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Schwarm unterstützt Sensor

Biosensor: Regelmäßige Messungen im Körperinnern soll Familienplanung verbessern
Schwarm unterstützt Sensor

Das Erfassen der Basaltemperatur ist eine Standardmethode in der Familienplanung. Bislang war die Messung aber mühsam und die Fehlerquote hoch. Ein Ring mit Sensor soll vieles vereinfachen. Seine Weiterentwicklung wird durch Crowdfunding vorangebracht.

Finanzielle Unterstützung für die Weiterentwicklung eines Medizinproduktes lässt sich offenbar auf einem ungewöhnlichen Weg einwerben: Das zeigt das Beispiel eines Sensorsystems für die Familienplanung, das die Leipziger Vivosens Medical GmbH entwickelt und unter dem Namen Ovularing auf den Markt gebracht hat. Ende Februar startete für das Produkt eine Crowdfunding-Kampagne auf der Plattform Seedmatch, und es dauerte gerade zwei Stunden, da waren schon 60 000 Euro für das Projekt zusammengekommen. Ende April standen rund 250 000 Euro zur Verfügung – ein guter Start für das Produkt, das auf der geschickten Nutzung von Sensoren basiert.

Die Leipziger beschreiben ihr Produkt als „weltweit einzigartigen Biosensor zur Messung der Körperkerntemperatur“. Dieser wurde eigens entwickelt und passt mit Datenspeicher und Steuerung in eine kleine Keramikkapsel. Diese wird in einen flexiblen Kunststoffring eingeklipst, verbleibt im Körper der Frau und misst alle 5 min die Temperatur im Körperinnern. Damit liefert das System sehr genaue Daten, anhand derer sich der für die Familienplanung relevante Termin des Eisprungs bestimmen lässt.
Die Patientin führt den Messring wie einen Tampon ein. Den Takt für die Messungen gibt ein Mikrocontrollersystem vor, das auch die Werte speichert. Der Ring kann jederzeit entnommen und mittels eines Lesegeräts ausgelesen werden. Dieses wird über eine USB-Schnittstelle an den privaten Computer angeschlossen und übermittelt die gemessenen Werte via Internet zur Analyse. Da das System nur wenig Energie verbraucht, ermöglicht eine Knopfzelle für mindestens sechs Monate kontinuierliche Messungen und kann dann ausgetauscht werden. Aus hygienischen Gründen wird der Kunststoffring monatlich ersetzt.
Dass der Ring mit Sensor bessere Daten liefert als die bisher praktizierte, fehleranfällige tägliche Messung, haben Tests über mehrere Jahre hinweg gezeigt. Sie liefen in enger Zusammenarbeit mit der Markkleeberger Inotec Forschungs- und Entwicklungs- gesellschaft mbH, die für die technische Umsetzung der Idee zuständig war.
„Wir wollten eine Methode erarbeiten, mit der Frauen unkompliziert und zuverlässig ihren Eisprung bestimmen können, und das möglichst von zu Hause aus,“ erklärt Prof. Henry Alexander, der das System erfunden hat. Dabei seien mit dem Ring „Messfehler quasi ausgeschlossen“. Alexander, der emeritierte Leiter der Abteilung für Reproduktionsmedizin, gynäkologische Endokrinologie und Sexualmedizin der Universitätsfrauenklinik Leipzig, hat für die Entwicklung des Ringes mit Inotec-Geschäftsführer Holger Runkewitz zusammengearbeitet, bis aus der Idee schließlich das patentrechtlich geschützte Produkt wurde. Die Anfang 2011 gegründete Vivosens Medical GmbH wird durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), durch das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) sowie durch das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (SMWK) gefördert. Weitere finanzielle Unterstützung kam über ein Exist-Gründerstipendium vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie.
Als Medizinprodukt verfügt der Ovularing heute über alle Zulassungen für den europäischen Markt und trägt das CE-Kennzeichen. Bisher bietet eine webbasierte Software Analysetools zur Auswertung der Temperaturdaten, darunter einen Online-Schwangerschaftstest. Die aufgezeichneten Daten liefern erstmalig ein kontinuierliches Abbild des Zyklus, aus dem der Frauenarzt Informationen über die Zyklusgesundheit ablesen kann. Die Darstellung ermöglicht aber nicht nur eine retrospektive Analyse, sondern mittels spezieller Algorithmen auch Prognosen für künftige Zyklen.
Im Laufe des Jahres 2014 soll die Weiterentwicklung des Systems auf Funkbasis abgeschlossen sein – und für diesen Schritt soll das im Crowdfunding eingeworbene Kapital verwendet werden. Das Funkprotokoll wird eigens für das System entwickelt, kann medizinisch zugelassen werden und wird den strengen Datenschutzbestimmungen gerecht. Vorhandene Lösungen entsprachen hingegen nicht den Anforderungen hinsichtlich geringem Energie- und Platzbedarf.
Sobald das System um diese Funktion erweitert ist, können die Daten ohne Entnahme des Rings aus dem Körper ausgelesen und an die Datenbank übertragen werden. Gleichzeitig sollen Algorithmen für die taggenaue Fertilitätsdiagnostik entwickelt werden, so dass das System in Echtzeit Auskunft zum Zyklusverlauf geben kann.
Juliane Fritzsche Fachjournalistin, Berlin
Weitere Informationen Vivosens Medical gilt als einer der Vorreiter in Sachen Schwarmfinanzierung in der Medizin: www.ovularing.com Für die Plattform Seedmatch war diese medizinische Crowdfunding-Kampagne eine Premiere: www.seedmatch.de/startups/ovularing
Messfehler sind mit dem Ring quasi ausgeschlossen

Ihr Stichwort
  • Temperatursensor
  • Kompakte Bauweise
  • Niedriger Energiebedarf
  • Auswertealgorithmen
  • Eigenes Funkprotokoll für das Medizinprodukt
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