Startseite » Technik » Entwicklung »

Unscheinbar und immer zuverlässig

Kleinantriebe: Durch sie werden viele medizintechnische Systeme erst möglich
Unscheinbar und immer zuverlässig

Die hohe Präzision heutiger Kleinantriebe geht einher mit ihrer geringen Baugröße. Vier Anwendungsbeispiele aus der Medizintechnik zeigen die Möglichkeiten des Einsatzes von bürstenlosen elektrischen Gleichstrommotoren auf.

Zahlreiche mobile Messgeräte, die Patienten über eine bestimmte Zeit tragen müssen, funktionieren mit Kleinantrieben. Ein Beispiel sind die Langzeitblutdruckmesser der Schweizer Schiller AG. Über eine Dauer von 24 oder 48 Stunden messen sie bis zu 100-mal den Blutdruck. Der Druck in der Messmanschette muss dabei so exakt und reproduzierbar wie möglich einzustellen sein – ein klassischer Fall für Miniaturmotoren, wie sie die Faulhaber GmbH & Co. KG in Schönaich produziert. Aufgrund der geringen Spannung, die hier zur Verfügung steht, werden dafür edelmetallkommutierte, mit Gleichstrom betriebene Kleinstmotoren verwendet. Zusammen mit einer Pumpe und dem Füllschlauch für die Manschette passt die gesamte Stelleinheit in das eigentliche Messgerät, das in einer Hemdtasche Platz findet. Der Einsatz von Edelmetall garantiert geringe Übergangswiderstände am Kollektor und den stromführenden Bürsten – ein solcher Motor kann schon bei sehr kleiner Spannung leicht anlaufen. Die Befehle der Steuerelektronik werden so immer gleich und zuverlässig ausführt, eine Voraussetzung für exakte Messreihen.

Ein weiteres Beispiel aus der Praxis sind Durchblutungsscanner. Sie messen mit einem feinen Laserstrahl durch die Haut die Anzahl und Geschwindigkeit der Blutkörperchen. Das Messergebnis ergibt sich aus der Menge des von den Blutkörperchen reflektierten Laserlichts. Wichtig ist auch die Auflösung der Bilder. Sie hängt von den Schritten ab, die der Laser über der Haut macht, von 0,5 bis zu 3 mm. Schrittmotoren positionieren in diesem Fall den Laser. Sie können auch im stromlosen Zustand ihre Position halten. Kleine Schrittmotoren bis 15 mm Durchmesser erlauben heute bis zu 24 Schritte pro Umdrehung. Die Auswertung der gewonnenen Daten im Anschluss ist dabei einfach, denn ein elektrischer Antriebsimpuls entspricht immer einem definierten Drehwinkel im Motor. Der zurückgelegte Weg des Antriebs ist somit durch Addition der Impulse leicht zu errechnen. Würde etwa eine Hautfläche von 26 cm x 29 cm Fläche mit einer Auflösung von 85 x 85 Punkten untersucht, würden dafür rund 6 min benötigt.
Als drittes Beispiel sei die Untersuchung von Nervenzellen und ihrem komplexen Zusammenspiel betrachtet, das nicht länger nur für die Grundlagenforschung bedeutend ist. Durch die Zunahme von Nervenkrankheiten wie Parkinson werden immer mehr Systeme benötigt, um Nervenkomplexe für die Behandlung konkreter Krankheitsbilder in großer Zahl zu untersuchen. Auch die Steuerung von Prothesen über vorhandene Nervenreste wird intensiv erforscht. Kleinmotoren finden hier ihren Weg in hochspezialisierte Untersuchungssysteme, um reproduzierbare Bewegungen auf kleinstem Raum zu ermöglichen. Die Motoren werden dazu, wie bei der Gießener Thomas Recording GmbH, in so genannte Mikroelektroden-Manipulatorsysteme eingebaut. Diese prüfen mit mehreren Elektroden gleichzeitig unterschiedliche Bereiche in Proben von Nervengeflecht. Die Signalübertragung lässt sich durch die künstlichen Impulse messen und nachvollziehen. Die hochfeinen Elektroden lassen sich dabei unabhängig voneinander positionieren, die Weglänge beträgt 1 µm bis 15 mm, entsprechend den mikroskopisch feinen Nervenstrukturen. Für die Bewegung der Elektrodenfaser sorgt ein spezieller Silikonschlauchelektrodenantrieb. Der Schlauch muss dabei ständig unter definierter Vorspannung gehalten werden. Dafür sorgen bürstenlose Gleichstrom-Mikromotoren mit 6 bis 10 mm Durchmesser.
Die patientenindividuelle Medikamentenausgabe als viertes Beispiel ist vor allem in Krankenhäusern zeitintensiv. Kleinmotoren in automatischen Verteilsystemen mit Lager- und Dosiereinrichtungen bieten hier Rationalisierungspotenzial. Als besonders platzsparenderweisen sich miniaturisierte Kransysteme, wie sie der Systemintegrator Script Pro aus den USA anbietet.
Der Kranausleger ist dabei das einzige autark bewegliche Teil der Anlage. Er enthält alle nötigen Antriebe auf kleinstem Raum. In der Basisvariante des Systems bedient ein Ausleger über 100 speziell entwickelte Medikamentenbehälter. Auch hier werden bürstenlose und damit nahezu verschleißfreie Gleichstrommotoren eingebaut. Eine angepasste Ansteuerung in Verbindung mit anflanschbaren Kompaktgetrieben kann in gewissen Grenzen praktisch jede Drehmoment- oder Drehzahlanforderung bedienen. Positionsmelder und Encoder in den Motoren erlauben die Ausrichtung aller Komponenten. So können ganz unterschiedliche Elemente, wie eine Gewindestange für den weiteren Transport der Dosen, mit den gleichen Motoren betrieben werden. Das reduziert den Konstruktions- und Logistikaufwand und damit die Kosten.
Moderne Kleinantriebe unterstützen also medizintechnische Systeme in vielerlei Hinsicht und erfüllen alle Anforderungen an Sicherheit und Zuverlässigkeit.
Andreas Zeiff, Dietrich Homburg Fachjournalisten in Stutensee

Kupfer macht weniger träge
Kleinstmotoren mit Gleichstromantrieben unterscheiden sich von anderen Gleichstrommotoren vor allem durch den Verzicht auf einen Eisenkern im Rotor, der für den Antrieb sorgt. Bei diesen Motortypen ersetzt eine Kupferspule das Eisen. Die Kupferspule selbst ist freitragend und besitzt eine schräge Wicklung aus Draht. Durch diesen speziellen Aufbau haben die Rotoren der Kleinantriebe ein geringes Trägheitsmoment. Sie laufen leicht an, erreichen hohe Drehzahlen und drehen ohne Rastmoment. Bei besonders niedrigen Spannungen werden die Kommutatoren der Elektromotoren ebenfalls aus Edelmetall gefertigt. Der dadurch äußerst geringe Übergangswiderstand zu den stromzu- und abführenden Bürsten im Motor sorgt für ein besonders leichtes Anlaufen.

Ihr Stichwort
  • Präzision
  • Kleinmotoren
  • Gleichstromantriebe
  • Schrittmotoren
  • Edelmetallkommutierung
  • Unsere Webinar-Empfehlung
Aktuelle Ausgabe
Titelbild medizin technik 2
Ausgabe
2.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Titelthema: PFAS

Medizintechnik ohne PFAS: Suche nach sinnvollem Ersatz

Alle Webinare & Webcasts

Webinare aller unserer Industrieseiten

Aktuelles Webinar

Multiphysik-Simulation

Medizintechnik: Multiphysik-Simulation

Whitepaper

Whitepaper aller unserer Industrieseiten


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de