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Verformte Struktur erinnert sich ihrer ursprünglichen Gestalt

NiTi- Formgedächtnislegierung soll Einsetzen des Cochlea-Implantates verbessern
Verformte Struktur erinnert sich ihrer ursprünglichen Gestalt

Um das Einsetzen des Cochlea-Implantates in die Hörschnecke zu verbessern, experimentieren Wissenschaftler am Laser Zentrum Hannover mit NiTi-Formgedächtnislegierungen. Christian Nölke, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gruppe Oberflächentechnik am LZH, gibt Einblick in diese Arbeiten.

Herr Nölke, was ist eine Formgedächtnislegierung und was zeichnet sie aus?

Diese Legierung bietet uns die Möglichkeit, dass wir dem Werkstoff eine Form aufprägen, an die er sich auch nach scheinbar plastischer Verformung wieder zurückerinnern kann. Das bedeutet, wenn wir gewisse Umgebungsbedingungen, sprich: Temperatur oder Stromdurchfluss, einstellen, erinnert sich die verformte Struktur ihrer ursprünglichen Gestalt und formt sich auch dahin wieder zurück.
Und wie vermittelt man das dem Werkstoff?
Über die Legierungszusammensetzung stellt man ein, bei welchen Temperaturen dieser Effekt stattfinden soll. Wir haben da ein kleines Vorführexperiment mit einer Büroklammer, die wir verformen. Danach tauchen wir sie in heißes Wasser. Dabei verformt sie sich wieder in die ursprüngliche Büroklammerform zurück. Das funktioniert über die Temperatur. Das ist der Einwegeffekt. Es gibt einen zweiten Effekt, den Effekt der Superelastizität. Das bedeutet, dass wir den Werkstoff über die normale elastische Dehnung hinaus elastisch verformen können, was besonders wichtig ist für Stentapplikationen. Dort ist es natürlich wichtig, dass sich der Stent, wenn man ihn zusammendrückt, auch wieder an seine alte Form erinnert und nicht geschlossen bleibt. Das wäre kritisch für den Durchfluss des Blutes.
Ist eine Nickel-Titan-Legierung Voraussetzung dazu oder gibt es auch andere Werkstoff-Kombinationen?
Es gibt auch andere Werkstoffe, die Formgedächtniseigenschaften haben, zum Beispiel eine Kupfer-Zink-Legierung. Da wird es natürlich kritisch mit der biomedizinischen Eignung. Nickel allein ist schon kritisch, allerdings wurden die Nickel-Titan-Formgedächtnislegierungen selber als biokompatibel getestet. Bei Patienten mit Nickelallergien muss man nichtsdestotrotz natürlich aufpassen, wenn angedacht ist, solch einen Werkstoff einzusetzen. Titan wäre an dieser Stelle deutlich unproblematischer.
Worin besteht eigentlich der Vorteil des Einsatzes dieser Legierung gerade beim Cochlea-Implantat?
Der Einsatz von NiTi als Formgedächtniswerkstoff erlaubt es uns, die Verformungsbewegung der Implantatelektrode während des Einführvorganges besser steuern zu können. Derzeitige Elektroden bestehen vor dem Einsetzen häufig aus zwei Komponenten, dem Elektrodenträger und dem Stilett. Das Stilett wird beim Einführen entfernt. Je mehr man das Stilett entfernt, umso mehr kringelt sich das aktuelle Cochlea-Implantat ein. Nachteilig ist, dass sich sofort an der Spitze ein Knick ausbildet, wenn man das Stilett zu entfernen beginnt. Dieser Knick ist kontraproduktiv, wenn man das Implantat schädigungsfrei in die Gehörschnecke einführen möchte. Deswegen versucht man, bestimmte Bereiche erst später zu verformen, um ein optimales Einführen gewährleisten zu können. Die präzise und patientenspezifische Anpassung ermöglichen wir durch die Verarbeitung der Formgedächtnislegierung mittels laseradditiver Verfahren. Aus dem Pulverbett heraus können wir so die Strukturen aufbauen die wir benötigen. Auf Basis vorab erfasster Daten entstehen dann patientenspezifische, an die Gehörschnecke angepasste Implantate
Welche Laser setzen Sie bei der Laserschmelze von NiTi- Formgedächtnislegierungen ein?
Wir benutzen kommerziell erhältliche cw-Faserlaser. Diese bieten hohe Strahlqualitäten, hohe Robustheit und eine kleine Baugröße. Allerdings ist auch eher die laseradditive Verarbeitung unter Beibehaltung der Formgedächtniseigenschaften die Innovation. Formfrei zu sein bei der Herstellung ist insofern von Vorteil, als sich die konventionelle Präzisionsbearbeitung von NiTi als durchaus problematisch darstellt.
Dr. Rolf Langbein Fachjournalist in Rottenburg
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