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„Am liebsten nur noch Ultraschall“

Bildgebende Verfahren: Kombination von Bild und funktionaler Information nützt am meisten
„Am liebsten nur noch Ultraschall“

„Am liebsten nur noch Ultraschall“
Prof. Dr. med. Johannes Zenk, Leitender Oberarzt an der Hals-Nasen-Ohren-Klinik der Uni Erlangen
Weil Ultraschall den Patienten nicht mit Strahlen belastet, möchte HNO-Experte Prof. Dr. med. Johannes Zenk dieses Verfahren gerne häufiger einsetzen. Schnellere Auswertungen oder kleinere Schallköpfe wären dafür erforderlich.

Herr Professor Zenk, bildgebende Verfahren gelten als besonders innovatives Segment in der Medizintechnik. Welche technischen Möglichkeiten nutzen Sie an der Hals-Nasen-Ohren-Klinik heute ?

Wir arbeiten vor allen Dingen mit Ultraschall. Dieses Verfahren ist sofort verfügbar, es ist kostengünstig und belastet den Patienten nicht mit Strahlen. Die Computertomographie, also die CT, nutzen wir, wenn es uns um die Knochen geht oder darum, Knochen von Weichteilen zu unterscheiden. Die Kernspintomographie hingegen spielt eine Rolle, wenn Weichteilbefunde gebraucht werden.
Auf welche Vorteile kommt es Ihnen bei den Verfahren vor allen Dingen an?
Da es beim Ultraschall keinerlei Strahlenbelastung für den Patienten gibt, können wir so viele Datensätze erstellen, wie wir brauchen. Wir können Kinder damit untersuchen und beispielsweise feststellen, ob das Nasenbein gebrochen ist. Der Verzicht auf das Röntgenbild ist ein Vorteil. Bereits heute machen wir jedes Jahr etwa 5000 Untersuchungen mit Ultraschall, rund 2000 mit CT, weitere 600 mit dem Kernspintomographen, und bei nur noch 400 Untersuchungen ist das Röntgen erforderlich. Mein Traum wäre es, diese Zahl weiter zu reduzieren, auch wenn wir auf andere Verfahren nicht verzichten können.
Warum ist eine geringe Strahlenbelastung so wichtig?
Wir wissen heute, dass es keine sinnvollen Grenzwerte für die Belastung mit Strahlen geben kann. Auch geringste Dosen können einen Tumor auslösen. Daher sollten wir, wann immer möglich, mit einer Ultraschalluntersuchung beginnen und darauf eine Diagnostik in Stufen aufbauen.
Welche Verbesserungen bei bildgebenden Verfahren halten Sie für wünschenswert?
Seit ein paar Jahren gibt es Geräte, in denen CT und Positronen-Emissionstomographie – PET – kombiniert sind. Das ist ein sehr sinnvoller Ansatz, da hier die Ergebnisse eines bildgebenden Verfahrens zusammen mit denen einer funktionalen Untersuchung gezeigt werden. Wenn die Software mit der Auswertung der Datensätze fertig ist, liegen mir sowohl strukturelle Informationen als auch Daten über die Stoffwechselaktivität eines Bereichs vor, was auf Tumorgewebe hinweist. Das erleichtert die Suche nach Metastasen und Primärtumoren. Es würde sich sicher lohnen, auch über andere Kombinationen nachzudenken, die wie das CT-PET ein Bild mit einer anderen Information zusammenführen. Jedes neue Verfahren sollte uns dem näher bringen, was uns heute erst die Histologie liefert: die Information darüber, ob ich einen gutartigen oder einen bösartigen Tumor vor mir habe.
Was könnte beim Ultraschall besser sein?
Es hat sich in den vergangenen fünfzehn Jahren eine Menge getan. Wünschenswert ist es natürlich, zu etwas ähnlichem wie einer Echtzeitaufnahme zu kommen. Bei CT oder Kernspintomographie liegen uns nach etwa einer halben Stunde die Daten so vor, dass wir sie in allen Dimensionen betrachten und kippen können. Moderne Matrix-Ultraschallköpfe gehen in diese Richtung, aber Verbesserungen sind möglich. Den ersten 3D-Datensatz haben wir bei den neuen, teuren Geräten schon nach zehn Sekunden vorliegen. Aber alles weitere, wie beispielsweise Volumenberechnungen, dauern noch sehr lange.
Gibt es Anwendungen, für die Sie sich eine Ultraschall-Untersuchungsmethode wünschen würden?
Die Gefäßdiagnostik wäre interessant. Von der invasiven Angiographie sind wir schon weg. Heute nutzen Gefäßchirurgen den Ultraschall zur Orientierung und schließen eine Kernspin- oder CT-Angiographie an. Um mit Ultraschall mehr tun zu können, müssten die Schallköpfe weiter miniaturisiert werden.
Welche Anforderungen würde die Gefäßdiagnose stellen?
Drei bis vier Millimeter Durchmesser wären die Obergrenze für eine Sonde. Wünschenswert wären sogar unter zwei Millimeter. Aber mir ist natürlich klar, dass wir dann mit Verlusten bei der Auflösung oder der Eindringtiefe rechnen müssten. Um ein System sinnvoll für die Diagnose einzusetzen, müsste es eine Auflösung von etwa einem Zehntelmillimeter bieten und eine Eindringtiefe von zwei bis drei, besser vier Zentimetern.
Werden neue Behandlungsverfahren auf der Basis von Ultraschall diskutiert?
Ultraschall zum Zertrümmern von Steinen ist interessant, aber nicht mehr neu. Mit Experten vom Institut für Hochfrequenztechnik der Uni Bochum wollen wir den Ultraschall mit einer Hyperthermie-Messung kombinieren. Damit lässt sich feststellen, wie stark man einen Tumor erhitzen muss, um ihn zu zerstören. Darüber hinaus wäre die Kombination von Ultraschall mit Navigationssystemen für den OP sinnvoll.
Wo sehen Sie die Vorteile einer Ultraschall-basierten Navigation?
Mit Kernspin-basierten Verfahren können wir schon die genaue Position eines Tumors erkennen, einen kleinen Zugang für die Operation finden und die Position der Instrumente kontrollieren. Aber selbst ein offenes Gerät für die Kernspintomographie ist im Operationssaal mit einem Mordsaufwand verbunden. Ein Ultraschallkopf wäre einfacher zu handhaben, um bei Bedarf einen neuen Datensatz zu generieren und die exakte Position des Patienten mit dem vorher erstellten 3-D-Datensatz abzugleichen. Ein wichtiger Punkt ist hier aber der Weichteil-Shift: Sobald ich mit dem Schallkopf auf das Gewebe drücke, verschiebt es sich in unvorhersehbarer Weise. Da liegen also noch zehn oder fünfzehn Jahr vor uns. In die gleiche Kategorie fällt übrigens auch der Transmissions-Ultraschall.
Was könnte Transmissions-Ultraschall bringen?
Beim herkömmlichen Ultraschall wird das Signal ausgewertet, das auf der Reflektion der Schallwellen am Gewebe resultiert. Beim Transmissions-Ultraschall nimmt der Detektor die Signale auf, die das Gewebe komplett durchqueren. Das könnte eine echte Alternative zum Röntgen sein. Überlegungen dazu diskutieren wir hin und wieder mit Technikern. Vielleicht können wir diese Diskussion stärker anregen.
Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de

Ultraschall-Diagnostik

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Im Schallkopf des Ultraschallgerätes sind Sender und Empfänger zu einer Einheit zusammengefasst. Der ausgesandte Schall wird an Grenzflächen im Gewebe reflektiert, und der Empfänger registriert die rücklaufenden Wellen. Höhere Sendefrequenzen ermöglichen eine höhere Auflösung der Bilder, erzielen aber auch eine stärkere Wechselwirkung mit dem Gewebe und dringen daher nicht so tief ein. So muss in jedem Gerät ein Kompromiss für das zu untersuchende Organ gefunden werden. Ein Bild entsteht durch die Verrechnung der Pulsreflexionssignale. Mehr als das leistet das Doppler-Verfahren: Es zeigt Volumenströmungen wie den Blutfluss, üblicherweise farblich codiert.

Ihr Stichwort
• Bildgebende Verfahren
• Auswertung der Daten
• Miniaturisierung der Schallköpfe • Ultraschall-basierte Navigation • Transmissions-Ultraschall
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