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Medizinprodukt Rollator: Die rollende Gehhilfe

Medizinprodukte-Portrait
Rollator: Die rollende Gehhilfe

Rollator: Die rollende Gehhilfe
Den Rollator gibt es inzwischen in den verschiedensten Designs — der Grundaufbau bleibt fast immer gleich (Bild: Guido Khoury/stock.adobe.com)
Ein Rollator ist von außen betrachtet simpel aufgebaut. Aber der Erfolg eines solchen Medizinproduktes war und ist bahnbrechend. Wer nicht mehr sicher auf den Beinen ist, erhält mit einem Rollator seine Mobilität und Selbstständigkeit zurück. Material, Räder, Klappmechanismus und sogar Elektroantrieb machen bei ihm entscheidende Unterschiede.

Anke Biester
Wissenschaftsjournalistin aus Memmingen

Der Stock oder der Rollator? Wenn wir ein Piktogramm für eine gebrechliche Person zeichnen sollten, dann wären das die beiden Kennzeichen. Für Menschen mit Gehbehinderung, Multipler Sklerose, Gleichgewichtsstörungen oder Erkrankungen wie Parkinson ist der Rollator ein Segen, ermöglicht er ihnen doch, sich frei in ihrer Wohnung und auch draußen zu bewegen. Seine Konstruktion ist denkbar einfach: ein Rahmen, drei bis vier Räder, Handgriffe, Bremse – fertig ist der Grundaufbau.

Sicherer durch intelligentes System

Erfindung ohne Patent

Zwar gibt es Gestelle mit Rollen bereits seit Hunderten von Jahren. Doch DEN Rollator, wie wir ihn heute kennen, erfand 1978 die Schwedin Aina Wifalk, die durch eine Kinderlähmung selbst gehbehindert war. Wifalk ließ sich ihre Erfindungen nicht patentieren, weil sie wollte, dass möglichst viele betroffene Menschen von ihr profitieren können. Und sie gab ihrer Gehhilfe den Namen: „Rollator“. Ihr Name für die Gehhilfe auf Rollen wurde zu deren Synonym sowie „Tempo“ für Papiertaschentücher.

Inzwischen ist der Markt für Rollatoren riesig. Nach einem kleinen Rückgang durch gestiegene Transportkosten und verschobene Operationen während der Covid-Pandemie geht der Markttrend für Rollatoren wieder stetig nach oben. Das US-amerikanische Marktforschungsinstitut Market research.com schätzt den weltweiten Markt für Rollatoren auf 1,3 Mrd. US-Dollar und für 2031 auf 2,65 Mrd. US-Dollar. Hauptabsatzmarkt sind die USA.

Rollator ist besser als sein Ruf

Trotz seiner großen Unterstützung beim Gehen hat der Rollator unter Senioren häufig einen schlechten Ruf, gerade weil viele Betroffene nicht als alt und gebrechlich gelten wollen. Zudem gibt es einen wirklichen Nachteil. Er ist das einzige technische Hilfsmittel, das nachweislich abhängig macht, wenn man es länger verwendet. Denn er bietet und vermittelt Sicherheit. Das ist gut, denn Gehen ist besser als im Rollstuhl sitzen. Doch das Gehirn gewöhnt sich an den Schutz. Und so kommt es, dass viele nicht mehr auf den Rollator verzichten wollen, selbst wenn sich ihr Gangbild bereits verbessert oder ihre Gleichgewichtsstörung gelegt hat. Zudem schützt der Rollator zwar bei Gleichgewichtsstörungen vor Stürzen, gleichwohl verhindert er durch das Festhalten an ihm quasi das Training. Hier wäre gehen mit frei schwingenden Armen gesünder für die Rückenmuskulatur und das Gleichgewicht. Es gilt also klar abzuwägen, wann und für wie lange ein Rollator von Nutzen ist.

Wenn der Rollator das Auto kommandiert

Das mindert nicht seine Bedeutung für alle, die auf ihn angewiesen sind. Je nach Verwendung gibt es Modelle für Innenräume, dreirädrige leichte Varianten, für den Stadtbummel mit Einkauf solche mit Korb oder gar für das Wandern in unwegsamen Gelände Bauformen mit Elektroantrieb.

Der E-Rollator ist im Kommen

Noch gibt es wenige E-Rollator-Modelle auf dem Markt, darunter mindestens drei aus Deutschland mit unterschiedlichen Schwerpunkten, so zum Beispiel der „beactive +e“ von bemotec. Die Marke Ello wurde durch die Fernsehsendung „Höhle des Löwen“ bekannt. Der Wissel Alpin war bereits in diversen Medien und ermöglicht seinem über 90-jährigen Erfinder Gerhart Wissel ein Wandern über Stock und Stein.

Bemotec zählt zu den „Top 100“ des deutschen Mittelstands

Auch KI hält Einzug in den Rollator: Im Forschungsprojekt „Rabe“ verfügt der intelligente Rollator über ein Navigationsgerät und einen lokalisierbaren Motor. Er kann selbstständig ans Bett fahren und soll Menschen mit körperlichen oder kognitiven Einschränkungen helfen, sich sicher und eigenständig im Pflegeheim zu bewegen. Der autonome Roboter-Rollator „Roro“ soll nebenbei auch das Gehverhalten seiner Nutzer analysieren, um ein angepasstes Training zu ermöglichen. Zudem kann er selbstständig fahren und im Klinikum Patienten „abholen“. Rollz wiederum entwickelte einen Rollator, der mit rhythmischen Tonsignalen, vibrierenden Griffen und einer auf den Boden projizierten Laserlinie Parkinson-Patienten unterstützen soll.

E-Rollator hilft beim Schieben

Die richtige Einstellung beim Medizinprodukt Rollator ist das A und O

Wie High-Tech sich für die Sicherheit beim Gehen mit Rollator einsetzen lässt, untersuchten Forschende im Projekt „Modest“. Sie entwickelten mit einem Projektpartner ein Modul, das Rückmeldung zur besseren Haltung am Rollator geben soll. Denn entscheidend für ein sicheres Gehen mit dem Rollator ist nicht nur die korrekte Einstellung der Griffhöhe, sondern auch die Position beim Gehen: aufrecht und die Füße auf gleicher Höhe mit den hinteren Rädern.

Damit auch im Alltag das Umfahren von Hindernissen, Erklimmen von Bordsteinen sowie das Ein- und Aussteigen im Bus klappt, gibt es ganz konkrete Hilfe. So bieten beispielsweise Senioreneinrichtungen, Verkehrsbetriebe und die Verkehrswacht „Rollatorführerscheine“ an, also ein praktisches Training mit dem Rollator.

Und wer weg will vom „altbackenen Design“ kann sich gleich zwei ganz unterschiedliche Projekte anschauen: Per 3D-Druck realisierten Studierende aus der Schweiz neue Designs für den Rollator. In Deutschland entwarf und verkauft inzwischen die Rentnerin Elke Jensen einen schicken „Prada-Roller“. Er ist eine Mischung aus Rollator und Trolley, der Unterstützung beim Einkaufen liefern soll.

www.angehoerige-pflegen.de/wann-ist-ein-rollator-sinnvoll

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