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Maschine rettet Spenderleber für Transplantation

Perfusionsmaschine
Spenderleber in Maschine behandelt, danach transplantiert

Spenderleber in Maschine behandelt, danach transplantiert
Um die Spenderleber an die Perfusionsmaschine anzuschließen, arbeitet das Wyss Zurich-Team im Reinraum (Bild: USZ)
In einer eigens entwickelten Perfusionsmaschine überlebt ein Organ, die Leber, länger als ein paar Stunden. So lässt sich eine gespendete Leber in Ruhe so lange behandeln, bis sie alle Voraussetzungen für eine Transplantation erfüllt.

Was in der Medizingeschichte bisher unerreicht blieb, ist in Zürich gelungen: Das multidisziplinären Zürcher Forschungsteam Liver4life behandelte eine ursprünglich geschädigte Spenderleber drei Tage außerhalb eines Körpers in einer Maschine. Danach setzten die Forscher das erholte Organ einem krebskranken Patienten ein. Ein Jahr später ist der Patient wohlauf.

Perfusionsmaschine: körperähnliche Umgebung für die Leber vor der Transplantation

Wesentlichen Anteil am Gelingen dieses Heilversuchs hat eine Perfusionsmaschine, die das Forschungsteam Liver4Life selbst entwickelt hat. Die Maschine imitiert den menschlichen Körper möglichst genau, um einer Spenderleber ideale Bedingungen zu bieten. Eine Pumpe dient als Herzersatz, ein Oxygenator ersetzt die Lungen und eine Dialyseeinheit die Nieren. Daneben übernehmen zahlreiche Hormon- und Nährstoffinfusionen die Funktionen des Darms und der Bauchspeicheldrüse. Wie das Zwerchfell im menschlichen Körper bewegt die Maschine zudem die Leber im Takt der menschlichen Atmung.

Im Januar 2020 zeigte das multidisziplinäre Zürcher Forschungsteam – eine Zusammenarbeit von Universitätsspital Zürich (USZ), ETH Zürich und Universität Zürich (UZH) – erstmals, dass es dank der Perfusionstechnologie möglich ist, eine Leber mehrere Tage außerhalb des Körpers aufzubewahren.

Leber vor der Transplantation mit Medikamenten behandelt

In der Maschine bereitete das Team die Leber mit diversen Medikamenten auf. So konnte die Leber in ein gutes Spenderorgan umgewandelt werden, obwohl sie ursprünglich aufgrund ihrer mangenden Qualität nicht für die Transplantation freigegeben war.

Die mehrtägige Perfusion, also die maschinelle Durchblutung des Organs, ermöglicht beispielsweise antibiotische oder hormonelle Therapien oder das Optimieren des Leberstoffwechsels. Zudem können langwierige Labor- oder Gewebeuntersuchungen ohne Zeitdruck gemacht werden. Unter normalen Umständen ist dies nicht möglich, weil Organe mit der herkömmlichen Lagerung auf Eis und den handelsüblichen Perfusionsmaschinen lediglich für zwölf Stunden aufbewahrt werden können.

Transplantation: Krebspatient bekam die erste behandelte Leber

Die Ärzte boten im Rahmen eines bewilligten individuellen Heilversuchs einem Krebspatienten auf der Swisstransplant-Warteliste an, die behandelte Spenderleber einzusetzen. Nach dessen Zustimmung wurde das Organ im Mai 2021 transplantiert. Der Patient konnte wenige Tage nach der Transplantation das Spital verlassen und ist heute wohlauf: „Ich bin sehr dankbar für das lebensrettende Organ. Aufgrund meines rasch fortschreitenden Tumors hatte ich geringe Chancen, innert nützlicher Frist eine Leber von der Warteliste zu erhalten.“

Der Beitrag über die erstmalige Transplantation einer in der Perfusionsmaschine aufbereiteten Leber ist am 31.05.2022 im Wissenschaftsjournal Nature Biotechnology erschienen. „Unsere Therapie zeigt, dass es mit der Behandlung von Lebern in der Perfusionsmaschine möglich ist, den Mangel an funktionsfähigen Spenderorganen zu mildern und Leben zu retten“, erklärt Prof. Pierre-Alain Clavien, Direktor der Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie am Universitätsspital Zürich (USZ). Prof. Mark Tibbitt, Professor für Makromolekulares Engineering an der ETH Zürich, ergänzt: „Die in diesem Projekt gelebte interdisziplinäre Herangehensweise zum Lösen von komplexen biomedizinischen Herausforderungen ist die Zukunft in der Medizin. So können wir neue Erkenntnisse noch schneller für die Behandlung der Patientinnen und Patienten nutzen.“

Multizentrische Studie geplant – Maschine weiter entwickeln

Der nächste Schritt im Liver4Life Projekt besteht darin, das Verfahren in weiteren Fällen zu überprüfen und die Wirksamkeit und Sicherheit in Form einer multizentrischen Studie zu zeigen. Künftig würde damit eine Lebertransplantation, die zumeist ein Notfalleingriff darstellt, in einen planbaren Wahleingriff verwandelt. Parallel dazu wollen die Forscher eine nächste Generation der Maschinen entwickeln. Daneben wird in der Grundlagenforschung weiterhin nach Wegen gesucht, weitere Lebererkrankungen außerhalb des Körpers mit Medikamenten, Molekülen oder Hormonen zu behandeln.

Liver4Life: Ein Wyss Zurich Projekt

Das Projekt Liver4Life ist 2015 unter dem Dach des Wyss Zurich Translational Center (Wyss Zurich) entstanden. Es bringt das technische Know-how und das biomedizinische Wissen von rund zehn Medizinern, Biologen und Ingenieuren zusammen. Finanziert ist das Projekt mit Spenden des Initiators von Wyss Zurich, Dr. h.c. mult. Hansjörg Wyss.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. med.Pierre-Alain Clavien
Direktor Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie am Universitätsspital Zürich

Dr. Max L. Hefti
Projektleiter Liver4Life
Wyss Zurich Translational Center (ETH Zürich / Universität Zürich)

www.usz.ch

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