Mehr als 400 Millionen Menschen weltweit leiden an Diabetes. Ihren Blutzucker ohne Nadel, also „nicht-invasiv“ messen zu können, wäre eine Erleichterung. Mit der patentierten Entwicklung der Berliner Diamontech AG könnte sich dieser Wunsch bald erfüllen. Schon heute ist ein Tischgerät verfügbar, dass relevante Parameter mit einem Infrarot-Quantenkaskadenlaser misst. In Kürze soll ein Smartphone-großes Messgerät folgen. Um Qualitätsverluste beim Miniaturisieren zu vermeiden, müssen selbst winzige Veränderungen des Laserstrahls präzise erfasst werden. Diamontech erreicht das mit der Ophir Pyrocam von MKS.
Den Blutzuckerwert nicht-invasiv zu messen, ist nicht einfach. In Körperflüssigkeiten wie Tränenflüssigkeit, Speichel oder Schweiß beispielsweise korrelieren die Glukosewerte nicht ausreichend mit der Blutglukose. Anders bei der Hautflüssigkeit, der so genannten interstitiellen Flüssigkeit (kurz: ISF). An gut durchbluteten Stellen sind die gemessenen Werte denen der Glukose im Blut sehr nah. Nach jahrelangen Forschungen dazu an der Universität Frankfurt wurde 2015 das Unternehmen Diamontech gegründet. Die Mitarbeiter entwickelten das erste auf diesen Forschungsarbeiten beruhende, nicht-invasive Blutzuckermessgerät, das D-Base, das als Medizingerät seit 2019 die CE-Kennzeichnung trägt.
Das D-Base nutzt die Infrarotspektroskopie, genauer die photothermische Deflektion. Für diese Art der Messung werden mit einem Quantenkaskadenlaser Infrarotpulse in Wellenlängen zwischen 8 µm und 11 µm in tiefere Hautschichten eingestrahlt. Die Pulse passieren ein Sensorelement und regen gezielt die Glukosemoleküle kurzzeitig zum Schwingen an; bei der schnellen Relaxation der Moleküle wird Wärme in geringer Menge an die Umgebung abgegeben.
Ablenkung des Laserstrahl als Maß für den Blutzuckergehalt
Diese Wärme erzeugt einen minimalen, aber messbaren Temperaturanstieg an der Hautoberfläche. Das führt im Sensorelement, dem Internal Reflection Element – IRE, durch einen thermischen Gradienten zu einer so genannten „Thermischen Linse“. Dadurch wird der Prüfstrahl einer roten Laserdiode bei der Passage durch das IRE abgelenkt. Aus der Ablenkung berechnet das Messgerät die Glukosekonzentration.
Das Prinzip hat sich im klinischen Alltag bewährt. Allerdings, so Sergius Janik, COO bei Diamontech, wünschen sich Diabetes-Patienten schnelle und kompakte Messtechnik für zuhause und unterwegs. „Darauf konzentriert sich aktuell unsere gesamte Forschung.“
Durchstimmbare Quantenkaskadenlaser, wie sie Diamontech beim D-Base verwendet, werden nur von wenigen Herstellern angeboten. Um das Messgerät zu verkleinern, wird ein Laser mit möglichst geringen Abmessungen gebraucht. Die Parameter des Strahls dürfen sich allerdings nicht ändern. Um die Qualität des Quantenkaskadenlasers beurteilen zu können, werden Laser im Diamontech-Labor vermessen, und zwar auf:
- das Strahlprofil des Lasers
- die Ausgangsleistung
- die Divergenz des Strahls
- die Puls-Wiederholrate
- die Puls-zu-Puls-Stabilität
- die Pulsform
- die Größe des Fokusspots auf der Haut
Zunächst setzte das Team bei der Lasermessung die Knife-Edge-Methode ein, um Strahlprofile zu erhalten. Das erforderte viele Messpunkte und dauerte mehrere Stunden. Gerade bei der Entwicklung des neuen kompakten Geräts wäre damit zu viel Zeit verloren gegangen, und gleichzeitig wären die Aussagen nicht präzise genug gewesen.
Nach Recherche und Tests im eigenen Labor entschieden sich die Experten dann für eine andere Art der Messung und nutzen heute die Ophir Pyrocam-III-HR-C-A-Pro von MKS Instruments. Mit dieser pyroelektrischen Matrix-Kamera mit hoher Auflösung lassen sich die Strahlprofile der Infrarot-Laser zuverlässig und schnell messen. Für die Anwendung bei Diamontech wurde die Kamera individuell auf die passende Signalhöhe kalibriert.
Die Kameradaten werden mit der Beamgage-Software ausgewertet. Ausgangsleistung, Strahlprofil und Strahldivergenz lassen sich so in wenigen Sekunden ermitteln. Laut Sergius Janik ist die Ophir Pyrocam als zentrales Messgerät zur Charakterisierung des Laserstrahls täglich im Einsatz. „Wir nutzen sie bei der Entwicklung neuer Prototypen, aber ebenso bei der Qualitätsprüfung und der Fehlersuche.“ Um präzise und zuverlässige Justierungen durchzuführen, stellt das Team die Pyrocam bei Bedarf seinen Entwicklungspartnern zur Verfügung.
Kamera zeigte, warum sich ein Laser nicht justieren ließ
Als Beispiel für die Zeitersparnis durch das Messgerät schildert Sergius Janik einen Anwendungsfall. Bei Testreihen mit einem neuen Laser gelang es den Ingenieuren im eigenen Labor nicht, den Laserstrahl zu fokussieren. Die Leistungsverteilung war sehr unregelmäßig. Ein Grund dafür war auf den ersten Blick nicht erkennbar. Aufschluss brachten erst Aufnahmen mit der Pyrocam. Statt des gewünschten, möglichst symmetrischen Gauß‘schen Strahlprofils zeigte sich ein stark verzerrter Strahl. Die Messungen ließen den Schluss zu, dass die Kollimationslinse des Strahls – eventuell durch den Transport – nicht mehr korrekt justiert war. Das Lasersystem wurde zum Hersteller gesandt, die Linse neu justiert – danach war das Strahlprofil gleichmäßig.
Eine weitere Herausforderung, die sich bei der Entwicklung des kompakten Blutzuckermessgeräts ergibt, ist die Änderung der Strahlposition mit der ausgewählten Wellenlänge. Um die Glukose in der Haut zu detektieren, sind Messungen mit unterschiedlichen Wellenlängen im Infrarotbereich notwendig. Verändert man die Wellenlänge eines durchstimmbaren Lasers, wandert aber der Strahl und tritt an einer geringfügig anderen Position in die Haut ein. Die Abweichung beträgt bis zu rund 250 µm. Dadurch kommt es zu einer Unschärfe der thermischen Linse. Das Team von Diamontech misst das mit der Pyrocam und bestimmt die Wellenlängen, die die präzisesten Messergebnisse liefern.
Bei der Miniaturisierung der nicht-invasiven Blutzuckermessung ist die kamerabasierte Messung des Strahlprofils unerlässlich. Sergius Janik weiß die Technik zu schätzen: „Die Pyrocam erleichtert uns die tägliche Arbeit. Wir erhalten in kürzester Zeit verlässliche Ergebnisse. So können wir uns auf die wesentlichen Entwicklungsarbeiten konzentrieren.“
Kontakt zum Unternehmen:
Ophir Spiricon Europe (MKS Instruments)
Guerickeweg 7
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E-Mail: Info-Ophir-EU@mksinst.com
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