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Die Leichtigkeit des Spritzgusses

Antriebstechnik: PEEK sichert auch den Einsatz unter Röntgenstrahlung
Die Leichtigkeit des Spritzgusses

Sie sind klein, leicht und kostengünstig in der Herstellung. Überdies weisen sie hohe Drehzahlen auf. Kein Wunder, dass Kunststoffgetriebe heute schon in vielen Anwendungen in der Medizintechnik zum Einsatz kommen. Eine Reihe von Herstellern haben sie im Produktportfolio.

„Grundsätzlich stellen Hersteller im Medizintechnikumfeld an Kunststoffmotoren hohe Anforderungen an Zuverlässigkeit und Hygiene. Doch dann hat es sich auch schon mit den Gemeinsamkeiten“, erklärt Dr. Frank Pöhlau, Geschäftsführer der Harmonic Drive Polymer GmbH in Hallstadt. Denn ansonsten müsse man stark nach der jeweiligen Anwendung differenzieren: Bei Computertomographen sei Präzision gefragt, bei mobilen Anwendungen wie Prothesen geringes Gewicht und kleiner Bauraum. Kommen Produkte in Körperkontakt – wie bei Implantaten – muss ihre Bioverträglichkeit gegeben sein. Und schließlich kommt es bei Wegwerfartikeln auf die Kosten an.

Die Kosten sind nach Ansicht von Dr. Winfried Schmidt, Entwickler bei der Ansbacher Oechsler AG, generell ein wesentlicher Treiber für den Einsatz von Kunststoff-Spritzgussteilen: „Gerade wenn es um hohe Stückzahlen geht, lassen sich Getriebe durch Spritzgussfertigung und eine kompakte Bauweise wirtschaftlich produzieren.“ Zur Kostenreduktion trage auch bei, dass die Verwendung von Kunststoff Potenzial für integrative Lösungen bietet und so die Anzahl der Einzelkomponenten deutlich verringert werden kann. Im Einzelfall könne sich auch eine kostengünstige Baugruppe zur Einmalnutzung lohnen, die eine aufwändige und schwierige Reinigung überflüssig macht.
Oechsler hat im Jahr 2000 bereits sein Wave-Drive-Getriebe auf den Markt gebracht, das bei relativ hohen Untersetzungen nur wenige Bauteile benötigt. Sein Wirkungsgrad beläuft sich je nach Ausführung auf bis zu 75 %. An- und Abtrieb sind koaxial. Derzeit weisen die verschiedenen kundenspezifischen Kunststoffpräzisionsgetriebe des fränkischen Unternehmens abhängig von der Baugröße und der Anwendung im medizinischen Umfeld Drehmomente zwischen 20 mNm und 10 Nm auf.
In der Zwischenzeit sind auch andere Hersteller Oechslers Beispiel gefolgt: Die Dr. Fritz Faulhaber GmbH & Co. KG mit Sitz in Schönaich setzt dabei sowohl auf Stirnrad- als auch auf Differenzzahn- und Planetengetriebe. Letztere erreichen bei optimierter Konstruktion und Werkstoffauswahl bei gleichem Durchmesser bereits die Leistungsdaten von deutlich schwereren Stahl-Stirnradgetrieben. Mit einem Außendurchmesser von 13 beziehungsweise 26 mm bringen die Leichtgewichte nicht mehr als maximal 25 g auf die Waage und liefern dabei Dauerdrehmomente von 250 beziehungsweise 1000 mNm. Das Kunststoff-Präzisionsgetriebe 13A ist mit Untersetzungen von 16:1 bis 1024:1, das 26A mit Untersetzungen von 13:1 bis 256:1 erhältlich. Es stehen dabei Ausführungen mit Sinter-, Keramik- oder Kugellager zur Verfügung. Die Getriebe sind abtriebsseitig mit genormten Befestigungsbohrungen zur Fixierung in der Anwendung ausgestattet. Faulhaber setzt dabei allgemein gleitoptimierte Thermoplaste ein.
Oechsler macht die Wahl des Werkstoffs von der Anwendung abhängig: „In der Regel schirmt das Gesamtgehäuse die Getriebeteile gegenüber dem Endanwender ab, so dass wir uns für tribologisch optimale, gegebenenfalls besonders für Trockenlauf geeignete Werkstoffe entscheiden. In der Medizintechnik wird möglichst auf einen separaten Schmierstoff verzichtet“, so Schmidt. Ein hohes Augenmerk lege man auf die Auswahl der Werkstoffe, wenn Sterilisierbarkeit gefordert ist und ein Medikament oder der Benutzer in Kontakt mit den Bauteilen kommt.
Harmonic Drive Polymer nutzt ebenfalls je nach Anwendungszweck ein Spektrum spezifisch optimierter Werkstoffe. Pöhlau: „Das reicht von üblichen Verzahnungswerkstoffen wie Polyacetal (POM) bis zu Hochleistungs- und Hochtemperaturkunststoffen wie Polyetheretherketon (PEEK), häufig tribologisch optimiert.“ PEEK weist eine sehr hohe Beständigkeit gegen energiereiche Strahlung, also Gamma- und Röntgenstrahlen auf.
Der Hersteller bietet unter dem Namen Harmonic Drive Getriebe ebenso wie Oechsler Wellgetriebe an. Dabei verformt ein elliptischer Wave Generator einen flexiblen Zahnring, der in zwei gegenüberliegenden Bereichen mit einem innenverzahnten, feststehenden Circular Spline in Eingriff steht. Mit Drehen des Wave Generators verlagert sich der Zahneingriff. Da der Zahnring zwei Zähne weniger besitzt als der Circular Spline, vollzieht sich nach einer Umdrehung des Wave Generators eine Relativbewegung zwischen Zahnring und Circular Spine um zwei Zähne.
Kundenspezifisch hat Harmonic Drive Polymer bisher Getriebe mit Durchmessern von 10 bis 70 mm realisiert. Bei Untersetzungen zwischen 20:1 und 4000:1 sind je nach Baugröße Drehmomente von 30 mNm bis maximal 15 Nm übertragbar. Als Standard sind Getriebe-Einbausätze mit 70 mm Außendurchmesser und einer Untersetzung von 70:1 erhältlich. Sie weisen ein Nenndrehmoment von 6 Nm auf, sind aber kurzzeitig mehrfach überlastbar. Eine weitere Standard-Baureihe mit einem Durchmesser von 26 mm ist in Vorbereitung.
Sabine Koll Journalistin in Böblingen

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