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So fährt der CT zum Patienten

Lineartechnik
So fährt der CT zum Patienten

Um mit einem CT mehr Patienten untersuchen zu können, wurde das Gerät auf einem Linearsystem mobil gemacht – das in 1600 Varianten an jede Baustelle angepasst werden kann. Lineartechnik-Expertise half jedoch auch dabei, ein kostengünstiges Diagnosegerät für die Veterinärmedizin zu entwerfen.
Was treibt einen Hersteller von medizinischen Großgeräten um? Für Siemens Healthcare – inzwischen Siemens Healthineers – war ein strategisches Ziel, eine signifikant höhere Auslastung und Verfügbarkeit eines Computertomographen zu ermöglichen. Das sollte die Wirtschaftlichkeit des Gerätes in der Praxis beziehungsweise Klinik maximieren.
Um dieses Ziel zu erreichen, wurde eine Neuentwicklung gestartet, die zum so genannten Sliding Gantry für Computertomographen führte. Dieser unterscheidet sich deutlich von anderen Geräten. Während bei einem normalen Computertomographen der Patient mit der Liege durch das feststehende Gerät fährt, in dem er untersucht wird, bewegt sich der Tomograph des Sliding Gantry CT erst einmal zur Patientenliege hin.
Das bringt dem Anwender des Gerätes Vorteile. Denn der bewegliche CT kann zwischen zwei ortsfesten Patientenliegen angeordnet sein. Diese befinden sich jeweils in einem Raum. Dazwischen verfährt der Scanner, so dass in einem bestimmten Zeitraum deutlich mehr Patienten mit dem Gerät untersucht werden können und es auch in Notfällen kurzfristig zur Verfügung steht: Die Vorbereitung des Patienten beginnt im zweiten Raum schon, wenn im ersten die Untersuchung noch läuft.
Die technische Besonderheit bei diesem Projekt bestand darin, dass das Fahrsystem mit Präzisionslinearführungen nicht ins Gerät eingebaut wird, sondern auf einer Baustelle mit den üblichen Toleranzen bodeneben montierbar sein muss – auch wenn jeder CT-Raum über andere Abmaße verfügt. Das Fahrsystem musste also nicht nur längenvariabel, sondern auch an die Deckenhöhe und an den Bodenaufbau adaptierbar sein. Die Kabelsäule sollte in mehreren Ausführungen darüber hinaus teleskopierbar ausgeführt sein. Bei so vielen Variablen ist am Ende jedes aufgebaute CT-Fahrsystem ein Einzelstück.
Um die Logistik auf der Baustelle möglichst einfach zu gestalten und eine kurze Montagezeit zu realisieren, übertrug Siemens Healthcare die Entwicklung, Fertigung und Lieferung des betriebsfertigen Fahrsystems inklusive Kabelschlepplösung an den Lineartechnik-Experten Schaeffler Technologies AG & Co. KG. Im Tochterunternehmen Ina-Lineartechnik in Homburg wurde und wird nun jede einzelne Sliding Gantry individuell konstruiert, gefertigt, in Betrieb genommen und getestet.
Insgesamt sind 1600 Varianten möglich – generiert werden sie aus einem umfangreichen Serien-Baukasten, der durch kundenspezifische Komponenten ergänzt wird. Für die Homburger ist das eine Unternehmensphilosophie, mit der sich sowohl Standardlösungen als auch anspruchsvolle High-End-Lösungen umsetzen lassen. Den Grundstock bildet ein Baukasten mit Linearlagern, -führungen und angetriebenen Lineareinheiten. Elektrische Antriebe und Steuerungen vieler Hersteller sowie kundenspezifisch konstruierte Bauteile ergänzen das Angebot. Auf die Applikation hin optimierte Stranggussprofile sind ebenso möglich wie Gussteile aus Grauguss oder Aluminium in kleinen und mittleren Serien, die bei Bedarf eine Fünf-Achs-CNC-Bearbeitung erfahren.
Einige Grenzen, die ein Baukasten aufgrund der Standardisierung vorgibt, lassen sich mit dieser Vielfalt überwinden – vor allem aber durch die Entwicklungskompetenz bei der Wälzlagerauslegung und -simulation, der FEM-Simulation oder auch beim Reduzieren bewegter Massen. Mit diesem Service können nicht nur betriebsfertige Linearsysteme aus einer Hand umgesetzt werden, sondern auch innovative Geschäftsmodelle.
Diagnose an der Kuh innerhalb von drei Minuten
Das zeigt ein weiteres Beispiel: Der amerikanische Hersteller von medizinischen Diagnosegeräten, die Advanced Animal Diagnostics Inc. aus Morrisville, kurz AAD, wollte ein Konzept entwickeln, mit dem sich eine Euter-Erkrankung von Milchkühen, die Mastitis, früh erkennen lässt. Die Milch-Proben sollten dafür nicht in Labore verschickt werden, sondern das Labor sollte in Form eines tragbaren Diagnosesystems auf die Farm kommen.
Mit dem Q-Scout Farm Lab können Landwirte nun für alle vier Zitzen am Euter einer Kuh innerhalb von 3 min eine Diagnose bekommen – ohne fachliche Kenntnisse. Hierzu setzt der Hersteller AAD ein optisches Verfahren ein. Die Probeplättchen mit einem Tropfen Milch aus jeder Zitze – die so genannten Slides – werden mit einem Mikroskop vollautomatisch von einem x-y-z-System abgefahren und analysiert. Bis zu 20 dieser Slides finden im Einschub des kleinen Farm Lab Platz.
Konstruktion, Entwicklung und Fertigung des angetriebenen x-y-z-Systems sollten komplett vom Systemlieferanten übernommen werden. Um die eigenen Logistik- und die Montagekosten so gering wie möglich zu halten, war die Lieferung eines Plug&Play-fertigen Positioniersystems Bedingung. Nach einer ersten Analyse war der zu lösende Zielkonflikt für das 3-Achs-Positioniersystem offensichtlich: hohe Präzision, niedriges Gewicht und geringe Kosten. Die Schaeffler-Ingenieure entwickelten hierfür ein kostengünstiges Gleichteilekonzept für die Kugelumlaufführungen, Laufwagen, Spindeln, Spindelmuttern, Motoren und Endpositionsschalter. Schrittmotoren und einfache Gewindespindeln senken die Kosten noch weiter.
Für einen verschleißarmen und Stick-Slip-freien Lauf sind die Spindeln mit einem Trockenschmierstoff beschichtet. Die Spindelmuttern werden spielfrei vorgespannt, um die geforderte bidirektionale Wiederholgenauigkeit von unter 20 µm einzuhalten. Schaeffler USA liefert das System inzwischen betriebsbereit mit allen elektrischen Komponenten inklusive Kabelbaum. AAD muss nur noch das fertige Positioniersystem, die Steuerung und das Mikroskop in das Gehäuse montieren. ■
Jürgen Klein, Schaeffler Technologies, Homburg/Saar
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