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Technik muss stimmen, aber der Erfolg hängt vom Prozess ab

GMP: Qualifizierungsszenarien für Werkzeuge und Formen an die Anwendung angepasst
Technik muss stimmen, aber der Erfolg hängt vom Prozess ab

Technik muss stimmen, aber der Erfolg hängt vom Prozess ab
Auch Formen für winzige Bauteile, die gerade im Pharma- und Medizintechnik-Umfeld gebraucht werden, stellt Gerresheimer nach dem standardisierten Prozess her Bild: Gerresheimer
Im Rahmen seiner industriellen Werkzeugfertigung bietet Gerresheimer die Validierung und Qualifizierung der Produkte an. Die Vorgaben dafür lassen sich den Anforderungen anpassen und reduzieren den Aufwand für den Anwender.

Wenn man einen Werkzeugbauer fragt, was sein Tagesgeschäft kennzeichnet, kommt man schnell zu dem Schluss, dass das technische Know-how – zum Beispiel für den Einsatz winziger Fräser mit einem Durchmesser von 0,05 mm – eher ein Detail sei. Wichtig zwar, aber es verblasst beinahe hinter der Organisation des Prozesses. Von der Entwicklung bis zur Fertigung muss alles ineinandergreifen, und um einen Auftraggeber zufriedenzustellen, muss das Produkt „Werkzeug“ mit der Dienstleistung Validierung und Qualifizierung geliefert werden.

„Wir haben den Weg zum industriellen Werkzeugbau beschritten“, sagt denn auch Michael Wiglenda, der bei der Gerresheimer Regensburg GmbH das Technical Competence Center in Wackersdorf leitet. Dieser Unternehmensteil stellt Werkzeuge für den Bereich Medical Systems bei Gerresheimer her und wurde mit seinen Leistungen Gesamtsieger beim Wettbewerb „Werkzeugbau des Jahres“ 2014.
Laut Michael Wiglenda ist der wesentliche Unterschied zwischen handwerklichem und industriellem Werkzeugbau die Segmentierung und Standardisierung aller Schritte. „Unser Technical Competence Center zum Beispiel verantwortet die Konstruktion, übernimmt Tests und kümmert sich um Fragen der Qualität. Die Aufgabe des Werkzeugbaus hingegen ist ausschließlich das Fertigen der Werkzeuge und Prototypen.“ Alles, was hier passiere, folge gegebenen Standards. Geändert werde im Prozess zunächst einmal gar nichts. „Wenn etwas zur Diskussion steht, ist das Sache der separaten Änderungs- beziehungsweise Optimierungsabteilung.“ Diese Art der Organsisation bringt laut Wiglenda sehr hohe Maschinenlaufzeiten und ermöglicht es darüber hinaus, die Anforderungen aus der Pharma- und Medizintechnikbranche zu erfüllen.
Ein weiteres Merkmal der industriellen Werkzeugherstellung ist die geringe Fertigungstiefe. Die Wackserdorfer vergeben viele Aufgaben und setzen mit ihren Kompetenzen erst nach dem Härten an. Ihr Spezialgebiet ist die hochgenaue Hartbearbeitung formgebender Teile, oder, um es mit Michael Wiglenda zu sagen: „Wir machen nur das selbst, wo ein Fehler weh tun würde.“ So stellen die Experten reinraumtaugliche Werkzeuge her, modularisieren die Werkzeuge und arbeiten mit Toleranzen von unter 10 µm, um die Module leicht austauschbar zu machen. Für ein hochbelegtes Heißkanalwerkzeug zum Beispiel wird sogar eine Maßgenauigikeit von unter 5 µm realisiert. „Eine weitere technische Herausforderung sind die winzigen Bauteile, die gerade im Pharma- und Medizintechnik-Umfeld gebraucht werden“, erläutert der Leiter des Technical Competence Centers. Die kleinsten Bauteile, für die es Formen herzustellen gilt, haben Außenmaße von unter 1 mm. „Um so etwas umzusetzen, stellen wir Teams aus Spezialisten zusammen, vom Werkzeugmacher bis zum Automatenbediener.“ So lasse sich sicherstellen, dass von Projektbeginn an die Sichtweisen aller Beteiligten berücksichtigt werden.
„Der Kunde erwartet schließlich, dass der Werkzeugbauer nicht nur einen Teil der Qualifizierungsleistung erbringt, sondern einen kompletten, integrierten Qualifizierungs- und Validierungsprozess unter realen Produktionsbedigungen bietet“, sagt Dr. Peter Mayr, Head of Quality Assurance TCC. Dazu gehöre auch die Definition des Prozessfensters für eine stabile Serienproduktion.
Nach den Regeln der Good Manufacturing Practice ist im Entwicklungs- und Industrialisierungsprozess eine Qualifizierung und Validierung der Spritzgusswerkzeuge erforderlich, mit den vier Stufen Design Qualification (DQ), Installation Qualification (IQ), Operational Qualification (OQ) und Performance Qualification (PQ). Vom Werkzeugbauer wird dabei allerdings häufig nur ein Teil dieser Qualifizierungsleistung erbracht. „Wenn Werkzeuge nicht auf der später genutzten Spritzgussmaschine unter den Bedingungen der späteren Fertigung überprüft werden, bedeutet dies für den Kunden einen zeit- und kostenträchtigen Requalifizierungsaufwand“, erläutert Peter Mayr. „Wir bieten daher einen kompletten, integrierten Qualifizierungs- und Validierungsprozess unter realen Produktionsbedingungen.“ Besonders wirtschaftlich und schnell sei die Qualifizierung, wenn Design und Installation beim Werkzeugbauer untersucht werden und die Qualifizierung von Funktion und Leistung am geplanten Fertigungsort stattfinden. So folgen alle Prüfprozesse überlappungsfrei aufeinander.
Im internationalen Geschäft könne es allerdings sinnvoll sein, einen Großteil der Qualifizierung am Entwicklungsstandort durchzuführen und die Spritzgussmaschine samt Werkzeug – oder auch nur das Werkzeug selbst – an den späteren Produktionsort zu verlagern. „Wir haben für solche Fälle zwei Transfer-Szenarien im Programm“, sagt Michael Wiglenda. Dabei werde ein Teil der OQ vor Ort wiederholt, um das Werkzeug unter neuen Umgebungsbedingungen oder auf einer anderen Spritzgussmaschine zu prüfen.
Und es gibt Optionen für den Qualifizierungslevel: Wird das Werkzeug nur für die Fertigung eines Prototyps benötigt, reicht eine Qualifizierung nach dem Gerresheimer-Level „S“ aus. Hier wird lediglich das Design qualifiziert und ein Teil der Operational Qualification durchgeführt. Werkzeuge für klinische Tests oder Serienfertigung benötigen eine komplette Qualifizierung nach dem Gerresheimer-Level „Standard“. Hier wird die Qualifizierung und Validierung auf Basis der mittleren Prozessparameter durchgeführt. Doch auch für besonders komplexe Produkte oder solche mit potenziell hohem Einsatzrisiko gibt es eine Lösung. Sie werden nach dem Gerresheimer-Level „Plus“ qualifiziert und validiert – ein Verfahren, das sich auch für ein regulatorisch anspruchsvolles Umfeld empfiehlt. Hier werden Probeläufe zusätzlich mit den Maximal- und Minimalparametern des Prozessfensters durchgeführt. Im Zusammenspiel aller Beteiligten werden so verlässlich arbeitende und allen Regeln entsprechende Werkzeuge hergestellt. op

Ihr Stichwort
  • Werkzeugbau
  • Standardisierter Prozess von der Entwicklung bis zur Qualifizierung
  • GMP
  • Qualifizierungskonzepte auch für den globalen Einsatz

  • Auszeichnung Werkzeugbau
    Den Gesamtsieg im Branchenwettbewerb um den Werkzeugbau des Jahres 2014 hat die Gerresheimer Regensburg GmbH errungen. Besonders beeindruckt zeigten sich die Juroren von der Leistungsfähigkeit der maschinellen Ressourcen für die Hartbearbeitung anspruchsvoller Werkstücke. Auch der bis ins Detail standardisierte Prozess der Auftragsabwicklung, der die hohen Anforderungen der Medizintechnikbranche erfüllt, sei nahezu einzigartig für den Werkzeugbau, so die Feststellung der Jury.
    Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT und das Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen ermittelten die elf Finalisten des Wettbewerbs anhand eines ausführlichen Vergleichs von mehr als 290 Werkzeug- und Formenbau-Betrieben. Neun fachkundige Juroren aus Industrie, Politik und Wissenschaft bestimmten die Sieger in vier Kategorien und den Gesamtsieger. Der Wettbewerb „Excellence in Production“ fand 2014 zum elften Mal statt.
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