Startseite » Markt » Aus der Branche »

Anders als die anderen

Employer Branding: Einsatz für den guten Ruf führt zu messbaren Erfolgen
Anders als die anderen

Anders als die anderen
Mit der Schokoladenseite des Unternehmens positiv auffallen, die Mitarbeiter mitreißen und jedem sagen, was in dieser Firma besser ist als in allen anderen. Darum geht es beim Employer Branding, und das soll den Betrieb voranbringen. Das funktioniert – nachweislich, wie die Praxis zeigt.

Die Branche hat ein Problem – Fachkräftemangel. Eine mögliche Lösung wurde schon erfunden – Employer Branding. Aber die strategisch geplante und langfristig ausgelegte Arbeit am guten Ruf eines Unternehmens als Arbeitgeber hat in Deutschland noch nicht wirklich Schule gemacht.

„Das ist sehr schade“, sagt Nadine Dusberger, Executive Director in der Gesundheitskommunikation bei der PR-Agentur Edelman GmbH in Frankfurt am Main. „Zumal man den Erfolg von Employer Branding inzwischen messen kann: Die steigende Retentionsrate der Mitarbeiter und deren höhere Motivation, um nur zwei Faktoren zu nennen, haben einen positiven Einfluss auf den Unternehmenserfolg, der sich sogar im Umsatz niederschlägt.“ In einem US-amerikanischen Handelsunternehmen beispielsweise habe eine 0,1%ige Steigerung der Mitarbeitermotivation pro Shop rund 100 000 US-$ mehr Umsatz gebracht. Jährlich.
Dabei ist Employer Branding eigentlich keine neue Idee. Vielmehr bezeichnet dieser in den USA in den 90er Jahren geprägte Begriff einen klassischen Markenaufbauprozess: Mit der Arbeitgebermarke soll das Einzigartige genau dieses Unternehmens für Mitarbeiter und Bewerber ausgedrückt und bekannt gemacht werden.
Wenn die Botschaft stimmt und von allen Beteiligten – inklusive der obersten Chef-Etage – ehrlich gemeint ist, wirkt sie sich vielfältig aus. Kurz- bis mittelfristig steigere das die Identifikation und damit die Motivation der Mitarbeiter, die auch als Markenbotschafter für das Unternehmen auftreten, erläutert Dusberger. Das mache den Arbeitgeber attraktiver, so dass es mittel- bis langfristig einfacher werde, den ersehnten Nachwuchs an Fachleuten zu finden und zu halten.
Dieses Phänomen ließe sich gut auf die deutsche Medizintechnik-Branche übertragen und stärker nutzen, davon ist die Expertin überzeugt. Denn genau diese Branche hat sie im vergangenen Jahr in der Abschlussarbeit für ihren Post-graduate-Communications-Master unter die Lupe genommen, hat den Einfluss von Employer Branding auf den langfristigen Erfolg von Unternehmen untersucht. Dabei hat Dusberger die Erkenntnis gewonnen, dass einige Unternehmen entsprechende Konzepte angehen und dabei gute Resultate erzielen. Aufwand stecke schon dahinter: Drei bis sechs Monate müsse man für die Vorbereitung mindestens rechnen, eine kleinere oder größere sechsstellige Summe – Personalkosten eingerechnet – für den Start investieren und weitere laufende Kosten und Kapazität für langfristige Maßnahmen und auch für das Messen der Resultate einkalkulieren. Auf der Haben-Seite stünden dafür aber in der Regel ein geringerer Aufwand für die Rekrutierung geeigneter Mitarbeiter und eine größere Auswahl von Leistungsträgern, die im Unternehmen bleiben und etwa auch als Führungsnachwuchs zur Verfügung stehen.
Dass sich die Beschäftigung mit dem Thema lohnt, ist auch die Meinung von Sabina Ufferheide. Sie betreut das Employer-Branding-Programm bei Dräger in Lübeck und hat das dahinter stehende Konzept entwickelt, umgesetzt und inzwischen ausgebaut. „Wir haben schon im Jahr 2006 angefangen, uns mit Employer Branding zu befassen“, erinnert sich Ufferheide. Damals habe sich ein drastischer Rückgang bei den Bewerbungen abgezeichnet, dem etwas entgegengesetzt werden sollte. „Die ersten beiden Jahre haben wir der intensiven Recherche und Konzeption sowie der Entwicklung einer strukturierten Vorgehensweise gewidmet, da zu dieser Zeit wenig Praktisches über Employer Branding zu finden war.“ 2008 war das Konzept beschlussreif und wurde in den folgenden Jahren umgesetzt.
Inzwischen hat sich der Erfolg eingestellt. Die Zahl der Bewerbungen beispielsweise hat sich verdoppelt. „Wobei es mir weniger auf die Zahl allein ankommt als vielmehr darauf, dass sich mehr Menschen bei uns melden, die fachlich und persönlich sehr gut zu uns passen.“ Das führt Ufferheide darauf zurück, dass das Unternehmen mit dem Leitsatz „Technik für das Leben“ heute viel deutlicher kommuniziert als früher, worum es bei der täglichen Arbeit geht und was die Mitarbeiter motiviert – dass es sich nämlich lohnt, für eben diese Technik zum Beispiel im OP-Umfeld zu arbeiten, weil sie hilft, Leben zu retten, zu schützen und zu unterstützen.
Das auf allen Kommunikationswegen zu verbreiten, zeichne ein klareres Bild davon, was ein Mitarbeiter von seinem zukünftigen Arbeitgeber zu erwarten habe und was dieser sich von den Mitarbeitern und Bewerbern wünsche.
Das sei zwar auch vor dem Employer-Branding-Projekt kein Geheimnis gewesen. „Wir haben in der Planung festgestellt, dass wir in den Köpfen der Menschen sehr wohl schon eine Identität hatten, die auch zu uns passte – aber insgesamt kannten uns zu wenige. Das hat sich erfreulicherweise geändert“, sagt Ufferheide. Damit das so bleibt, sind die Lübecker selbst in wirtschaftlich schwächeren Zeiten mit ihren Auftritten präsent. Und Mitarbeiter, die auf Messen das Unternehmen repräsentieren, transportieren die Botschaft auch durch ihr Verhalten.
Mit einem Projekt und einer Kampagne allein ist die Arbeit allerdings nicht getan, denn das Engagement für Employer Branding ist auch für Dräger eine langfristige strategische Entscheidung. „Wir leben in einer Zeit, in der sich vieles schnell ändert: die Kommunikationsweise, die Anforderungen der Bewerber, die zum Beispiel zunehmend Wert auf eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf legen. Daher“, betont Ufferheide, „müssen wir unsere Zielgruppe und deren Wünsche mehr als früher im Blick haben, weil sich der Bewerbermarkt einfach geändert hat.“ Zu wissen, was die Bewerber erwarten, ist das eine. Zum Beispiel muss die Kommunikation zeitgemäß sein, müssen geeignete Informationen auch über Social Media zu Verfügung stehen. In diese Richtung wird das Employer Branding gerade ausgebaut. Aber auch die Mitarbeiter werden regelmäßig befragt, wie sie ihren Arbeitgeber sehen – das zeigt, ob Wirklichkeit, das gezeichnete Bild und die Erwartungen von außen noch zusammenpassen. Alle vier bis fünf Jahre werde die Arbeitgeberkampagne überprüft und gegebenenfalls angepasst, sagt Ufferheide. „Unser Arbeitgeberversprechen ,Dafür lohnt es sich zu arbeiten‘ allerdings, mit dem wir uns von anderen abheben, werden wir beibehalten.“
Dass Employer Branding nicht nur in der Konzern-Liga eine Rolle spielt, betont PR-Fachfrau Dusberger. „Gerade in kleinen Unternehmen gibt es ein ausgeprägtes Bewusstsein dafür, dass etwas für die eigene Bekanntheit und das Bild in der Öffentlichkeit getan werden muss“, sagt sie . Kreative Ideen dazu gebe es Zuhauf. Selbst kleine Betriebe könnten positiv auffallen. „Auch wenn man sich meiner Ansicht nach für Employer Branding als Ganzes entscheiden muss und ein häppchenweises Umsetzen nicht viel bringt: Die Maßnahmen selbst müssen nicht immer der ganz große Wurf mit riesigem Budget sein.“ Wichtig sei, dass alle Aktivitäten aufeinander abgestimmt werden. Die bisher zu wenig bekannte Tatsache, dass die Ergebnisse dieser Bemühungen grundsätzlich messbar sind, würde im Management so mache Entscheidung für einen Projektstart erleichtern.
Interessanterweise hat Dusberger im Rahmen ihrer Masterarbeit beobachtet, dass sowohl dort, wo schon gemessen, als auch dort, wo noch mit dem Bauch gefühlt wird, die gleichen Maßnahmen als erfolgreich bewertet wurden:
  • der direkte Kontakt mit Bewerbern, sei es auf Karrieremessen, im Vorstellungsgespräch, im Rahmen des Hochschulmarketings oder bei Kongressen,
  • die Netzwerkrekrutierung – sprich das Ergebnis der Mundpropaganda durch überzeugte Mitarbeiter,
  • eigene Karriereseiten und die Präsenz in Jobbörsen sowie
  • Veranstaltungen wie ein Tag der offenen Tür.
„Das alles funktioniert aber nur dann gut, wenn bei der Entwicklung eines Employer-Branding-Konzeptes Mitarbeiter aus allen Abteilungen mitreden und bei der Umsetzung die entscheidenden Leute aus Marketing, Kommunikation und Personalbereich an einem Strang ziehen.“
Aber selbst für eine überzeugte Verfechterin des Employer Branding wie Nadine Dusberger gibt es Konstellationen, unter denen dieses Konzept – zumindest zeitweilig – nicht in Frage kommt. „Wenn ein Verkauf oder eine Fusion anstehen, sollte man diesen Prozess auf jeden Fall abschließen und erst dann an einer gemeinsamen Marke arbeiten.“ Auch größere Baustellen bei der internen Kommunikation oder den Abläufen sind ein Hindernis. Solange zum Beispiel die Standard-Abläufe in der Personalabteilung noch nicht reibungslos funktionierten, würde jede Maßnahme zum Employer Branding verpuffen. „Aber sobald diese Dinge geklärt sind, lohnt sich die Mühe auf jeden Fall.“
Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de
Sinkende Bewerberzahlen brachten den Stein ins Rollen

Ihr Stichwort
  • Fachkräftemangel
  • Arbeitgebermarke
  • Messbarkeit von Employer Branding
  • Bewertungsportal für Unternehmen

  • Noten für Arbeitgeber
    Wissen Sie, was Mitarbeiter, Azubis und Praktikanten über Ihr Unternehmen denken? In Plattformen wie Kununu.com wird das verbreitet. Wer das Unternehmen kennengelernt hat, bewertet es unter anderem in Bezug auf Betriebsklima, Aufstiegschancen und Gehalt. Dadurch bekommen Jobsuchende einen Einblick aus erster Hand. Mehr als 240 000 Mitarbeiter aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben solche Bewertungen bereits abgeben, und Informationen zu rund 75 000 Unternehmen stehen bereit. Auch Arbeitgeber können sich mit Profilen für Employer Branding präsentieren.
    Kununu mit Sitz in Wien wurde im Jahre 2007 gegründet. Mit rund 3 Millionen Seitenaufrufen pro Monat ist es nach eigenen Angaben die marktführende Plattform für Arbeitgeberbewertungen im deutschsprachigen Raum. Die Hamburger Xing AG hat zum 1. Januar 2013 die Kununu GmbH übernommen und mit Vertragsunterschrift rund 3,6 Mio. Euro an die Verkäufer gezahlt. In Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren, insbesondere dem Umsatz- und der EBITDA-Entwicklung von Kununu in den Jahren 2013 bis 2014, können bis Februar 2015 weitere Zahlungen folgen. Mit dem Erwerb des Marktführers für Arbeitgeber-Bewertungen im deutschsprachigen Raum erweitert Xing „die Wertschöpfungskette im eRecruiting- Geschäft um ein wichtiges Element“, heißt es aus Hamburg.
    Kununu-CEO Martin Poreda sieht den Erwerb durch Xing als logische Folge einer bereits bestehenden Zusammenarbeit: „Unsere nunmehr rund zweijährige Kooperation hat bewiesen, dass die Bündelung unserer Kräfte für beide Seiten einen äußerst positiven Effekt hat. Gemeinsam können wir mehr, sind schneller und erreichen mehr Kunden. Wir wollen eine neue Ära für den Karrieresektor und für die Jobsuche einläuten, in der Arbeitgeberbewertungen die neue Währung des Employer Brandings sind.“
    Unsere Webinar-Empfehlung
Aktuelle Ausgabe
Titelbild medizin technik 2
Ausgabe
2.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Titelthema: PFAS

Medizintechnik ohne PFAS: Suche nach sinnvollem Ersatz

Alle Webinare & Webcasts

Webinare aller unserer Industrieseiten

Aktuelles Webinar

Multiphysik-Simulation

Medizintechnik: Multiphysik-Simulation

Whitepaper

Whitepaper aller unserer Industrieseiten


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de