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Werkzeug aus Kunststoff ist in fünf Tagen verfügbar

Prototypenherstellung: Wie der 3D-Druck mit Photopolymeren die Entwicklungen beschleunigt
Werkzeug aus Kunststoff ist in fünf Tagen verfügbar

Aus Stahl oder Aluminium gefertigte Werkzeuge oder im 3D-Drucker hergestellte Prototypen sind bekannt. Aber es gibt auch einen Weg dazwischen, der die Entwicklung trotz vieler Änderungen schnell und vergleichsweise günstig macht.

Wie kommt ein Medizintechnikunternehmen am schnellsten und günstigsten zu Prototypen von Spritzgussteilen – vor allem dann, wenn klar ist, dass die Teile im Entwicklungsprozess noch die eine oder andere Änderung erfahren werden? Diese Frage musste das dänische Unternehmen Coloplast beantworten, das Produkte für die Wund-, Stoma- und Kontinenz-Versorgung sowie die Urologie anbietet. Die Dänen entschieden sich schließlich für eine Form, die weder aus Stahl noch Aluminium hergestellt wurde, sondern via 3D-Druck mit dem Polyjet-Verfahren aus Photopolymeren.

Die Technologie dafür bietet das US-amerikanische Unternehmen Diversified Plastics Inc in Minneapolis als Dienstleister an. Der Werkzeugbauer hatte für seine Kunden viele Jahre lang Werkzeuge aus Metall für die Prototypenfertigung hergestellt – mit den dafür üblichen Kosten und Vorlaufzeiten. Jedoch häuften sich die Anfragen nach einer Lösung für deutlich kürzere Entwicklungszeiten. „Zu diesem Zeitpunkt haben wir entschieden, in eine Polyjet-Anlage von Stratasys zu investieren, um Werkzeuge für Prototypen schneller und günstiger herstellen zu können“, sagt Annette Lund, Vice President bei Diversified Plastics.
Für Coloplast spielte der Zeitfaktor bei der Markteinführung eines neuen Produktes eine entscheidende Rolle. Statt sechs Wochen auf ein Metallwerkzeug zu warten, war die Perspektive verlockend, die Form aus Kunststoff innerhalb von fünf Tagen in der Hand zu haben. Das ermöglichte dem Entwicklerteam, Änderungen am Design des Produktes zu testen und die Struktur zu optimieren. „Auch bei den Kosten bietet der 3D-Druck deutliche Vorteile“, betont Joni Davis, Vertriebsmitarbeitern bei Diversified Plastics. „Während man für eine Form aus Stahl ungefähr 13 000 US-Dollar hätte ansetzen müssen, fielen für die Kunststoff-Form nur etwa 1500 US-Dollar an.“
Das Beispiel zeigt, dass es für den Dienstleister der richtige Schritt war, in einen 3D-Drucker Objet260 Connex zu investieren. Entwickelt und hergestellt werden die Anlagen von Stratasys Ltd., nach eigenen Angaben einer der Weltmarktführer im Bereich des 3D-Drucks und der additiven Fertigung.
Gerade für die Hersteller von Medizinprodukten soll das Verfahren große Vorteile bieten. „Wir haben aber festgestellt, dass es in der Entwicklung von medizinischen Geräten bisher noch relativ wenig eingesetzt wird“, sagt Nadav Sella, Senior Manager im Bereich Produktionshilfsmittel bei Stratasys. Das soll sich ändern, und ein Schritt dazu ist die Zusammenarbeit zwischen Stratasys und dem US-amerikanischen Designunternehmen Worrell. Laut Sella verfügt es über die Erfahrung und Infrastruktur, um das Spritzgussverfahren und den 3D-Druck in die Produktentwicklung zu integrieren. Beide Unternehmen wollen auf internationalen Messen auftreten und die Methode sowie die Möglichkeiten, die sich damit bieten, der Medtech-Branche auch in Workshops näherbringen.
„Kürzlich ist MedTG, ein Start-up-Unternehmen für medizinische Geräte, an uns herangetreten“, erklärt CEO Kai Worrell. Entwickelt werden sollte ein nadelfreies Blutabnahmesystem für zwei Blutströme, um auf mehrfache Einstiche möglichst verzichten zu können. „Mit der Verwendung von 3D-gedruckten Spritzgussformen für die Prototypen konnten wir die Kosten im Vergleich zu herkömmlichen Werkzeugen um etwa 70 Prozent senken und den Zeitaufwand um 95 Prozent verringern.“ Die Polyjet-Technologie habe man wegen dieser Vorteile fest in den Produktentwicklungszyklus integriert. Ein Werkzeugbauer, der diese Dienstleistung auch in Deutschland anbietet, ist die Canto Ing. GmbH in Lüdenscheid.
Nach Angaben von Nadav Sella gibt es in der medizinischen Industrie viele Anwendungen, die von der schnellen Prototypenherstellung profitieren könnten. Seit das Material Digital ABS für die Objet-Connex-Anlagen zur Verfügung stehe, ließen sich über den 3D-Druck stabile und belastbare Formen mit hoher Temperaturbeständigkeit herstellen, „und das ist ideal für die beschriebenen Anwendungen.“ In Tests mit der irischen Nypro Healthcare, die Präzisionsprodukte aus Kunststoff für das Gesundheitswesen und die Verpackungsindustrie anbietet, wurden die Stabilität der Formen und die Qualität der Prototypen nachgewiesen. op
Weitere Informationen Über das Unternehmen Stratasys: www.stratasys.com/de Über den Dienstleister Canto Ing.: www.prototypen.de

Form aus Kunststoff
Die von Stratasys entwickelte Polyjet-Technologie ist ein 3D-Druckverfahren, mit dem sich dreidimensionale Objekte erstellen lassen. Dafür wird flüssiges Photopolymer in der gewünschten Anordnung schichtweise aufgetragen und mittels UV-Licht ausgehärtet. So lassen sich sogar Formen für den Spritzguss fertigen, mit denen Prototypen aus dem Endmaterial hergestellt werden können. Polyjet-Spritzgussformen sollen aber weder Soft- noch Hard-Tooling bei mittleren und großen Produktionsmengen ersetzen. Sie bilden nach Angaben von Stratasys die Brücke zwischen Soft-Tooling-Werkzeugen und 3D-gedruckten Prototypen und besetzen damit eine eigene Nische.
Die Spritzgussformen werden aus dem Material Digital ABS hergestellt und können in Schichten mit einer Stärke von 30 µm und einer Genauigkeit von bis zu 0,1 mm gefertigt werden. Auch andere feste Polyjet-Materialien wie RGD720 und die Vero-Familie eignen sich für Spritzgussformen. Sollen allerdings Bauteile mit komplexen Geometrien gefertigt werden, haben Formen aus diesen Materialien eine kürzere Lebensdauer als die aus Digital ABS.
In den Formen können Teile aus Werkstoffen spritzgegossen werden, deren Verarbeitungstemperatur unter 300 °C liegt und die gute Fließeigenschaften aufweisen. Stratasys nennt hier Polyethylen (PE), Polypropylen (PP), Polystyren (PS), Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS), Thermoplastische Elastomere (TPE), Polyamid (PA), Polyoxymethylen oder Acetal (POM), Polycarbonat-ABS-Mischung (PC-ABS) sowie glasfaserverstärktes Polypropylen oder Harz.
Einige Besonderheiten sind bei Polyjet-Formen zu beachten. So sind längere Abkühlzeiten erforderlich, da sie nur eine geringe Wärmeleitfähigkeit aufweisen. Für kleine oder dünne Bauteile mit einer Wandstärke von bis zu 1 mm wird beispielsweise eine Abkühlzeit von 30 s empfohlen. Auch das für die Form verwendete Kunststoffharz beeinflusst die Abkühldauer.

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