Auf die Schnelle halten sich auch heute noch manche Eltern die Stirn ihrer Kinder an die Lippen, um zu spüren, ob diese Fieber haben. Im direkten Kontakt der sensiblen Lippen zur Kinderhaut spüren sie die Körperwärme des Nachwuchses deutlich.
Genauer ist aber das Fieberthermometer. Es nutzt einfache physikalischen Effekte, die die Wärme mit sich bringt: So dehnen sich Festkörper, Gase und Flüssigkeiten aus, wenn sie erwärmt werden. Metalle wiederum leiten Strom schlechter. Und da der Mensch seine Körperwärme in Form von thermischer Strahlung und hier im Wesentlichen in Form von infrarotem Licht abgibt, kann man auch diese zur Messung heranziehen.
Die heute verbreiteten Fieberthermometer nutzen all diese Effekte: So dehnt sich im klassischen Thermometer eine Flüssigkeit in einem Glasröhrchen aus. Im digitalen, beziehungsweise elektrischen Thermometer reagiert der Sensor auf Wärme durch einen veränderten elektrischen Widerstand. Das Infrarot-Fieberthermometer schließlich misst die Wärmeabstrahlung des Körpers.
So funktionieren Fieberthermometer
Dass sich Luft unter der Einwirkung von Wärme ausdehnt, wussten bereits Wissenschaftler in der Antike: Ihre so genannten Thermoskope waren im Grunde Vorläufer des Barometers, da sie den Luftdruck maßen. Das Prinzip: ein Glasbehälter, der in Wasser getaucht wurde, und durch den sich verändernden Wasserstand die Temperatur anzeigte. Der griechische Arzt Galen führte im zweiten Jahrhundert nach Christus acht „Grade der Hitze und Kälte“ ein, die er mit einem Gemisch aus Eis und kochendem Wasser definierte.
Das erste Thermometer, das über die Ausdehnung von Alkohol in einem geschlossenen Glasrohr funktionierte, ließ Ferdinando II. de’ Medici, Großherzog von Toscana, bereits 1654 herstellen. Die ersten Fieberthermometer gehen auf Daniel Gabriel Fahrenheit zurück. Ab 1714 betrieb der deutsche Physiker und Erfinder sie mit Quecksilber. Mit rund 60 cm Länge waren sie jedoch schwer zu handhaben und noch nicht so genau. 1867 erfand der englische Arzt Thomas Clifford Allbutt das kurze, rund 15 cm lange Fieberthermometer, das jedoch noch nicht gänzlich geschlossen war. Der Drogist Wilhelm Uebe entwickelte 1890 das geschlossene Fieberthermometer – im Grunde so, wie wir es heute noch kennen.
Moderne Fieberthermometer messen genau
Wer sich heute ein Fieberthermometer kauft, kann zwischen dem klassischen aus Glas, einem digitalen und einem Infrarot-Fieberthermometer wählen. Das klassische gilt nach wie vor als genau, kann jedoch zerbrechen, wenn es aus Versehen herunterfällt. Das digitale Thermometer braucht Batterien, gilt aber ebenfalls als sehr genau – laut DIN-Norm darf es ebenso wie das klassische nur eine Abweichung von 0,1 °C aufweisen – und lässt sich leicht ablesen. Bei einem Infrarot Thermometer für Ohr und/oder Stirn liegt dieser Wert deutlich höher, nämlich bei 0,3. Dafür misst es innerhalb von Sekunden.
Da seit 2009 das giftige Quecksilber EU-weit als Thermometerflüssigkeit verboten ist, steckt heute meist eine Mischung aus Gallium, Indium und Zinn in den klassischen Fieberthermometern aus Glas. Weiter verbreitet sind inzwischen jedoch digitale Thermometer.
Für die Kalibrierung von Thermometern gibt es den internationalen Standard ITS-90. In Deutschland kalibriert die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig anhand dieses Standards Platin-Thermometer, die als Referenz für Hersteller dienen.
Fieber und Temperaturmessung – alles ist relativ
Die Temperatur wird aber nicht nur in Grad Celsius (°C) gemessen, sondern auch in Fahrenheit (°F) und Kelvin (K). Entscheidend für diese unterschiedlichen Skalen sind die jeweiligen so genannten Fixpunkte. Sind es bei der Celsius-Skala (benannt nach den schwedischen Astronomen Anders Celsius) der Gefrierpunkt (= 0 °C) und der Siedepunkt (= 100°C) von Wasser, legte der deutschen Physiker und Erfinder Daniel Gabriel Fahrenheit die Temperatur eines sehr kalten Wintertages in Danzig als Nullpunkt seiner Skala fest. Es waren an dem Tag −-17,8 °C, nach ihm 0 °F. Als 100°F legte er die „normale Körpertemperatur“ des Menschen fest, in diesem Fall, seiner Frau. Die hatte zu dem Zeitpunkt wohl erhöhte Temperatur, denn 100°F entsprechen 37,78 °C. Physiker wiederum rechnen gerne mit der Kelvin-Skala, da diese keine negativen Werte hat, denn ihr Nullpunkt liegt beim absoluten Temperaturnullpunkt: 0 Kelvin sind –273°C.
Entscheidend für den Befund – Fieber oder nicht – ist unsere innere Körpertemperatur, die so genannte Körperkerntemperatur. Am genauesten sind klassische Kontaktthermometer daher, wenn sie möglichst weit in unser Inneres gelangen. Äußert exakt lässt sich die Temperatur daher rektal (im After) messen. Ähnlich genau ist auch die sublinguale Messung im Mund: Dabei liegt der Messfühler des Thermometers unter der Zunge und möglichst weit hinten in den Wärmetaschen rechts oder links der Zungenwurzel.
Fieber messen, im Ohr oder unter der Achsel
Sich das Thermometer unter die Achsel zu klemmen, ist leider äußerst ungenau. Mit Infrarotthermometern misst man die Temperatur am Besten im Ohr, weniger genau ist die Stirn. Müssen in der Klinik Fieberverläufe oder Fieberspitzen exakt gemessen werden, kommen auch invasive Messungen zum Einsatz: Zum Beispiel mit einem PiCCO-Katheter oder einem Blasendauerkatheter mit Temperatursensor.
Vor allem für das störungsfreie Messen über Nacht bei Kleinkindern soll eine neue Entwicklung dienen: das dünne, flexible „Pflaster-Thermometer“. Es wird nahe der Achsel des Kleinkinds aufgeklebt. Darin stecken Temperatursensoren und ein Bluetooth-Modul, das die Messdaten kontinuierlich an das Smartphone der Eltern schickt. Diese können via App die Temperatur problemlos ablesen. Bei Fieber schlägt die App Alarm.
Und was genau ist denn nun Fieber? Von Fieber spricht die Medizin, wenn das Thermometer über 38,3 °C anzeigt – rektal gemessen. Je nachdem, wo wir am beziehungsweise im Körper messen, gibt es also unterschiedliche Richtwerte.
Ein bisschen wärmer ist nicht gleich Fieber
Beim Fiebermessen sollte man zudem beachten, dass auch im Normalzustand unsere Körpertemperatur zum einen individuell leicht unterschiedlich ist und zum anderen im Tagesverlauf schwankt. So liegt bei gesunden erwachsenen Menschen (zwischen 18 und 40 Jahren) die Körpertemperatur bei etwa 36,8 °C ± 0,4 °C. In der zweiten Nachthälfte und morgens ist sie am niedrigsten, zum Abend hin am höchsten. Sind wir körperlich aktiv, heizt unser Körper auf, ebenso beim Essen oder wenn wir Stress haben.
Unterhalb der als Fieber zu bezeichnenden Werte misst das so genannte Basalthermometer. Wie der Name schon sagt, lässt sich damit die Basaltemperatur bestimmen. Diese bezeichnet das normale Temperaturminimum der Körperkerntemperatur während des Schlafes und wird gleich nach dem Aufwachen gemessen. Solche Messungen erfassen die kleinen Temperaturschwankungen im Laufe des Menstruationszyklus einer Frau und helfen dabei, den Zeitpunkt des Eisprunges zu ermitteln. Diese Thermometer messen nur im Bereich zwischen meist 36 °C und 38 °C und mit einer höheren Genauigkeit von 0,05 °C.
Das wohl empfindlichste Thermometer der Welt
Und wenn abseits der Fiebermessungen darum geht, besonders empfindliche Temperaturmessungen durchzuführen, können sogar Pflanzenzellen als Sensoren genutzt werden. So haben 2015 Schweizer Forscher aus Tabakzellen und synthetischem Material einen solchen Temperatursensor konstruiert – laut ihrer Aussage das empfindlichste Thermometer der Welt. Es erkennt die Wärme einer Hand schon aus Dutzenden Zentimetern Distanz.
Und hier noch ein Beispiel aus der Medizingeschichte