Im Projekt More Grasp haben Forscher eine sensorische Greif-Neuroprothese entwickelt, die die Motorik über eine Gehirn-Computer-Schnittstelle intuitiv steuert und zu einer größeren Natürlichkeit der Bewegungsabläufe führt. Die Prothese soll dadurch Menschen, die in Folge einer Rückenmarksverletzung in der Funktion ihrer Hände stark bis vollständig eingeschränkt sind, bei ihren alltäglichen Aktivitäten unterstützen. More Gasp wurde von Gernot Müller-Putz, Leiter des Instituts für Neurotechnologie der TU Graz, geleitet. Beteiligt waren ebenfalls die Universität Heidelberg, die University of Glasgow, die beiden Firmen Medel Medizinische Elektronik und Bitbrain sowie das Know-Center .
Bisher beliebige gedankliche Konzepte genutzt
Gernot Müller-Putz erklärt das Prinzip von Brain Computer Interfaces, auf Deutsch Gehirn-Computer-Schnittstellen: „Bei einer Querschnittlähmung sind alle Schaltzentren im Gehirn und die Muskeln im betreffenden Körperteil noch vorhanden, aber die Leitung zwischen Gehirn und Extremität ist unterbrochen. Das umgehen wir, indem wir das Gehirn mit einem Computer kommunizieren lassen, der wiederum den Befehl an die Muskeln weiterleitet.“ Angesteuert und zur Bewegung animiert werden die Muskeln mit Elektroden, die außen am Arm angebracht sind und zum Beispiel das Schließen und Öffnen der Finger auslösen können. Bisher arbeitete man dabei mit beliebigen gedanklichen Konzepten – wichtig war nur die ausreichende Unterscheidbarkeit der erzeugten Hirnströme zur Steuerung der Neuroprothese. Beispielsweise dachten die Probanden an ein Fußheben-und-Senken, und das per EEG gemessene Signal öffnete die rechte Hand, dachten sie beispielsweise an eine linke Handbewegung, schloss sich die rechte Hand wieder.
Die tatsächlich gedachte Bewegung als Signal
Diese Technik entwickelte das More Grasp Konsortium weiter und schaffte den Paradigmenwechsel. Der gedankliche Umweg über beliebige, aber deutlich unterscheidbare Bewegungsmuster ist nun nicht mehr notwendig, erklärt Müller-Putz: „Wir nutzen jetzt das so genannte ‚attempted movement‘ – also den Versuch, eine bestimmte Bewegung auszuführen.“ Die Probanden versuchen dabei die Bewegung – zum Beispiel den Griff nach einem Glas Wasser – auszuführen. Wegen der Querschnittlähmung wird das dabei entstehende Hirnsignal zwar nicht weitergeleitet, kann aber mittels EEG gemessen und vom Computersystem verarbeitet werden. Müller-Putz freut sich über den Forschungserfolg: „Für die Nutzerinnen und Nutzer ergeben sich dadurch völlig neue Möglichkeit, die deutliche Erleichterungen etwa beim Training der Bewegungsabläufe mit sich bringen werden.“
Groß angelegte Studie
Auf einer eigenen Online-Plattform zur Vernetzung Interessierter und Betroffener können sich Endnutzer jetzt für die Teilnahme an einer groß angelegten Machbarkeitsstudie registrieren, die die im Projekt entwickelte Technik auf ihre Alltagstauglichkeit überprüfen soll.