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Die Lokomotive bleibt auf Kurs

Staatliches Reformprogramm: Kasachstans Gesundheitswesen soll effizienter und effektiver werden
Die Lokomotive bleibt auf Kurs

Die ehemalige Sowjetrepublik Kasachstan gilt heute als wirtschaftliche Lokomotive Zentralasiens. Ein Klassenprimus, der auch im Gesundheitswesen ehrgeizige Ziele verfolgt. Herstellern von Medizintechnik bietet der Markt ein vielversprechendes Wachstumspotenzial.

Weite Steppen, staubige Wüsten, hohe Berge. Das ist das eine Bild von Kasachstan. Das andere zeigt einen aufstrebenden Staat mit futuristisch anmutender Hauptstadt, der seit der Auflösung der Sowjetunion einen starken Aufschwung genommen hat. Kasachstan, Gastgeber der Expo 2017, gilt heute als die wirtschaftliche Lokomotive Zentralasiens – ein Land mit reichen Bodenschätzen und ehrgeizigen Plänen. Die gibt es auch für den Gesundheitsbereich. Von 2004 bis 2012 haben sich die staatlichen Gesundheitsausgaben von knapp 1 Mrd. auf rund 5,4 Mrd. US-Dollar verfünffacht.

Staatspräsident Nursultan Nasarbajew, der das Land seit 1990 regiert, hat die Gesundheitsversorgung zum wesentlichen Thema seiner Politik gemacht. Staatliche Gesundheitsprogramme und -reformen sollen das Gesundheitswesen effizienter und effektiver machen. Die medizinische Grundversorgung ist kostenlos, der Umfang der staatlichen Leistungen wurde bereits erweitert, die Ausstattung vieler Kliniken modernisiert. Da Medizintechnik fast komplett im Ausland eingekauft wird, ist Kasachstan mit seinen 17 Millionen Einwohnern für internationale Branchenunternehmen ein zwar kleiner, aber feiner und viel versprechender Absatzmarkt.
Mit einem Marktanteil von fast 25 % war Deutschland 2013 wichtigstes Lieferland, vor den USA und China. Das Umsatzwachstum ist zuletzt in astronomische Höhen geschnellt, wie Zahlen des Industrieverbands Spectaris belegen. Nach dem Einbruch durch die Finanzkrise ging es 2010 steil aufwärts. Binnen eines Jahres stiegen die Exportzahlen für deutsche Medizintechnik nach Kasachstan um 85 % auf 70 Mio. Euro an. 2013 betrug die Gesamtausfuhr in das zentralasiatische Land bereits knapp 106 Mio. Euro, ein Zuwachsplus von fast 32 % im Vergleich zum Vorjahr.
Die Einwohner Kasachstans haben heute eine Lebenserwartung von durchschnittlich 68 Jahren, der Trend ist positiv. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind mit Abstand die häufigste Todesursache, gefolgt von Krebs. Die Krebsbekämpfung steht momentan auch im Fokus der staatlichen Gesundheitspolitik. Laut Branchenbericht von Germany Trade and Invest (gtai) will Kasachstan im Rahmen eines Onkologieprogrammes von 2014 bis 2016 alle Regionen mit Geräten zur Diagnose von Speiseröhren-, Magen-, Leber- und Prostatakrebs ausstatten. Dafür werde der Staat 640 Mio. US-Dollar bereitstellen.
Für das von 2011 bis 2015 laufende Programm zur Entwicklung des Gesundheitswesens stehen insgesamt rund 2,5 Mrd. US-Dollar zur Verfügung. Das Geld soll unter anderem verwendet werden, um Vorsorgemaßnahmen zu fördern und unterversorgte Regionen besser mit Medizintechnik auszustatten. Weitere Schwerpunkte sind neben der Verbesserung der Diagnostik und Versorgung bei Herz-Kreislauf-, onkologischen und endokrinen Erkrankungen die Modernisierung der Akutversorgung, der Aufbau von Rehabilitationszentren sowie eine stärkere Ausrichtung auf ambulante Behandlungen.
„Wir sehen in dieser Region ein dynamisches Wachstumspotenzial für das Exportgeschäft von Medizintechnik ‚Made in Germany‘“, sagt Claudia Röttger-Lanfranchi, die Geschäftsführerin der Wilamed GmbH in Kammerstein; zudem verfüge Kasachstan über eine enorme Signalwirkung auf angrenzende Staaten wie Kirgisistan oder Usbekistan. Wilamed produziert medizinische Geräte und Zubehör für die invasive und nicht-invasive Beatmung. 2011 beteiligte sich das mittelfränkische Unternehmen erstmals im Rahmen des deutschen Pavillons an der Kazakhstan International Healthcare Exhibition (KIHE). Die Fachmesse, die jährlich in Almaty stattfindet, der größten Stadt des Landes, hat sich als bedeutendste Medizinfachmesse in Zentralasien etabliert. Aufgrund der positiven Resonanz hat Wilamed die Aktivitäten vor Ort weiter verstärkt und ist dabei, ein Fachhändlernetzwerk aufzubauen.
Das breite Produktspektrum der Wilamed GmbH stößt in Kasachstan auf reges Interesse – von Beatmungsgeräten und nCPAP-Therapiegeräten für Früh- und Neugeborene über Atemgasbefeuchter bis zu Verbrauchsmaterialien wie Patientenschlauchsystemen. Da medizintechnische Produkte registriert sein müssen, sei ein enger Kontakt zu den Fachministerien sowie den Industrie- und Handelskammern notwendig, betont Claudia Röttger-Lanfranchi. Als klassisches mittelständisches Unternehmen nutze Wilamed das Leistungsspektrum der Delegation der Deutschen Wirtschaft für Zentralasien, die in Almaty eine Repräsentanz hat.
„Ein Problem stellt in Kasachstan die aktuelle Fachkräftesituation dar“, sagt die Wilamed-Geschäftsführerin, schließlich müsse modernste Technologie ordnungsgemäß und effektiv bedient werden. Sie sei jedoch zuversichtlich, dass das aufstrebende Land dieses Problem in den Griff bekommt.
Die rasante Entwicklung des Landes, seine geografische Lage und das hohe Potenzial des Marktes machen Kasachstan auch für die Söring GmbH in Quickborn interessant. Das weltweit agierende Familienunternehmen aus Schleswig-Holstein, das auf medizintechnische Geräte für die Ultraschall- und Hochfrequenz-Chirurgie spezialisiert ist, hat 2012 in Almaty ein Repräsentativbüro mit technischem Service-Support eröffnet.
„In 90 % aller in den letzten acht Jahren neu gebauten Krankenhäuser stehen Geräte von Söring“, sagt Sergej Günter, Head of Sales für Osteuropa und die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten. Gefragt seien vor allem Ultraschall-Instrumente für die Wirbelsäulen-, Leber- und Neurochirurgie oder Hochfrequenz-Generatoren für die Elektrochirurgie. Von allen post-sowjetischen Republiken sei Kasachstan gesellschaftlich wie wirtschaftlich am modernsten entwickelt und ständig auf Annäherungskurs zu Europa. Viele Krankenhäuser würden neu ausgestattet, entsprechend stark sei die Nachfrage nach neuen Technologien.
Allerdings werde es in absehbarer Zukunft nicht mehr die teils atemberaubenden Umsätze geben, und die Krise in der Ukraine erschwere die aktuelle Lage, ergänzt der Vertriebsexperte von Söring. Erneuerungsbedarf werde aber weiterhin bestehen, und die Zahl privater Kliniken, die modernste Technologien implementieren, wachse. Zudem sei der Markteinstieg heute viel leichter als noch vor einigen Jahren. Es komme darauf an, die richtigen Mitarbeiter zu finden und ein gutes Miteinander mit den Geschäftspartnern zu pflegen. „Wenn einer in Kasachstan als Freund angenommen wird, ist diese Freundschaft für immer“, sagt Sergej Günter. Als gebürtiger Kasachstaner weiß er, wovon er spricht.
Bettina Gonser Freie Journalistin in Stuttgart
Weitere Informationen Zur Delegation der Deutschen Wirtschaft für Zentralasien: http://zentralasien.ahk.de Zum Gerätehersteller Söring: www.soering.com Zum Gerätehersteller Wilamed: www.wilamed.de

Ihr Stichwort
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Messe-Info
Die KIHE 2015 (Kazakhstan International Healthcare Exhibition) findet vom 13. bis 15. Mai in Almaty statt. Ausstellungsschwerpunkte sind unter anderem Elektromedizin/Medizintechnik, Labortechnik, Orthopädie und Rehabilitation, Krankenhausausstattung sowie medizinische Gebrauchs- und Verbrauchsartikel.
Der offizielle deutsche Länderpavillon wird von der Gima International Exhibition Group GmbH in Hamburg betreut, der deutschen Tochtergesellschaft des KIHE-Veranstalters ITE Group Plc in London.
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