Patienten auf der Intensivstation stehen unter genauer Beobachtung: Puls, Blutdruck und Blutsauerstoffsättigung werden laufend gemessen und bei Bedarf Alarm ausgelöst. Prognosen zur Entwicklung des Zustands oder lebensbedrohliche Veränderungen sind dennoch kaum weit im Voraus zu erkennen.
Forscher der Schweizer ETH Zürich und des Inselspitals, Universitätsspital Bern, haben nun eine Methode entwickelt, welche die Vitalwerte sowie weitere medizinisch relevante Informationen über einen Patienten kombiniert. Dadurch kann ein kritisches Kreislaufversagen mehrere Stunden vor dem Eintreten vorausgesagt werden, um dann mit frühzeitigen Maßnahmen Leben zu retten.
Entwickelt wurde der Ansatz auf der Basis umfangreicher Daten der Universitätsklinik für Intensivmedizin des Inselspitals. Diese begann 2005 als erste große Intensivstation in der Schweiz, detaillierte und zeitlich hochaufgelöste Daten von Intensivpatienten in digitaler Form zu speichern. Daten von 36 000 Aufenthalten auf der Intensivstation wurden in anonymisierter Form mit Methoden des maschinellen Lernens analysiert. „Die so entwickelten Algorithmen und Modelle konnten im genutzten Datensatz 90 Prozent aller Kreislaufversagen vorhersagen. In 82 Prozent aller Fälle erfolgte die Vorhersage mindestens zwei Stunden im Voraus, womit den Ärzten Zeit für eine Intervention geblieben wäre“, sagt Gunnar Rätsch, Professor für Biomedizininformatik an der ETH Zürich.
„Wir konnten zeigen, dass bereits zwanzig Messgrößen für eine genaue Vorhersage ausreichen“, erklärt Karsten Borgwardt, Professor für Data Mining an der ETH Zürich. Dazu gehören unter anderem Blutdruck, Puls, verschiedene Blutwerte, das Alter sowie die verabreichten Medikamente.
Ein Prototyp des Systems existiert bereits. Dessen Verlässlichkeit muss nun in klinischen Studien nachgewiesen werden.