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Zehn auf einen Streich

Präzisionsgleitschleifen: Oberflächen- und Kantenfinish in einem Schritt
Zehn auf einen Streich

Mit dem Präzisionsgleitschleifen lassen sich Oberflächen und Kanten bearbeiten, auch in schwer zu erreichenden Innenräumen. In einem einzigen Arbeitsgang kann der Anwender entgraten, entfetten, mattieren und vor Korrosion schützen. Und das bis zu zehnmal schneller als mit herkömmlichen Verfahren.

Ein makelloser optischer Eindruck, höchste Bediengenauigkeit, Funktionalität und Lebensdauer bestimmen maßgeblich Wert, Nutzerakzeptanz und damit den Markterfolg von Geräten und Instrumenten der Medizintechnik. Perfekte Oberflächen sprechen das ästhetische Empfinden des Benutzers an, präzise entfernte Grate und verrundete Kanten an den Einzelteilen tragen zusätzlich zu einer stabilen Funktion und verbesserten Handhabung sowie zur Verlängerung der Nutzungsdauer bei. Erreichen lassen sich diese Oberflächenqualitäten reproduzierbar in einem Arbeitsgang mit dem Präzisionsgleitschleifen, das die bisher übliche zeit- und kostenintensive manuelle und halbmaschinelle Bearbeitung von Oberflächen und Kanten von Funktionsteilen ablösen kann. Besonders deutlich treten die positiven Effekte hervor, wenn es sich um Teile mit komplizierten Oberflächenstrukturen oder schwer erreichbaren Innenräumen handelt.

Das Präzisionsgleitschleifen ist ein mechanisch-chemisches Verfahren zur Ober- flächen- und Kantenbearbeitung von feinmechanischen und Feinschneideteilen sowie spanend oder spanlos gefertigten Dreh-, Fräs-, Guss- und Stanzteilen – vorrangig aus Metall. Aber auch Werkstücke aus bestimmten Kunststoffen und Keramiken lassen sich mit diesem Verfahren vergüten. Gemeinsam mit den Schleifkörpern und einem Compound werden sie von einem Drehteller im runden Arbeitsbehälter der Maschine in eine schnelle Drehung von etwa 300 bis 350 min-1 versetzt. Die auftretenden Fliehkräfte und das unterschiedliche Trägheitsverhalten von Verfahrensmittel und Werkstück in der Strömung bewirken während der Umwälzung einen definierten Materialabtrag. Im Mikrometerbereich werden so Grate abgeschliffen und Kanten verrundet. Oberflächen erfahren eine Minimierung ihrer Rautiefe und damit eine Aufwertung ihres haptischen Eindrucks. Im Vergleich zum Trommelverfahren lassen sich die Bearbeitungszeiten auf etwa ein Zehntel reduzieren.
Die hierfür eingesetzten Schleifkörper, auch als Chips bezeichnet, sind zwischen 1 und 12 mm groß und in ihren Formen so vielfältig wie die zu bearbeitenden Werkstücke. Sie bestehen entweder aus Keramik oder aus Kunststoff. Der Gehalt der gebundenen Schleif- oder Polierminerale bestimmt ihre Abrasivität sowie die erzielbare Oberflächenglätte. Das Compound – eine Tensid- lösung – sichert im Zusammenwirken mit Wasser einen gleich bleibend optimalen Bearbeitungsprozess. Es säubert die Schleifkörper von Werkstoffabtrag und eigenem Abrieb, so dass deren Oberflächen unverändert abrasiv bleiben, nimmt alle diese Rückstände auf und transportiert sie ab. Daneben lassen sich durch weitere zugesetzte Substanzen beispielsweise Teile entfetten, ein Korrosionsschutz aufbringen oder durch saure Compounds Beizarbeiten ausführen – alles in einem Arbeitsgang.
Wichtig ist es, gerade bei neuen Bearbeitungsaufgaben, die notwendigen Prozessparameter als Kombination aus Rotationsgeschwindigkeit, Schleifkörpern mit optimaler Größe und Abrasivität sowie Compound zu finden. Gerade für Hersteller in der Medizingerätebranche, mit ihrem breit gefächerten und meist in kleineren Serien gefertigten Sortiment, kann sich hier die Wahl eines spezialisierten Dienstleisters lohnen. Aufgrund seiner Verfahrenskompetenz kann er die richtigen Parameter meist schneller finden. So ist auch sichergestellt, dass während des Präzisionsgleitschleifens die Maßhaltigkeit des Werkstücks erhalten bleibt.
Das Gleitschleifen zählt nach DIN 8589-0 zu den mit geometrisch unbestimmter Schneide spanenden Trennverfahren. Neben dem bereits beschriebenen Tellerfliehkraftverfahren werden das Trommelverfahren, Vibratoren und Schleppfinishanlagen zum Reinigen, Entgraten, Kanten verrunden, Polieren sowie zum Glätten, Passivieren und Mattieren eingesetzt. Dabei greifen alle Verfahren den natürlichen Vorgang auf, bei dem Wasser und Sand in Flüssen oder in der Meeresströmung aus kantigen Gesteinsbrocken gleichmäßig geglättete und abgerundete Kiesel schleifen.
Matthias Wetzel, Geschäftsführer der Matthias Wetzel Industriebeschriftungen GmbH, Jena

Ihr Stichwort
  • Oberflächenfinish
  • Kantenfinish
  • Oberflächenveredelung
  • Funktionsflächen
  • Präzisionsfertigung

  • Zehnmal schneller entgraten
    Das Präzisionsgleitschleifen erzeugt an Werkstücken grat- und rückstandsfreie, homogene und maßhaltige Oberflächen für technische oder auch dekorative Zwecke. Die Teile können danach entweder lackiert oder sofort weiter verarbeitet werden. Das Verfahren lässt sich in die Abläufe einer Serien- fertigung integrieren. Reproduzierbare Prozessresultate erlauben es, das Präzisionsgleitschleifen in Qualitätsmanagementsysteme einzubinden und zu zertifizieren. Verglichen mit dem Trommelverfahren reduzieren sich die Bearbeitungszeiten auf ein Zehntel. Präzisionsgleitschleifen zeichnet sich aus durch
    • seine breite Anwendbarkeit,
    • ein leichtes Verfahrenshandling,
    • seine Wiederholgenauigkeit.
    Es kann eingesetzt werden, um
    • Oberflächen und innen liegende und dadurch schwer erreichbare Stellen des Werkstücks wirtschaftlich und mit hoher Genauigkeit zu entgraten, zu schleifen, zu polieren und Kanten zu verrunden,
    • Oberflächen zu reinigen und gegebenenfalls vor Korrosion zu schützen,
    • Rautiefen zu minimieren.

    • Licht präzise leiten

      Das Präzisionsgleitschleifen lässt sich gut bei hochpräzisen Komponenten anwenden. Die Carl Zeiss Meditec AG, Jena, fertigt etwa auf einem CNC-Dreh-Fräsautomaten eine Steckverbindung aus X14-Stahl für Lichtwellenleiter am Visulas 532s, einem Gerät der Augenheilkunde. Hierbei sind einerseits Passungstoleranzen im Mikrometerbereich gefordert, um das Laserlicht sicher weiterleiten zu können. Das unkontrollierte Austreten von Laserlicht wird mit einer Sicherheitseinrichtung verhindert, die die Kreuzbohrungen nutzt. Dadurch ist die Faser-gesteckt-Erkennung erst möglich. Beim Bohren entsteht allerdings ein Grat, insbesondere an den innen liegenden Bohraustrittslöchern. Beim An- und Abstecken würde dies zwangsläufig zu Beschädigungen an der Faser führen. Das Präzisionsgleitschleifen macht es nun möglich, auch diese innen liegenden Grate zu entfernen. „Die Zeichnungstoleranzen bleiben dadurch unbeeinflusst“, berichtet Konstrukteur Frank Lümkemann. Grate und scharfe Kanten würden definiert gebrochen, die Gesamt-Rautiefe des Bauteils innerhalb der Toleranzen weiter minimiert. „Mir ist kein äquivalentes Verfahren bekannt, welches gerade bei den Mikrograten im schwer zugänglichen Innern mit vergleichbarem wirtschaftlichen und technischen Aufwand diesen Bearbeitungseffekt erzielen kann.“ Zusätzlich dokumentiere der Zulieferer alle Prozessparameter für einen späteren Zugriff. So erlange auch der Endproduzent dank der hohen Wiederholgenauigkeit indirekt Sicherheit in seinen weiteren Prozessen.
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