Gutes Interaktionsdesign ist verständnisfördernd: Es minimiert das Fehlbedienungsrisiko an medizinischen Geräten und wird damit zu einem wichtigen Bestandteil des Sicherheitskonzepts.
Vor allem bei Geräten, die direkt am Patienten arbeiten, kommt dem Design der Benutzerschnittstelle eine besondere Bedeutung zu. Es kann sich fatal auswirken, wenn sich das User Interface dem Bediener nicht eindeutig genug oder zu informationsarm präsentiert – und viel Raum für Fehlinterpretationen lässt. Was sprachlich, grafisch oder in seiner Ablauflogik uneindeutig formuliert ist, kann missverstanden werden.
Wer im Dialog zwischen Mensch und Maschine wäre besser geeignet, Missverständnisse erst gar nicht aufkommen zu lassen, als die Maschine selbst? Hier setzt die Arbeit des Interaktionsdesigners an: Verständnisfördernde Bedienkonzepte minimieren das Potenzial für Fehlbedienung und verringern die Wahrscheinlichkeit, dass das User Interface selbst zur Gefahrenquelle wird.
Eine Maßnahme zur Erhöhung der Bediensicherheit ist, dem Bediener das Risiko klar vor Augen zu führen. Das ist wörtlich gemeint. Sofern sich das Risiko hinreichend deutlich visualisieren lässt, sagen Bilder mehr als tausend Worte. Ein Beispiel dafür ist die bildhafte Darstellung von Risikogruppen, weil sie die Aufmerksamkeit des Betrachters direkt auf bestehende Risikofaktoren lenkt.
Das bedeutet aber nicht, dass die Behandlung ohne jegliche Einschränkungen, mit der ja das größte Risiko verbunden ist, auch den meisten Platz im User Interface beanspruchen soll. Der User darf nicht unnötig dazu verleitet werden, den risikoreichsten Weg zu gehen, ohne sich vorher über bestehende Kontraindikationen klar geworden zu sein.
Je nachdem, ob etwa schwangere Frauen, Kinder oder Träger von Implantaten geheilt werden sollen, dürfen ausschließlich „sanfte“ Behandlungsmethoden angewandt werden, möglicherweise ist die Behandlung sogar ganz untersagt. Trotzdem muss sich die Visualisierung nicht in Form eines Verbots oder einer Aufforderung zur Unterlassung präsentieren – ganz im Gegenteil. Der Bediener will weder gemaßregelt noch verängstigt werden. Er soll sich nicht „gegen“ den Risikopatienten entscheiden müssen, sondern bejahend für ihn. Das Gerät weiß danach selbst, was erlaubt ist und was nicht. Die affirmative Entscheidung für eine Risikogruppe bietet außerdem die willkommene Möglichkeit, eine auf die Gruppe abgestimmte Interaktionssequenz anzuschließen, die den Bediener über die weiteren Schritte informiert.
Mit der Aufforderung, den Patienten einzustufen, legt der Gerätehersteller die richtige Behandlungsmethode in die Verantwortung des Bedieners. Dieser kann aber nur dann verantwortlich handeln, wenn ihn die Benutzerschnittstelle nicht durch unzureichendes Design irreleitet. Die Einstufung eines Patienten als Risikopatient soll dem Bediener deshalb auch zurückgespiegelt werden. Beschreibende Texte wie „Die Patientin ist schwanger“ präzisieren nicht nur die bildliche Aussage, sie begründen im Fortgang zugleich, warum die Behandlung nicht oder nur eingeschränkt fortgeführt werden kann. Selbstverständlich darf diese Rückmeldung auch bei Auswahl von „Keine der obigen Gruppen“ nicht fehlen, weil sie dem Bediener ermöglicht, seine Eingabe auf Richtigkeit zu überprüfen, ehe die Behandlungsroutine startet und ihr Risikopotenzial entfaltet.
Rainer Dorau Macio, Kiel
Ihr Stichwort
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