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„Wir können Stahl und Keramik nun viel leichter kombinieren“

3D-CAD/CAM-Lösung: Reproduzierbarkeit öffnet neue Perspektiven
„Wir können Stahl und Keramik nun viel leichter kombinieren“

Über Freiformflächen an Chirurgie-Instrumenten kam Lawton Medizintechnik zur 3D-CAD/CAM-Lösung Catia von Dassault Systèmes. Pluspunkte sind für Geschäftsführer Reiner Haag die reproduzierbare Qualität und neue Möglichkeiten im Vertrieb.

Herr Haag, warum setzt ein Mittelständler ein High-End-CAD/CAM-System wie Catia ein?

Nach zehn Jahren 2D-CAD wollten wir in die 3D-Technologie einsteigen. Ausschlaggebend war letztlich, dass sich in Catia Freiformflächen am besten modellieren lassen. Das ist gerade bei unseren chirurgischen Instrumenten besonders wichtig, da die mehrfach gekrümmten Flächen der Griffe direkt die Ergonomie beeinflussen – hier können wir keine Kompromisse eingehen. Wir müssen den ergonomisch günstigsten Griff abbilden können. Ein weiteres wichtiges Argument war für uns eine reproduzierbare Fertigungsqualität.
Könnten Sie das näher erläutern?
Die Herstellung chirurgischer Instrumente war früher sehr handwerklich geprägt. Seit etwa fünf Jahren haben wir aber den Schritt weg von einer eher künstlerisch individuellen zu einer reproduzierbaren Arbeitsweise mit CNC-Maschinen und Robotern gemacht. Das bietet uns zwei wesentliche Vorteile. Einerseits bei der Produktqualität. Hier ist auch heute noch viel Handarbeit erforderlich. So wird etwa eine Schere an Baumwolle und Latex getestet und von unseren Mitarbeitern gerichtet. Je präziser nun aber durch die computergesteuerte Fertigung die einzelnen Komponenten werden, desto weniger muss abschließend korrigiert werden. Andererseits eröffnet uns das auch neue technologische Möglichkeiten bezüglich der Materialwahl.
Wo besteht die Verbindung zwischen Fertigungsqualität und Materialwahl?
Innovative Instrumente verlangen beispielsweise die Kombination Metall und Keramik. So kann sich der Arzt in der Gefäßchirurgie noch besser auf seine Arbeit konzentrieren, wenn er mit ein und derselben Schere ein Gefäß durchtrennen und anschließend veröden, sprich die Blutung stoppen kann. Die Schere muss dazu einen bipolaren Hochfrequenz-Anschluss erhalten und Strom bipolar leiten können – eine reine Metallschere ist dafür also ungeeignet. Eine Lösung bietet aber die Kombination mit Keramik. Entsprechende Komponenten werden dazu mit den metallenen Bauteilen verklebt. Wenn man jetzt an das Richten der Instrumente denkt, ist klar, dass hier nur noch minimale Anpassungen möglich sind – sonst geht die Keramik schnell kaputt. Die reproduzierbar hohe Qualität der einzelnen Komponenten ist also eine Voraussetzung für die Kombination dieser beiden Materialien. Oder um noch einen Schritt weiterzugehen: Reproduzierbarkeit ist das Entree für neue Technologien.
Welche Vorteile hat Ihnen insbesondere der Umstieg auf die 3D-Technologie gebracht?
Die Möglichkeit, per Rapid Prototyping schnell ein Modell in der Hand zu haben. Auch hier lohnt sich ein Rückblick auf die früheren Abläufe der Chirurgiemechaniker. Basierend auf den Wünschen der Ärzte gab der Vertrieb die Anforderungen an die Mechaniker weiter, um zunächst ein Muster zu erstellen. Das dauerte einige Zeit und barg die Gefahr, dass Muster und Vorstellung des Arztes nicht deckungsgleich waren. Hier bringt uns die 3D-Technologie einen entscheidenden Schritt weiter, weil sie diesen Prozess beschleunigt und die Abstimmung mit den Kunden vereinfacht. Denn verglichen mit einer 2D-Zeichnung lässt sich eine 3D-Ansicht auch von Nichttechnikern viel intuitiver erfassen. Und sobald die 3D-Daten vorliegen, kann ich quasi über Nacht per Rapid Prototyping ein Modell erzeugen und dies dem Arzt in die Hand geben. Habe ich die 3D-Daten, ist das gar nicht so teuer.
Letztlich profitiert davon also auch der Vertrieb?
Ja, aus der Modellierung kommend nutzen wir Catia heute vor allem auch zur Vertriebsunterstützung, das ist ein klarer Schritt vorwärts für uns. Denn die früher eher isolierte Konstruktion kann nun viel enger mit unseren Vertriebsmitarbeitern zusammenarbeiten, das hat unsere Arbeitsweise viel stärker als gedacht verändert. Zwar ist das Erstellen des 3D-Modells im ersten Schritt ganz klar aufwendiger, aber alle Folgeprozesse profitieren davon. Vor allem können heute viele Schritte parallel erfolgen. So kann beispielsweise der Arzt schon sehr früh in der 3D-Ansicht erkennen, ob der Entwurf seinen Vorstellungen entspricht. Der erste Prototyp liegt damit viel näher beim Endprodukt. Durch die einfachere Kommunikation mit unseren Kunden können wir viel treffsicherer arbeiten. Das geht sogar über ein Handy.
Wie lässt sich das Telefon einbinden?
Bei der hohen Zahl unserer Produkte – insgesamt 15 000 – arbeiten wir viel mit Varianten. Wünscht ein Chirurg im Gespräch mit dem Vertriebs-Mitarbeiter nun eine neue Variante, genügt ein Anruf in der Konstruktion. Dort wird das entsprechende Modell schnell geändert und per 3dvia-Composer die 3D-Ansicht auf das Handy unseres Mitarbeiters geschickt. Der kann dann – innerhalb kürzester Zeit – dem Kunden das geänderte Modell dreidimensional zeigen, rotieren und zoomen eingeschlossen. Mit diesen neuen Möglichkeiten haben wir sogar die Erfahrung gemacht, dass sich der Absatz ankurbeln lässt. Eines unserer Standardprodukte, das wir bereits seit 60 Jahren verkaufen, wird nun zehn Mal häufiger nachgefragt, seitdem wir es bildlich darstellen können. Mit der 3D-Modellierung per Catia sind wir deshalb trotz des hohen Preises mehr als zufrieden, denn wir spielen jetzt nicht nur technologisch in einer anderen Liga.
Michael Corban Fachjournalist in Nufringen
Weitere Informationen www.3ds.com www.lawton.de
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