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Größe wird ein entscheidendes Merkmal

Mergers & Acquisitions: Was für Firmenübernahmen in der Medizintechnik derzeit typisch ist
Größe wird ein entscheidendes Merkmal

Warum es sich jetzt lohnt, über den Zukauf von Know-how oder den Verkauf des eigenen Unternehmens nachzudenken, zeigt eine Studie. Darin zeichnen sich drei Hauptgründe für die Veränderungen ab, die den Markt gerade prägen.

Übernahmewellen führen in verschiedenen Branchen immer wieder dazu, dass sich das Angebot im Markt konsolidiert. Bekanntestes Beispiel ist hierzulande sicherlich die Automobilzulieferindustrie: Hier schlossen sich zu Beginn des Jahrtausends zunächst kleine Nischenanbieter zu mittelgroßen Systemlieferanten zusammen. Angesichts der anhaltenden Internationalisierung setzte sich dieser Prozess in der Folge fort. Die Anzahl der deutschen Automobilzulieferer hat sich dabei nahezu halbiert, während sich die Durchschnittsgröße der verbliebenen Unternehmen stetig vergrößert.

Eine solche Konsolidierungsdynamik kann man historisch in sehr vielen Branchen nachzeichnen, und es gibt gewichtige Gründe, warum dies für die Medizintechnik auch gelten wird. Der Medizintechnikmarkt in der DACH-Region ist zwar bis heute sehr stark fragmentiert, befindet sich aber im ansteigenden Bereich einer größeren, international getriebenen Übernahmewelle.
Prominente jüngere Transaktionen sind die Übernahme von Berchtold durch Stryker oder von Trumpf Medical durch Hill-Rom. Dies sind aber keine Einzelfälle, sondern nur zwei Beispiele von etwa 80 Firmenübernahmen, die bis Ende 2014 in der deutschsprachigen Medizintechnik-Industrie stattgefunden haben werden. Vergleicht man diesen Wert mit den Zahlen aus dem Vorjahr, verzeichnet man einen deutlichen Anstieg von über 40 Prozent.
Es ist auch davon auszugehen, dass dieser Trend noch einige Jahre andauern und zu einer starken Verdichtung der Herstellerstruktur führen wird. Denn die meisten deutschsprachigen Medizinproduktehersteller sind heute schlichtweg zu klein, um auch zukünftig wettbewerbsfähig agieren zu können. Von den etwa 1200 deutschen Herstellern zum Beispiel haben mehr als 750 Unternehmen weniger als 50 Mitarbeiter.
Für den beschrieben Zwang zur Größe gibt es vor allem drei wesentliche Treiber: neue Innovationsfelder, die qualitative Veränderung der Nachfrage sowie die Regulierung. Während bisher kleine bis kleinste Nischenanbieter relativ isoliert voneinander existierten konnten, geht der Trend nun zur nischenübergreifenden Integration. Einzelprodukte werden in Systeme oder Lösungen integriert, was auch die begleitenden Dienstleistungen einschließt. Diese Entwicklung lässt sich zum Beispiel bei der jüngsten Akquisition von Straumann erkennen. Um das neu entwickelte Segment für preisgünstigen Zahnersatz zu stärken, hat der Hersteller im Oktober 2013 das hauptsächlich im Prothetik-Geschäft tätige Unternehmen Medentika übernommen.
Häufig geht es bei solchen Integrationsbewegungen verstärkt um „neue“ Schlüsseltechnologien, wie IT, Pharma, Sensorik oder Biowerkstoffe. Um diese meist anspruchsvollen Techniken zu beherrschen und für sich zu nutzen, bedarf es nicht nur spezifischen Wissens. Es ist auch Aufwand damit verbunden, und das dabei eingegangene Risiko ist meist ebenfalls enorm. Daher ist es für einen Anbieter sinnvoll, die komplementären Produkte oder auch Technologien eventuell durch Zukauf zu erwerben.
Der zweite Konsolidierungstreiber ist die qualitative Veränderung der Nachfrage. So ist es in den vergangenen Jahren zu einer starken Zentralisierung gekommen – teilweise krankenhausgruppenübergreifend. Ziel der Käufer ist es, möglichst viele Produkte aus einer Hand zu beziehen. Gleichzeitig reagieren die Anwender der Medizinprodukte verstärkt preissensibel. Daher ist in einem solchen Umfeld die Größe eines Herstellers nicht nur im Hinblick auf ein möglichst komplettes Produktspektrum relevant, sondern auch, um Skaleneffekte zu erzielen. Erst das versetzt ein Unternehmen in die Lage, international wettbewerbsfähige Preise anbieten zu können.
Als dritter wesentlicher Konsolidierungstreiber ist schließlich der anhaltende Trend zur strengeren Regulierung zu nennen. Die hiermit verbundenen wachsenden Anforderungen an das Qualitätsmanagement bringen letztendlich steigende Fixkosten mit sich, denen ein größeres Unternehmen besser begegnen kann als ein kleineres.
Bereits heute kann man die Folgen dieser Tendenzen am Transaktionsmarkt deutlich erkennen. So hat nicht nur die Frequenz der Unternehmensübernahmen stark zugenommen, sondern es haben sich auch die Motive verschoben. Dominierten in der Vergangenheit vor allem internationale Transaktionen, mit denen sich die Käufer neue Vertriebsregionen erschlossen, lässt sich im Zeitverlauf eine steigende Bedeutung des Technologiezukaufs feststellen. So stand dieses Motiv im Jahr 2012 noch bei 27 % der Transaktionen im Vordergrund, während im Jahr 2013 dieser Prozentsatz bereits auf 32 % angestiegen ist. Ähnliches gilt für das M&A-Motiv „Erweiterung des Produktportfolios“, welches die letzten Jahre ebenfalls überproportional in Erscheinung getreten ist. Derzeit spielt es ebenfalls bei fast einem Drittel aller Transaktionen eine Rolle.
Die beschriebenen Entwicklungen werden voraussichtlich die typische Unternehmensgröße und das gängige Geschäftsmodell von Medizintechnikherstellern stark verändern. Daher wird es in Zukunft insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen der Medizintechnikbranche wichtig, eine so genannte „Merger & Acquisition“-Strategie (M&A) zu definieren und umzusetzen. Eine mögliche Überlegung dabei ist sicherlich auch, angesichts des aktuell im Transaktionsmarkt günstigen Zeitpunkts einen Verkauf des gesamten Unternehmens zu erwägen.
Dem derzeit zu beobachtenden Konsolidierungskurs in der Branche proaktiv zu begegnen, erfordert starke Veränderungsbereitschaft und die Entschlossenheit, auch unternehmerisch verantwortungsvoll zu handeln. Gerade bei eigentümergeführten Unternehmen stellt sich die Frage, wie sie diesen Herausforderungen begegnen können und wollen. Fehlen die Kraft oder das Kapital, um selbst aktiv die Konsolidierung zu treiben, ist eventuell der Zeitpunkt für die Nachfolgeregelung gekommen. Denn ist das Unternehmen in seiner jetzigen Größe gesund und profitabel, hat es gerade in der heutigen Zeit einen hohen Wert.
Interessierte Käufer gibt es derzeit mehr als genug, da nicht nur strategisch motivierte Investoren den Markt beobachten, sondern auch vermehrt Finanzinvestoren. Das führt bereits heute zu hohen beobachtbaren Unternehmensbewertungen, die je nach Segment typischerweise Werte zwischen 7x und 10x EBITDA aufweisen können.
Dr. Karsten Zippel Aquin & Cie., München
Weitere Informationen Aquin & Cie. hat eine Studie zu den Konsolidierungstrends und Unternehmensbewertungen in der Medizintechnik in der DACH-Region verfasst. Diese Studie kann angefordert werden mit einer E-Mail an medtech@aquin-cie.com Über das Beratungsunternehmen: www.aquin-cie.com
Anwender von Medizinprodukten zeigen sich derzeit verstärkt preissensibel

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