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Sicherheit mit jedem Atemzug

Entwicklung: Elementares Gerätekonzept ermöglicht kostengünstige und schonende Therapie
Sicherheit mit jedem Atemzug

Für die Beatmung von Frühchen bieten die Intensivmedizin-Spezialisten von Medin ein Therapie-Gerät an, das individuell auf die kleinen Patienten reagiert. Die Fluidik des CPAP- Treibers entwickelte Bürkert – unter Berücksichtigung von Funktionalität, Marktpotenzial und Gesamtbetriebskosten.

Zahlreiche Publikationen in der Fachpresse weisen seit 2009 vermehrt auf den Kostendruck im Gesundheitswesen und damit auch in der Medizintechnik hin. Ein wichtiger Auslöser hierfür ist sicherlich der demographische Wandel in Deutschland, dem drittgrößten Medizintechnik-Markt weltweit. Betrachtet man die Welt jedoch als Ganzes, so stehen diesem Wandel so genannte Emerging Markets gegenüber, deren Marktpotenzial auch bei vorsichtigen Schätzungen die Sättigung der etablierten Medizintechnik-Märkte in naher Zukunft überkompensieren dürfte. Eines vorausgesetzt: Neue, elementare Gerätekonzepte.

Hiermit sind nicht die Entwicklungen gemeint, mit denen man oft ein ohnehin schon recht komplexes Gerät aus dem höheren Preissegment mit zusätzlicher Funktionalität ausstattet, es vernetzt und die Daten mit Highspeed in die Datenwolke bläst. Vielmehr sollte es das Ziel sein, nach Grundfunktionen abgestufte Gerätekonzepte zu entwickeln, die einen Einstieg auf einfachem Funktionslevel erlaubt, mit der Option auf „Upgrading“, beispielsweise durch Vernetzung verschiedener Subsysteme oder kompletter Geräte, in anderen Branchen auch Dezentralisierung genannt.
Die „Glocalisation“ – also die Anpassung der oft sehr komplexen Geräte multinationaler Unternehmen an spezielle Anforderungen eines lokalen Marktes, auf Kosten von Funktion, Zuverlässigkeit, Gerätelebensdauer, Wartungsfreundlichkeit und Sicherheit – wäre nicht länger die naheliegende Option für bestimmte Regionen der Welt. In diesem Fall müssen alle etablierten Technologien und Lösungsstrategien, Fertigungsverfahren und -abläufe sowie die Einzelposten der Gesamtbetriebskosten auf den Prüfstand. Denn im OEM-Geschäft müssen die Belange des direkten Kunden (Gerätehersteller) ebenso berücksichtigt werden wie die des Endkunden. So geschehen Mitte 2009 bei der Medical Innovations (Medin) GmbH in München, tätig in der Neonatalen Intensivmedizin. Gert Kniewasser, einer der beiden Firmengründer und medizintechnischer Visionär, hatte sich zwei Proportionalventile Typ 2821 bestellt. Er tüftelte an einem Gasmischer der neuesten Generatorgeneration für die CPAP-Beatmung, deren Funktionsumfang weit über den Stand der Technik in diesem Gerätesegment hinausgehen sollte. Funktionen wie Push Flow, Trigger auf CPAP-Druck, Hochfrequenz Oszillation und andere standen neben der prozentgenauen FiO2-Regelung für einen maximalen Gesamtfluss von 15 ln/min bei einem Druck am Medijet von etwa 15 hPa ganz oben auf der Wunschliste. Die Druckregelung sollte eine Auflösung von besser als 0,1 hPa aufweisen.
Relativ früh wurde klar, dass die reine Steuerung der Proportionalventile in der Gasmischerstufe sehr wohl die kühnsten Erwartungen an die Dynamik und den Stellbereich erfüllte, nicht jedoch die Anforderungen an die Reproduzierbarkeit.
Manch ein Entwickler bricht hier das Projekt ab: Nicht so Gert Kniewasser. Da der geplante Termin für die Markteinführung inzwischen jedoch bedenklich nah gerückt war, entschloss er sich, den entsprechenden kundenverantwortlichen Außendienst zu kontaktieren, um ihn mit den Unzulänglichkeiten des sonst durchdachten Produktes zu konfrontieren. Dieser erkannte das Potenzial und nahm die Herausforderung an. Er nutzte eine Besonderheit in der Organisationsstruktur des Fluidik-Spezialisten Bürkert – das Systemhaus.
Dabei handelt es sich um eine Business Unit, die sich mit interessanten Kundenanfragen befasst, die „noch nicht“ Standard sind, mit drei Niederlassungen in Deutschland (Ingelfingen, Dortmund, Dresden) sowie jeeiner in den USA (Charlotte) und in China (Suzhou). Im Fokus stehen dabei elektrische, pneumatische sowie hydraulische Systeme – branchenorientierte Komplettlösungen also. Diese verfügen über integrierte Sensoren und Ventile und eine Elektronik mit den notwendigen Schnittstellen nach „innen“ für die Vernetzung der Systemkomponenten untereinander. Kontakt nach „außen“ bieten eine Kommunikations- und Signalschnittstelle, die Stromversorgung sowie ein Human Maschine Interface. Natürlich ist eine Systemfirmware vorhanden.
Für die aktuell alleinige Medin-Geschäftsführerin Liselotte Werner waren neben der Qualität „Made in Germany“ vor allem das Preis-Leistungsverhältnis sowie die Termintreue ausschlaggebend, als die Entscheidung fiel, den gesamten Fluidteil des neuen CPAP-Treibers als Entwicklungsprojekt in Auftrag zu geben und genauso die Serienfertigung.
Was dann kam, war Routine. Das Lasten- sowie das Pflichtenheft wurden gemeinsam bis Ende Dezember 2009 erstellt. Messreihen wurden vor Ort durchgeführt und gemeinsam in Form von Workshops analysiert. Ziel der verteilten Geräteentwicklung war es aus technischer Sicht, einen präzisen sowie hochdynamischen Gasmischer – der neben einer traditionellen CPAP-Therapie ohne Zubehör auch automatisch auf Apnoephasen reagieren kann oder eine nicht-invasive Oszillationstherapie ermöglicht – mit einem zukunftsweisenden Bedienkonzept zu verbinden. Die Hauptaufgaben des Mischers, des Herzstücks der CNO, sind:
  • Schnelle, präzise Bereitstellung des vom Bediener abgerufenen Gesamtflusses,
  • Ausregelung und Kontrolle der für den Patienten notwendigen Sauerstoffkonzentration,
  • Realisierung weiterer Modi, wie beispielsweise den Gesamtfluss auch in oszillierender oder in alternierender Amplitude abzugeben (Bi-Level), und
  • Realisierung eines parallelen Hard- und Software-Sicherheitskonzepts.
Angelika Koschany, zuständig für Entwicklung und Qualitätsmanagement bei Medin, achtete von Projektbeginn an darauf, dass die Vorgaben laut ISO 13485 eingehalten wurden und hat in der Fluidtechnik so etwas wie eine „Zweite Heimat“ gefunden. Die enge Vernetzung mit dem Systemhaus, in Verbindung mit der beachtlichen Fertigungstiefe eines global operierenden Fluidik-Unternehmens auf dem Systemlevel, ermöglichte die Fertigstellung des seriennahen Gasmischer-Prototypen mit den Abmaßen 80 x 100 x 80 mm³ im April 2010. Tests ergaben diverse Änderungswünsche am Pflichtenheft, die noch vor der abschließenden Zulassungsprüfung nach ISO 13485 im Seriengerät und der Fertigung umgesetzt werden konnten. Seit zwei Jahren wird die CNO zur schonenden Atemunterstützung und Überwachung von Neugeborenen und Frühchen nun ausgeliefert, in mehr als 20 Länder der Erde. Kein Gerät ist bisher mit Reklamationen an der Fluidik zurückgekommen.
Mark Lösel Bürkert, Ingelfingen

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