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Mobiler Roboter kommt und geht im Reinraum

Robotik
Mobiler Roboter bewegt sich zwischen Reinraum und Lager

Transportroboter | Mit einem mobilen Roboter ließ sich der interne Materialfluss beim US-amerikanischen Medizinprodukte-Hersteller Argon Medical effizienter gestalten. Der erste Roboter soll bald einen Kollegen bekommen, der die Mitarbeiter weiter von Transortaufgaben entlastet.

Henrik Vesterlund Sørensen
MIR, Odense/Dänemark

In einem Vorort von Chicago stellt Argon Medical Devices chirurgische Instrumente her. Da die Fertigung arbeitskostenintensiv ist, ist das weltweit agierende Unternehmen stetig bestrebt, Prozesse möglichst effizient zu gestalten. Seit etwa drei Jahren greift der Hersteller in seiner Fertigung daher auf Automatisierungstechnologien zurück.

Den internen Warentransport wickelten die Mitarbeiter jedoch bis vor kurzem noch manuell ab, obwohl gerade hier enormes Einsparungspotenzial lag, erklärt Kevin Hess, leitender Ingenieur bei Argon Medical Devices. Das rund 85 000 m² große Werk ist in zwei Bereiche aufgeteilt: die Produktion im Reinraum und das Lager. Mehrmals täglich fallen zwischen diesen Abteilungen zahlreiche Transporte von Rohmaterialien sowie fertigen Produkten an. Da die Mitarbeiter im Reinraum spezielle Schutzkleidung, Haarnetze und Sicherheitsbrillen tragen, müssen sie diese beim Weg ins Lager und zurück in die Produktion in einer Transitzone immer erst ablegen beziehungsweise erneut überziehen. Wertvolle Arbeitszeit geht dabei verloren. Zunächst versuchte Argon Medical Devices, den Prozess durch Sammelabholungen zu optimieren, was allerdings zu langen Warteschlangen bei der Materialabholung führte und den Produktionsablauf bremste.

Transportboxen bewegt der Roboter stabil und sicher

Bei der Suche nach potenziellen Automationslösungen entdeckte Hess die mobilen autonomen Roboter, die das dänische Unternehmen Mobile Industrial Robots (MIR) aus Odense anbietet. „Die MIR-Roboter haben perfekt zu den Anforderungen in unserem Werk gepasst“, erklärt der leitende Ingenieur. Er prüfte zunächst die beiden Modelle MIR100 und MIR200, die nach ihren jeweiligen Traglasten in Kilogramm benannt sind. Nicht nur die Reinraumtauglichkeit, sondern auch die höhere Nutzlast überzeugten Hess schließlich vom MIR200: „Die größten Transportboxen, die wir hier verwenden, fassen zwischen 20 und 25 Kilogramm. Wenn wir also acht solcher vollbeladenen Behälter auf den Roboter legen, kommen wir locker auf 160 bis 180 Kilogramm Gesamtgewicht pro Warentransport.“ Ausgestattet mit einem Regalaufsatzmodul bewältigt der MIR200 diese Traglast völlig stabil und sicher.

Ein weiterer wichtiger Punkt für Hess und sein Team war die einfache Implementierung des mobilen Roboters in die bestehende Fertigung. Chuck Grossmann, Ingenieur bei Argon Medical Devices, war beim Einrichten des mobilen Helfers beteiligt. Er erwartete eine komplizierte Software, überzeugte sich aber schnell vom Gegenteil: „Als es darum ging, dem MIR-Roboter erste Wege ‚beizubringen‘, haben wir ihn bloß über unser WLAN mit einem mobilen Endgerät gekoppelt. Mithilfe der intuitiven Bedienoberfläche konnten wir sehen, wo er sich gerade im Gebäude befindet. Und dann haben wir ganz einfach erste Haltestellen für ihn festlegt.“

Durch die intelligente Sensortechnologie und Software navigieren die mobilen Roboter von Mobile Industrial Robots selbstständig und sicher. Mit jedem Einsatz erstellt der Roboter eine Art internes Weltbild, womit er sein Verhalten den wechselnden Anforderungen und Problemstellungen seiner Umwelt flexibel anpasst. Damit sind, anders als bei herkömmlichen Transportsystemen, keine kostenintensiven, physisch angebrachten Schienen oder Linien erforderlich, damit sich die Roboter fortbewegen können.

Roboter entlastet Mitarbeiter von Transportaufgaben

Eine Woche nach der Anlieferung erledigte der mobile Helfer bereits erfolgreich erste Botengänge im Werk. Im Lager konnte sich die Belegschaft wieder auf das Zusammenstellen der Materialien für die einzelnen Fertigungsaufträge der Produktion konzentrieren. Das zeitintensive Schieben einzelner Wägen entfiel, und herumstehende Stapel an Rohmaterialien gehörten der Vergangenheit an. Jim Miller, Lagerleiter bei Argon Medical Devices, erklärt: „Seit wir den MIR200 haben, arbeiten wir auftragsbezogen für die einzelnen Abteilungen und so wesentlich effizienter. Dadurch ist unsere Produktivität drastisch gestiegen.“

Gleichzeitig können die Fertigungsmitarbeiter im Reinraum kontinuierlich an den Produktionslinien arbeiten. „Wenn die Spritzgussabteilung zum Beispiel ein Teil fertig hat und dieses ins Lager gebracht werden muss, rufen sie einfach den mobilen Roboter“, zeigt sich Hess begeistert. Dieser fährt bis in die Transitzone – was den Mitarbeitern das Umziehen erspart. All das sei „ein gewaltiger Vorteil für unseren Materialfluss und den Durchsatz unserer Anlagen“. Das Be- und Entladen der ergonomisch günstigen Roboterladefläche fällt ebenfalls leichter als das früher übliche Heben schwerer Behälter auf Bodenhöhe. „Durch den MIR200 haben wir die Personalressourcen einer Vollzeitkraft freigesetzt und mehr Kapazitäten für wertschöpfende Tätigkeiten geschaffen“, erklärt Hess.

Bedient werden die Roboter über Tablet-PCs. Grossmann erklärt: „Das Hinzufügen neuer Haltestellen funktioniert problemlos, und neue Botengänge lassen sich jederzeit schnell und einfach programmieren.“ Ein vertrauensvolles Miteinander zwischen Mensch und Maschine wird durch moderne Sensortechnologie gewährleistet. Kreuzen Mitarbeiter den Weg der Roboter oder tauchen unerwartet Hindernisse auf, können die Helfer in Echtzeit ausweichen oder stoppen. „Anfangs reagierte die Belegschaft zögerlich, doch nun gehen sie neben dem MIR-Roboter her, als wäre er ein weiterer Kollege in der Halle“, erzählt Hess.

Für den größeren Standort ist die Lösung auch interessant

Nur wenige Monate nach der Implementierung des ersten Roboters erwog Argon Medical Devices bereits die Anschaffung eines zweiten sowie den Einsatz der Flottenmanagementsoftware MIR-Fleet. Häufig sei der mobile Kollege noch mit einem Transport beschäftigt, wenn ihn längst die nächste Abteilung ordert. Dadurch stehen üblicherweise vier oder fünf Botengänge in der Warteliste. „Einen zweiten Roboter werden wir in naher Zukunft unbedingt benötigen“, berichtet Hess. Mit Kollegen aus dem texanischen Werk von Argon Medical Devices spricht er bereits über dortige Automatisierungsvorhaben: „Der Standort in Texas ist wesentlich größer, und allein 25 Lagermitarbeiter sind nur für die Materialbeförderung zuständig. Die MIR-Roboter könnten ihnen eine große Hilfe sein.“


Über den Roboterhersteller

Mobile Industrial Robots mit Hauptsitz in Odense, Dänemark, entwickelt und vertreibt seit 2013 mobile Roboter für den internen Warentransport in der Industrie und im Gesundheitssektor. Fertigungsunternehmen, aber auch zahlreiche Krankenhäuser und Pflegeheime nutzen die „Logistik-Cobots“ bereits.

www.mobile-industrial-robots.com

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