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Roboter hilft, Blutplasma hygienisch zu verarbeiten

Handling in der Pharmaindustrie
Roboter hilft, gefrorenes Blutplasma hygienisch zu verarbeiten

Roboter hilft, gefrorenes Blutplasma hygienisch zu verarbeiten
In den Aufschneideanlagen für Blutplasmabehälter sind zwei Stericlean-Roboter im Einsatz. Sie erfüllen die hohen Anforderungen gemäß GMP-Klasse A (Bild: Stäubli)
Tiefgefrorenes Blutplasma wird als Rohstoff für Medikamente benötigt. Die Kunststoffbehälter, in denen das Plasma aufbewahrt wird, öffnen spezielle Anlagen. Das präzise und hygienegerechte Handling übernehmen Sechsachsroboter, die für den Einsatz in einem sterilen Umfeld geeignet sind.

Ralf Högel
Fachjournalist in Stadtbergen

Menschliches Blut – genauer gesagt Blutplasma, also der flüssige, zellfreie Anteil des Blutes – ist ein wichtiger „Rohstoff“ für Medikamente. Aus Plasma werden zum Beispiel Medikamente gegen Immunschwäche entwickelt sowie solche, die den Wundverschluss bei inneren Verletzungen bewirken. Für Hämophilie-Patienten, umgangssprachlich auch als „Bluter“ bezeichnet, separiert man die blutgerinnungsfördernden Substanzen. Zudem sind Eiweiße im Blutplasma die Grundlage für wertvolle Impfstoffe.

Blutplasma wird in Kunststoffflaschen tiefgefroren, gelagert und transportiert. Um die Produktion der Medikamente auf Blutplasmabasis zu starten, ist daher das Antauen der Kunststoffflaschen in einem Wasserbad der erste Schritt. Darauf folgen eine Außenreinigung sowie das Aufschneiden der Flaschen. Für diese Aufgaben haben die Konstrukteure der Hof Sonderanlagenbau GmbH im hessischen Lohra eine voll automatisierte Anlage entwickelt. Darin verwenden sie zwei Stäubli Stericlean Sechsachs-Roboter vom Typ RX160 – und haben diese Art von Anlage bereits mehrfach realisiert.

Zwei Roboter greifen oben und unten an den Plasmabehältern

Der Prozess beginnt damit, dass ein Roboter vier Flaschen parallel jeweils an der oberen Hälfte greift und in das Schneidwerkzeug einlegt. Auf der anderen Seite des Schneidwerkzeugs greift ein zweiter RX160-Sechsachser die untere Hälfte der Plasmaflaschen.

Dann fällt das Messer. Beide Roboter entleeren die Flaschenhälften in eine Ablaufrinne, die das Humanplasma – das zu diesem Zeitpunkt noch als Eiskern vorliegt – in eine Auffangwanne leitet. Sensoren prüfen die durchtrennten Flaschenhälften auf vollständige Entleerung. Danach werden die leeren Flaschenhälften auf einer Auslaufschiene abgestellt, die in ein Entsorgungsfallrohr führt.

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Die Roboter greifen die vier Kunststofflaschen mit gefriergetrocknetem und angetautem Blutplasma – der eine nimmt den oberen Teil, der andere den unteren Teil. Sobald die Flaschen geschnitten sind, wird der Inhalt in einen Auffangbehälter weitergeleitet
(Bild: Stäubli)

Hoher Durchsatz erwünscht – auch aus Gründen der Hygiene

Dieser Ablauf wiederholt sich mit hohem Durchsatz. Jens Gemmecker, Sales Management Belade- und Entladesysteme bei Hof Sonderanlagenbau, berichtet: „Die Anlage kann bis zu 1200 Flaschen pro Stunde verarbeiten bei einer Taktzeit von zwölf Sekunden.“ Die Leistung sei so hoch bemessen, damit die gewünschte Produktionscharge in kurzer Zeit bereitsteht und verarbeitet werden kann. „Das ist aus Gründen der Hygiene und Prozesssicherheit wünschenswert.“

Die Auswahl der Roboter fiel den Konstrukteuren von Hof leicht. Dazu Jens Gemmecker: „In vielen unserer Anlagen kommen Roboter zum Einsatz. Wir haben deshalb Standards für die Robotik-Anwendungen definiert und uns auch mit Blick auf die Anforderungen der Pharmaindustrie für die Stericlean-Modelle von Stäubli entschieden.“ So müssen die Fachleute für eine Applikation nur Baureihe, Baugröße und Optionen festlegen.

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Jens Gemmecker, der beim Sonderanlagenbauer die Be- und Entladesysteme betreut, lobt die kurze Taktzeit der neuen Anlage: Bei einer Taktzeit von 12 Sekunden kann sie pro Stunde bis zu 1200 Flaschen mit angetautem Blutplasma verarbeiten
(Bild: Stäubli)

Stericlean-Roboter vertragen auch Sterilisation und Dekontamination

Da die Stäubli-Stericlean-Roboter speziell für den Betrieb in aseptischen Produktionsbereichen der GMP-Klasse A entwickelt wurden, eignen sie sich auch für anspruchsvolle Pharmaapplikation, wie Hof Sonderanlagenbau sie umsetzt. Die Stericlean-Sechsachsroboter sind voll gekapselt und mit Spezialdichtungen versehen. Die Verkabelung liegt innen. Es gibt keine Toträume, sondern glatte Oberflächen, die das Entstehen von Verunreinigungen verhindern. Selbst regelmäßige Sterilisations- und Dekontaminationsprozesse zum Beispiel mit Wasserstoffperoxid können diesen „Pharma-Robotern“ mit ihren Eigenschaften nichts anhaben.

Während in der beschriebenen Generation der Aufschneideanlagen für Blutplasma Sechsachsroboter vom Typ RX160 Stericlean eingesetzt werden, sollen in der kommenden Anlagengenerationen Roboter vom Typ TX2 den Job übernehmen. Sie decken mit einer Reichweite von 1710 mm einen ausreichenden Arbeitsbereich ab, und auch die Tragkraft von 30 kg sowie die Geschwindigkeit passen. Laut Jens Gemmecker ist „die hohe Arbeitsgeschwindigkeit der Roboter hier das entscheidende Kriterium“. Von ihr hänge die Leistung der Anlage ab.

Bei der Konstruktion der Aufschneideanlage spielten auch Arbeitssicherheit – und Flexibilität eine Rolle. Die Anlagen werden weltweit genutzt, und es gibt länderspezifisch verschiedene Flaschen mit jeweils unterschiedlichen Durchmessern und Längen. Für alle Größen hat Hof entsprechende Vierfachgreifer entwickelt und kann die formatspezifischen Bewegungsabläufe der Roboter über die Stäubli-Steuerung einfach und schnell anpassen.

www.staubli.com


Über den Anwender

Die Hof Sonderanlagenbau GmbH in Lohra hat sich bereits vor über 30 Jahren auf hochwertige und zukunftsorientierte Gefriertrocknungsanlagen spezialisiert. Häufig gehört auch die Peripherie der Anlage zum Lieferumfang: So entwickelt Hof zum Beispiel Be- und Entladesysteme sowie Einfrier- und Auftauvorrichtungen. Viele namhafte Pharma- und Biotechnologie-Unternehmen weltweit nutzen diese Anlagen.

www.hof-sonderanlagen.de

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