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Nachhaltigkeit und Aufbereitung: Einkäufer suchen nachhaltigere Medizinprodukte aus

Aufbereitung: Ein Schritt zur Nachhaltigkeit von Medizinprodukten
Einkäufer will wissen, ob sich ein Medizinprodukt aufbereiten lässt

Einkäufer will wissen, ob sich ein Medizinprodukt aufbereiten lässt
Ulrike Marczak ist Vorstandsvorsitzende der Vanguard AG (Bild: Vanguard)
Seit 1998 bereitet Vanguard mit speziellen Verfahren Einweg-Medizinprodukte auf. Die Diskussion um Nachhaltigkeit steigert bei Krankenhäusern, aber auch bei Herstellern das Interesse an Lösungen für die Aufbereitung. Ulrike Marczak, Vorstand der Vanguard AG, berichtet über Perspektiven der Aufbereitung und mögliche Partnerschaften.

Dr. Birgit Oppermann
birgit.oppermannn@konradin.de

Frau Marczak, wie groß ist der Anteil an Einweg-Medizinprodukten am Markt, und welche davon sind für eine Aufbereitung interessant?

Einwegprodukte machen den Großteil der verwendeten Medizinprodukte aus – dazu gehören ja alle Abdeckungen, Besucherschutzkittel, Tupfer, Masken, Skalpelle, also viele Dinge, die in großen Stückzahlen verwendet werden und bei denen die Hygiene eine große Rolle spielt. Das ist verständlich, denn natürlich ist nichts einfacher zu verwenden als ein Produkt, das produziert, sterilisiert und keimfrei verpackt wurde. Dennoch: Über eine Aufbereitung von Einmal-Produkten nachzudenken lohnt sich unter zwei Bedingungen. Wenn Medizinprodukte in großen Stückzahlen mit einem Standardprozess automatisiert behandelt werden können – oder wenn es um teure Produkte geht, bei denen der Preis einen höheren Aufwand für die Aufbereitung rechtfertigt.

Wie anspruchsvoll ist die Aufbereitung von Medizinprodukten?

Das ist von Fall zu Fall verschieden. Nur eine Machbarkeitsstudie zeigt, ob sich der Schritt für ein bestimmtes Produkt lohnt. Wenn die Aufbereitung einfach ist und zum Beispiel in einer Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte, der AEMP, im Krankenhaus erledigt werden kann, wird der Hersteller sich vielleicht dafür entscheiden. Das heißt, er bringt ein Mehrwegprodukt mit einer Anleitung zur Aufbereitung auf den Markt. Was wir tun, betrifft die in gewisser Weise schwierigeren Fälle, die als Einmal-Produkte in Verkehr kommen.

So läuft die Aufbereitung von Einmal-Medizinprodukten

Wo gehen Sie über die Aufgaben hinaus, die eine AEMP erledigt?

In der AEMP werden Mehrwegprodukte nach Vorgabe des Herstellers behandelt. Will man Einmalprodukte nochmals verwenden, gibt es für ihre Behandlung keine Vorgaben. Und wir müssen sie ja nicht nur säubern. Wir müssen mit geeigneter Prüftechnik auch nachweisen, dass wir alle Verunreinigungen entfernt haben. Wir müssen dafür sorgen, dass die Produkte nach dem Prozess funktionsfähig sind und dieses belegen. Damit wäre eine herkömmliche AEMP sicher überfordert. Und natürlich sterilisieren wir die Produkte mit Plasma oder Ethylenoxid.

Wer setzt aufbereitete Produkte ein?

Aufbereitete Medizinprodukte sind für Krankenhäuser schon immer interessant gewesen, aus wirtschaftlichen und auch aus ökologischen Gründen. Wenn es einen geeigneten Prozess für die Aufbereitung gibt, lässt sich ein und dasselbe Produkte vielleicht vier oder fünf Mal verwenden, bis es das Ende der Gebrauchsfähigkeit erreicht hat. Es muss also nur ein Mal produziert und neu gekauft werden. Das ist für Einkäufer günstiger. Und es gibt eine Reihe von Studien, die in unterschiedlichen Varianten immer zu dem Schluss kommen, dass die Aufbereitung insgesamt Ressourcen schont. Wir reden da von 50 Prozent weniger CO2-Ausstoß und 28 Prozent weniger Ressourcenverbrauch. Auch deswegen fragen Einkäufer immer öfter bei uns nach, welche Produkte wir aufbereiten können, bevor sie sich für eines entscheiden.

Welche Rolle nehmen Sie gegenüber dem Krankenhaus ein?

Es gibt zwei denkbare Konstellationen. Wir können als Dienstleister für ein Krankenhaus tätig sein und bereiten dessen Medizinprodukte auf. Die andere Variante ist, dass wir gebrauchte Medizinprodukte aufkaufen und diese nach der Aufbereitung an verschiedene Anwender verkaufen. Wir übernehmen hier die Rolle des Herstellers und Inverkehrbringers, mit der Verantwortung und allen Pflichten, die dahinterstehen.

Was heißt das mit Blick auf die MDR und die Zertifizierung der Produkte?

Die Medical Device Regulation sieht ausdrücklich vor, dass eine Wiederaufbereitung von Einmalprodukten erfolgen kann. Die regulatorischen Anforderungen sind klar definiert, und das schafft Rechtssicherheit. Für uns heißt das zum Beispiel, dass wir aktuell klinische Studien durchführen und unsere wiederaufbereiteten Produkte mit einem CE-Kennzeichen in den Verkehr bringen.

Was ist Aufbereitung von Medizinprodukten gemäß EU -MDR?

Wie gefragt sind diese Produkte?

Es gibt einen wachsenden Markt dafür. In den USA ist dieser schon länger etabliert und viel stärker ausgeprägt als in Europa. Aber auch hier entscheiden sich Einkäufer, einen gewissen Anteil des Bedarfs, den Krankenhäuser an Einweg-Produkten haben, über wiederaufbereitete Produkte zu decken. Diese müssen gemäß der regulatorischen Vorgaben genauso sicher sein wie die neuen Produkte und einwandfrei funktionieren. Aber sie sind günstiger und leisten einen Beitrag zur Nachhaltigkeit.

Wie groß ist das Interesse außerhalb von USA und Europa?

Das Interesse ist vorhanden, wir haben zum Beispiel bereits Kontakte nach Israel und prüfen, wie sich die Nachfrage in Afrika entwickelt.

Was passiert mit Produkten, die mehrmals aufbereitet wurden und dann am Ende der Nutzungsdauer angelangt sind?

Wenn die letzte Anwendung im Krankenhaus erfolgt ist, entsorgen die Nutzer diese Produkte. Sofern Produkte bei uns als Ausschuss im Prozess anfallen, passiert das bei uns. Wir arbeiten derzeit mit einem Entsorger zusammen, der sich mit den Werkstoffen auskennt, die bei uns auftreten, und diese trennt. Ob für die Abfälle auch eine Form von Recycling möglich ist, beschäftigt uns gerade. Noch haben wir aber keine Lösung gefunden.

Wiederaufbereitung von Medizinprodukten schont Klima und Ressourcen

Auch die Hersteller arbeiten an nachhaltigeren Medizinprodukten. Ist Ihre Expertise zur Aufbereitung gefragt?

Ja, das merken wir bereits. Es gibt aktuell zwei Arten von Anfragen. Manche Hersteller möchten von unseren Erfahrungen profitieren, um ihre Produkte so zu gestalten, dass sie besser aufzubereiten sind. Andere Hersteller denken in Richtung einer Partnerschaft – und das ist natürlich der für uns interessantere Ansatz. Hier geht es darum, aus einem Einwegprodukt ein Mehrwegprodukt zu machen. Nur dass die Anweisungen zur Aufbereitung, die der Hersteller bereitstellt, sich dann eben nicht an eine klassische AEMP im Krankenhaus wenden. Die Aussage lautet vielmehr: Dieses Produkt kann mehrfach aufbereitet werden, den entsprechenden Prozess kann Vanguard nachgewiesenermaßen ausführen. Das ist sicherlich ein Verfahren, das für alle Seiten inklusive der Krankenhäuser Vorteile mit sich bringt.

Wie Einkäufer nachhaltige Medizinprodukte auswählen

Haben Sie den Eindruck, dass sich Hersteller bei neuen Produkten mehr
um die Aufbereitung kümmern, weniger Hinterschnitte und Toträume auftreten?

Solche Überlegungen werden künftig sicher eine größere Rolle spielen. Derzeit muss man aber sehen, dass sich die Hersteller vor allem um die MDR und die Neuzertifizierung ihrer bisherigen Produkte kümmern. Im Zuge dessen werden viele Portfolios schrumpfen, wenn die Übergangsfristen abgelaufen sind. Erst wenn das erfolgt ist, bleibt Raum für Überlegungen zu Produkten der nächsten Generation. Dabei werden Fragen der Nachhaltigkeit und der Aufbereitung sicher stärker diskutiert. Aber man muss auch sehen, dass ein Mehrwegprodukt nicht immer die beste Lösung ist. Ob das für ein Produkt sinnvoll ist, wird man immer im Einzelfall abwägen müssen.

Wiederaufbereitung von Medizinprodukten – was geht und erlaubt ist

Wie wird sich die Aufbereitung von Medizinprodukten in Zukunft entwickeln?

Ich gehe davon aus, dass Mehrweg-Produkte neu bewertet werden. Bei aller Schelte für die angeblich so wenig an Nachhaltigkeit interessierte Boomer-Generation, die man dieser Tage hört und liest, muss man auch sagen: Gerade diese Generation hat Wert darauf gelegt, Produkte möglichst lange zu nutzen – der Konsum stand weniger im Vordergrund. Diese Sichtweise brauchen wir künftig wieder. Derzeit geht der Trend zu mehr Einwegprodukten, weil der Aufwand für das Krankenhaus, für die jeweilige AEMP, sonst kaum noch zu bewältigen ist. Wir stehen ja vor einem demografischen Wandel: All diese Aufgaben und noch viele mehr müssen von zahlreichen Fachkräften erledigt werden. Die aber sind rar. Da die Aufbereitung von Einwegprodukten mit der MDR nun eindeutig reguliert ist, wird die Rolle der Aufbereitungsindustrie wachsen. Automatisierte Prozesse werden wichtiger, und um nachhaltig zu sein, wird man auch die Logistik hinter der Nachhaltigkeit optimieren müssen.

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Klinische Prüfung aufbereiteter Katheter

Derzeit führt die Vanguard AG eine klinische Prüfung mit wiederhergestellten Cryo- oder RF-Kathetern der neuesten Generation namhafter Hersteller durch.

Um die Sicherheit und Leistungsfähigkeit der Katheter unter den kontrollierten Bedingungen einer klinischen Studie zu bewerten, gelten die Vorgaben des ISO-14155-Standards.

Die Studie schließt 150 Patienten ein, die eine Indikation zur Pulmonalvenenisolation haben. Die Ergebnisse bieten die Möglichkeit, die Erfahrungen der Nutzer in der täglichen Anwendung der wiederhergestellten Produkte wissenschaftlich zu belegen.

Die Studie hat im zweiten Quartal 2022 begonnen und wird voraussichtlich bis 2024 dauern, wobei eine zwölfmonatige Nachbeobachtungsphase vorgesehen ist. Durch ihre Registrierung im deutschen Register für Klinische Studien unter der Nummer DRKS00026725 und die Genehmigung durch die Ethikkommission der Universitätsklinik Aachen ist sichergestellt, dass die Studie höchsten ethischen und wissenschaftlichen Standards entspricht.

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