gegenseitig nicht berühren. Für reproduzierbare Ergebnisse sorgen exakt wiederholbare, über SPS gesteuerte und an das Anforderungsprofil adaptierbare Prozessparameter.
Erfahrungen und Know-how für diese Anwendung liegen bei Smith + Nephew vor, da das Unternehmen identische Maschinen und Prozesse im US-amerikanischen Werk in Memphis einsetzt. Dass Rösler in Singapur vertreten ist und sowohl die Anlagen als auch die Verfahrensmittel herstellt und alles aufeinander abgestimmt ist, sprach laut Preiser für die Auswahl dieses Anlagenherstellers.
Das Werk auf der malaysischen Halbinsel ist bisher mit zwei Fertigungszellen ausgestattet. Für die Prozessschritte
- Vorschleifen mit Keramikschleifkörpern,
- Feinschleifen mit Kunststoffschleifkörpern und
- Trockenpolieren mit einem pflanzlichen Medium
sind in jede Zelle drei Schleppfinisher integriert. Um bei Wartungsarbeiten die Prozesskette nicht unterbrechen zu müssen, kann der Trockenpolierprozess in allen Anlagen erfolgen. Trockenprozess und Nassbearbeitung können vier der sechs Schleppfinishanlagen übernehmen.
Präzisions-Tiefziehteile für die Medizintechnik mit perfektem Schliff
Die Arbeitsbehälter der Maschinen haben einen Durchmesser von 1000 mm sowie ein Trägerkarussell für sechs Arbeitsspindeln. Diese sind mit teilespezifischen Werkstückaufnahmen ausgestattet. Darin lassen sich die Femurteile so positionieren, dass nur definierte Bereiche der Oberfläche bearbeitet werden.
Da die Ingenieure die Aufnahmen optimiert haben, lassen sich nicht nur zwei, sondern drei Femurteile einspannen, die allseitig bearbeitet werden – insgesamt durchlaufen also 18 Femurteile gleichzeitig diesen Prozessschritt. „Das entspricht einer Durchsatzerhöhung von knapp 50 Prozent und ist eine beachtliche Steigerung“, sagt Jürgen Preiser.
Immer gleiche Eintauchtiefe ist sichergestellt
Für den Schleif- beziehungsweise Polierprozess rotieren das Trägerkarussell sowie die Spindeln, an denen die Werkstücke aufgespannt sind. Die Schleifkörpermasse selbst, durch die sich die Teile bewegen, ruht. Eine standardmäßige Eintauch-Tiefenregulierung gewährleistet dabei, dass die teilespezifisch festgelegte Eintauchtiefe genau eingehalten wird.
Die Bearbeitungsintensität lässt sich durch die separaten und unabhängig voneinander einstellbaren Karussell- und Spindelantriebe an verschiedene Femurteile anpassen. Da jeweils ein weiteres Teil eingespannt ist, werden die drehbaren Spindeln stärker belastet. Darauf hat der Hersteller die gesamte Anlagentechnik inklusive der Antriebe vorbereitet.
Das Füllvolumen und die Zusammensetzung der Schleifkörper im Arbeitsbehälter sind wichtige Prozessparameter für die Reproduzierbarkeit. Die Füllmenge im Arbeitsbehälter wird visuell und mit Sensoren überwacht. Im Schleifkörperaufbereitungssystem werden die Keramik- und Kunststoffschleifkörper einmal wöchentlich gereinigt und alle Partikel unter einer definierten Größe aussortiert.
Prozesswasser getrennt nach Schleifkörpertyp aufbereiten
Für die Reinigung der Prozessflüssigkeiten aus den Nassbearbeitungsschritten setzt Smith+Nephew zwei vollautomatische Zentrifugen Z1000 ein. „Dies ermöglicht uns, das Prozesswasser getrennt nach Keramik- und Kunststoffschleifkörpern aufzubereiten“, berichtet Jürgen Preiser. Damit ließen sich Probleme durch Schaumbildung vermeiden.
Das digitale Prozesswassermanagement von Rösler Smart Solutions ermöglicht ein Monitoring von bis zu 14 auswählbaren Prozessparametern, wie Compound-Konzentration, pH-Wert oder mikrobiologische Belastung.
Die Soll- und Toleranzbereiche der Parameter werden in der Software hinterlegt und die jeweils gemessenen Ergebnisse erfasst. Abweichungen zeigt das System an und gibt dem Personal automatisch leicht verständliche Handlungsempfehlungen, wie sich das Prozesswasser wieder in den festgelegten Bereich bringen lässt. „So haben wir die Prozesswasseraufbereitung nicht nur besser im Griff, sie vereinfacht auch die Einarbeitung von Mitarbeitenden, die mit diesem Thema bisher keine Erfahrungen haben“, erklärt Jürgen Preiser. Die lückenlose Erfassung der Daten ist weiterhin hilfreich als Nachweis der Prozessqualität und -stabilität bei Qualitätsaudits und zu Dokumentationszwecken.
Parallel zur Validierungsphase und dem Start der Serienproduktion in den beiden Fertigungszellen plant Smith + Nephew mit Rösler zwei weitere Fertigungszellen für identische Produkte und Prozesse.
Kontakt zum Oberflächenspezialisten:
Rösler Oberflächentechnik GmbH
Vorstadt 1
96109 Untermerzbach
www.rosler.com
Über den Hersteller der Implantate
Das Medizintechnik-Unternehmen Smith + Nephew beschäftigt rund 18 000 Mitarbeiter in über 100 Ländern. Das Produktportfolio umfasst drei globale Geschäftsbereiche:
- Orthopädie,
- modernes Wundmanagement,
- Sportmedizin und HNO.
Durch die Entwicklung und Anwendung innovativer Technologien will der Hersteller seine Produkte immer weiter verbessern.