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Hersteller in der Pflicht

RoHS-Richtlinie: Neue Vorgaben für Gefahrstoffe, CE-Kennzeichnung und Dokumentation
Hersteller in der Pflicht

Hersteller in der Pflicht
Welche Elektronik darf in das Medizingerät? Welche Stoffverbote müssen Hersteller künftig einhalten? Die neue RoHS-Richtlinie soll den lückenlosen Informationsaustausch in der gesamten Wertschöpfungskette gewährleisten Bild: 2mag
Weniger Wegwerfelektronik und Gefahrstoffe im Produkt – die neue RoHS-Richtlinie gilt ab 2014 auch für medizinische Geräte. Für die Verantwortlichen bedeutet dies einen enormen Mehraufwand bei der CE-Dokumentation und Archivierung. Softwaresysteme helfen bei der Verwaltung.

In der alten RoHS-Richtlinie (2002/95/EG), die am 1. Juli 2006 in Kraft getreten ist, waren medizinische Geräte aus dem Geltungsbereich ausgenommen. Erst die seit 2011 gültige RoHS-Recast Richtlinie (2011/65/EU) schließt jetzt auch Medizinprodukte ausdrücklich mit ein. Ab dem 22. Juli 2014 ist RoHS (Restriction of Hazardous Substances Directive) für alle erstmalig in den Verkehr zu bringenden medizinischen Geräte in voller Wirksamkeit zu berücksichtigen. Das bedeutet zum einen, dass für jedes Produkt eine technische Dokumentation und die vorgeschriebene EU-Konformitätserklärung zum Nachweis der Einhaltung erstellt und dauerhaft zur Verfügung gestellt werden muss. Zum anderen müssen alle Produkte mit einer CE-Kennzeichnung auch RoHS-Konformität gewährleisten.

Kern der Richtlinie ist die Einhaltung der Stoffverbote. Daraus entstehen verschiedene Konsequenzen, beispielsweise ein höherer technischer Aufwand bei der Durchführung von bleifreien Lötprozessen. „Häufig muss die Qualitätskontrolle der Lötstellen verbessert oder erweitert werden – was in der allgemeinen Elektro- und Elektronikbranche bereits Standard ist“, berichtet Marek Stachura, Produktmanager für Elektronik und Medizintechnik bei der iPoint-Systems GmbH, einem Software- und Beratungsunternehmen für umweltbezogene Produktkonformität und Nachhaltigkeit in Reutlingen. Außerdem müssen die Hersteller verschiedenen Dokumentations- und Kontrollpflichten nachkommen. So schreibt die RoHS-Richtlinie vor, dass für die CE-Kennzeichnung eine Dokumentation erstellt werden muss, die sowohl die EU-Konformitätserklärung beinhaltet als auch die technischen Unterlagen laut harmonisierter EN 50581 Norm.
Um die Konformität der Endprodukte gewährleisten zu können, muss ein lückenloser Informationsaustausch in der gesamten Zulieferkette stattfinden. Zusätzlich bestimmt sie, dass Hersteller und Importeure die technischen Unterlagen sowie die EU-Konformitätserklärung ab dem Inverkehrbringen des Geräts für zehn Jahre archivieren müssen.
Ebenfalls verschärft wurden die Vorgaben für die Angaben auf dem Produkt oder der Verpackung: Nicht nur die CE-Kennzeichnung, sondern auch Name, Handelsmarke und Kontaktanschrift müssen künftig darauf zu finden sein. Bei Verdacht auf Nichtkonformität wird die zuständige Behörde informiert, was Korrekturmaßnahmen oder Rücknahme und Rückruf zur Folge haben kann. Damit das nicht passiert und die Produktion sowie die Dokumentation einer steten Regulierung unterliegen, gibt es adaptive Softwarelösungen, die an die jeweils geltenden, neuesten Richtlinien angepasst werden und zuverlässig diese Aufgaben übernehmen. „Wenn die zusätzlichen Aufgabenstellungen nicht von einer professionellen Softwarelösung unterstützt werden“, so Stachura, „entsteht in jedem Fall ein deutlich höherer personeller Aufwand.“ Für bestimmte Anwendungen und Geräte gelten die Stoffverbote derzeit noch nicht:
  • Blei in Detektoren, Verstärker, Abschirmungen, Elektroden, Spektrometer für ionisierende Strahlung/Röntgenstrahlung
  • Bleianoden in elektrochemischen Sauerstoffsensoren
  • Blei, Cadmium und Quecksilber in Infrarotdetektoren
  • Blei in Legierungen als Supraleiter
  • Blei in piezoelektrischen Einkristallen für Ultraschallwandler
  • Quecksilber in Höchstpräzisions-Kapazitäts- und Verlustfaktor-Messbrücken
  • Quecksilber in Hochfrequenz-RF-Schaltern und -Relais in Überwachungs- und Kontrollinstrumenten mit höchstens 20 mg Quecksilber je Schalter oder Relais
Die Richtlinie behält sich aber vor, die geltenden Vorschriften alle paar Jahre zu prüfen und gegebenenfalls zu erweitern.
Die ab 2014 lückenlos zu erfüllenden Aufgaben erfordern umfassende Anpassungen in den entsprechenden Geschäftsprozessen der Unternehmen. Die Schadstoff-Richtlinie zieht in jedem Fall zusätzliche Arbeitsschritte und organisatorische Änderungen nach sich und führt unter Umständen auch zu veränderten Fertigungsverfahren wie dem bleifreien Löten. Zudem muss darauf geachtet werden, dass auch zugekaufte Bauteile RoHS-konform sind. Dahingehend müssen die Zulieferer überprüft werden. Das bedeutet wiederum einen zusätzlichen Kontroll- und Dokumentationsaufwand. Die Softwarelösungen von iPoint-systems sorgen für einen automatisierten Austausch relevanter Informationen über die gesamte Wertschöpfungskette. Die Aktualität und Adaptivität der Software kann damit auch Hersteller und Zulieferer von medizinischen Elektro- und Elektronikgeräten bei der Erfüllung entsprechender Anforderungen unterstützen.
René Jochum Fachjournalist in Stuttgart
Gerätehersteller müssen RoHS-Konformität ihrer Produkte nachweisen

Aus Expertensicht

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Wie sollten Unternehmen das Thema RoHS angehen?
Zunächst muss geklärt werden, ob ihre Produkte von RoHS überhaupt betroffen sind. Wenn ja, müssen die Stoffbeschränkungen eingehalten werden. Da die RoHS- Direktive in ihrer ersten Fassung seit 2003 bekannt ist, kann es gut sein, dass viele Produkte die Stoffbeschränkungen bereits erfüllen. Doch dessen ungeachtet müssen Endgerätehersteller die RoHS-Konformität ihrer Produkte sichern und nachweisen.
Welche Nachweispflichten bestehen?
Auf Verlangen ist der jeweils zuständigen nationalen Behörde eine Dokumentation der RoHS-Konformität nachzuweisen. Die Einzelheiten definiert die harmonisierte Europäische Norm EN 50581. Erforderlich sind Produktbeschreibung und Dokumente zu Materialien, Bauteilen und Baugruppen. Diese bauteilbezogenen Materialangaben müssen vom Endgeräte- hersteller in der Zulieferkette erfragt, gesammelt und archiviert werden.
Wann müssen Unternehmen auf andere Stoffe ausweichen?
Die RoHS-Richtlinie beschränkt zwar die Nutzung gewisser Stoffe, verbietet sie aber nicht grundsätzlich. So ist nur die Verwendung von Stoffen untersagt, für die nach aktuellem Stand der Technik Alternativen zur Verfügung stehen. Gibt es aktuell keine Alternativen, sieht die RoHS-Richtlinie Ausnahmen vor. Diese werden laufend angepasst.
Gibt es andere technische Lösungen, um RoHS zu handhaben?
Abgesehen von Prozessumstellungen, zum Beispiel auf bleifreie Lötprozesse, ist RoHS-Konformität eng mit einem möglichst lückenlosen Informationsaustauch in der Zulieferkette verknüpft. Wenn viele Zukaufteile und Lieferanten involviert sind, dann empfiehlt sich in jedem Fall der Einsatz einer intelligenten Softwarelösung, die den Informations- und Datenaustausch automatisiert. Die Software muss den aktuellen Datenstatus und die laufenden rechtlichen Anforderungen stets überwachen und bei Bedarf unverzüglich entsprechende Aktionen auslösen.

Ihr Stichwort
  • RoHS und Reach-Verordnung
  • Elektro- und Elektronikgeräte
  • Ausnahme bei Stoffverboten
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