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Winzlinge mit Präzision

Miniaturantriebe: Tauglich für Kleinserien und Massenprodukte
Winzlinge mit Präzision

Kleinantriebe sind zuverlässige Helfer im Hintergrund. Neben der geringen Baugröße sprechen vor allem die hohe Zuverlässigkeit und ihre Anpassungsfähigkeit für die Winzlinge, die so ihre eigenen „ökologischen Nischen“ finden.

Zuverlässige Kleinantriebe bewegen die Medizintechnik: Dieser Eindruck drängt sich jedenfalls auf, wenn man sich anschaut, wo die anpassungsfähigen Winzlinge überall eingesetzt werden – unabhängig davon, ob sie für Kleinserien oder Massenprodukte maßgeschneidert werden.

Kleinantriebe der Dr. Fritz Faulhaber GmbH & Co. KG aus Schönaich haben sich bereits in einigen Anwendungen bewährt. So trifft das Sprichwort „Jemanden auf den Nerv fühlen“ die Anforderungen an Kleinantriebe bei zwei Präzisionseinsätzen ganz gut. Für die Forschung im Bereich der Reiz- und Informationsverarbeitung müssen haarfeine Elektroden in den Nerv beziehungsweise das Nervengewebe geführt werden. Auf kleinstem Raum sind Positionen reproduzierbar anzufahren. Kleine, kompakte Mehrkanal-Manipulatoren erlauben heute sogar simultane Messungen mit mehreren Elektroden. Möglich sind Positionierwege zwischen 1 und 15 000 µm bei einer Verfahrgeschwindigkeit von 1 bis 200 µm/s. Für die nötige Bewegung der Elektrodenfaser sorgt ein patentierter Schlauchelektrodenantrieb. Der dämpfende Gummischlauch des Antriebs muss dabei ständig unter einer definierten Vorspannung gehalten werden. Diesen Part übernehmen 6 mm durchmessende EC-Kleinmotoren mit Getriebevorsatz.
Präzision ist ebenfalls beim Einsetzen von Implantaten in der Wirbelsäulenchirurgie von höchster Bedeutung, da hier Eingriffe im Umfeld von Nervenwurzeln und dem Rückenmark vorgenommen werden. Während herkömmliche Operationsmethoden vergleichbar große Einschnitte erfordern, ermöglicht das Spine-Assist-System Eingriffe zur Wirbelsäulenfusion mit nur wenigen kleinen Einschnitten. Zum Einsatz kommt ein Miniatur-Hexapod-Roboter, 250 g schwer bei einen Durchmesser von nur 50 mm und eine Höhe von 80 mm. Genauigkeit und Präzision des Gesamtsystems liegen unter 100 µm beziehungsweise 10 µm, wobei die Genauigkeit der Bewegungssteuerung 10 µm beträgt. Eine der größten Herausforderungen bei der geringen Größe des Hexapoden war die Auswahl des für diese Anwendung entsprechenden Miniaturantriebssystems: Ein Smoovy-DC-Servomotor mit 5 mm Durchmesser erwies sich als geeignete Lösung im Hinblick auf das erforderliche Drehmoment und die nötige Geschwindigkeit.
Erlauben Hexapoden die moderne Chirurgie in winzigsten Bereichen, so muss der Operateur doch optimal sehen können, was da vor sich geht. Herkömmliche Mikroskope sind dafür zu klobig und unflexibel. Eine Mikroskopbrille mit Mikroantrieben ist hier das Mittel der Wahl, weil sie zudem dem Benutzer uneingeschränkte Bewegungsfreiheit lässt. Aufgrund automatischer Scharfstellung muss er nicht wie bei Lupen einen festen Abstand einhalten. Und dank zweier unabhängiger Linsensysteme ist auch ein dreidimensionales Sichtfeld garantiert.
Auf zusätzliche Weg- oder Winkelsensoren konnten die Entwickler dank eines Schrittmotors verzichten; der Antrieb baut so kleiner und leichter, die Steuerung wird einfacher. Das sogenannte Variscope-Mikroskop benötigt pro Auge jeweils zwei Motoren. Der AM 1020 mit 10 mm Durchmesser für die Fokuseinstellung und der AM 0820 mit 8 mm Durchmesser für den Zoom. Eine der Herausforderungen bei dieser Anwendung ist zudem, dass der Fokusantrieb praktisch ständig arbeitet, da er jede Kopfbewegung kompensieren muss.
Auch bei einer neuen Laufhilfe finden Kleinantriebe ein Betätigungsfeld. Sie helfen, das natürliche Laufgefühl mit Sehnen und Muskeln elektromechanisch abzubilden. Mit moderner Prozessortechnik, hoher Rechenleistung, miniaturisierter Präzisionssensorik und Mikromechanik ist dies heute mit dem entsprechenden Know-how möglich. Als Bindeglied zwischen Elektronik und Dämpfungsmechanik setzen Prothesenspezialisten auf bewährte Technik: Einfach ansteuerbare DC-Kleinantriebe. Die mit Edelmetallbürsten ausgestatteten Kleinmotoren bieten hohe Leistung auf kleinem Raum. Und dank hohem Motorwirkungsgrad sind auch bei begrenzter Kapazität des Lithium-Akkus in der Prothese ohne Nachladen lange Laufzeiten bis über zwei Tage möglich.
Hochdynamische 10-mm-Antriebe arbeiten in der Prothese über ein Reibradgetriebe auf einer Planetengetriebestufe. Dies verstellt dann das eigentliche Dämpfungsventil. Pro Schritt wird so die Dämpfung von maximal auf fast Null und wieder zurück verstellt. Alle Komponenten müssen die Dauerbelastung über Jahre und damit Millionen Schritte vertragen. Obwohl immer nur sehr kurze Steuerungsimpulse nötig sind, ist das für die Edelmetall-DC-Motoren kein Problem. Ebenso wie Einsatztemperaturen von -15 bis +65 °C oder feuchte, salzhaltige Luft.
Während Einzelantriebe für die Forschung oder Kleinserien teuer sind, muss man eine preiswerte Massenfertigung aufbauen, wenn man vielen Patienten eine Erleichterung anbieten will. Aufgrund der naturgemäß sehr diffizilen Bauteile und der hohen Güteanforderungen bei medizinischen Produkten sind oft neue Wege notwendig. Als Beispiel kann hier die Fertigung eines automatischen Blutzuckermessgerätes dienen. Das kompakte und sehr handliche Messgerät enthält statt einzelner Messstreifen eine Trommel mit 17 Streifen. Da manche Patienten bis zu sechs Mal am Tag den Blutzuckerspiegel bestimmen müssen, ist dies eine deutliche Erleichterung. Die geringen Abmessungen erforderten aber feinwerktechnisches Know-how. Die Lösung basiert auf zwei Miniaturantrieben mit Getrieben und Sensorik. Dabei arbeitet einer als Positionierantrieb für die Vorratstrommel. Auf Tastendruck transportiert er die Trommel jeweils eine 1/17 Umdrehung weiter bis zum nächsten Messstreifen. Der zweite Motor ist für die translatorische Bewegung zuständig, sprich, er bringt den Messstreifen dann in Messposition. Dank Miniaturisierung und modernen Kunststoffwerkstoffen ist das Gerät im Handyformat leicht und robust. Trotz der kompakten Maße besteht aber allein das Motormodul aus 45 Einzelteilen, die vollautomatisch montiert und zu 100 % kontrolliert werden.
Andreas Zeiff und Dietrich Homburg Fachjournalisten in Stutensee

Ihr Stichwort
  • Präzise Kleinantriebe
  • Hohe Positioniergenauigkeit
  • Hexapoden
  • Mechatronik
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