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Schlaue Socke, leuchtende Corsage

Smart Textiles: Technik, von der man beim Tragen nichts spürt
Schlaue Socke, leuchtende Corsage

Messsocke für Diabetikerschuhe, Rollstuhlkissen, modische Gags oder verbesserte EEG-Kappe: All das sind Anwendungsbereiche für Textilien, in die leitfähige Elemente integriert werden. Auf der Messe Techtextil war dazu Einiges geboten.

Sexy sein. Hohe ästhetische Ansprüche erfüllen. Einen unerwarteten Aha-Effekt mit der technischen Leistung hervorrufen. Mindestens eines dieser Kriterien sollten Textilien erfüllen, die eine besondere Funktionen bieten, die also leuchten, messen oder elektrischen Strom leiten können. Denn nur wenn der Mensch staunt, ist er bereit, für eine Textilie mit besonderem Effekt auch mehr zu bezahlen. Um dieses Staunen zu provozieren, müssen Entwicklungspartner aus der textilen und der nicht-textilen Sparte eng zusammenarbeiten. Das Textil und alles, was darin versteckt ist, soll sich schließlich genauso verhalten wie ein Textil ohne Zusatznutzen und zudem allen hygienischen Ansprüchen an Waschen, Reinigen und Pflegen genügen – obwohl integrierte Elektronik leitfähige Materialien mit sich bringt, bisher meist sperrige, nicht-textile Drähte und Kabel.

In einer Reihe von Fällen ist es Entwicklern schon gelungen, diesen Forderungen gerecht zu werden und leitfähige Fasern und/oder Polymere in Kleidungsstücke zu integrieren. Sie entsprechen dem Verbraucherwunsch nach textilem Verhalten, messen und leiten Körperdaten zu externen Mess- und Auswertungsstationen oder am Körper getragenen Aufzeichnungsgeräten.
Ein bereits marktfähiges Anwendungsgebiet ist die Drucksensorik. Die Alpha-Fit GmbH, Waldbüttelbrunn, hat einen Strumpf entwickelt, der als Diagnoseinstrument für die Anpassung orthopädischer Schuhe beim Diabetischen Fußsyndrom eingesetzt wird. Dafür wurden leitende und an Fadenkreuzungspunkten messende Fäden integriert. Basis für die Eigenentwicklung der Fäden sind leonische Litzen. Diese textilhistorisch interessanten weichen Textil-/Drahtkonstruktionen mit Gold- oder Silberanteil wurden im 16. Jahrhundert für Klosterstickereien erfunden.
Anders als bei früheren Modellen ist es heute schon möglich, das Druckverhältnis und damit die relativen Druckinformationen des ganzen Fußes in der Gehdynamik dreidimensional zu erfassen. Voraussetzung dafür ist die gleichmäßige Verteilung der Sensorpunkte im Messbereich. Mit so präzisen Daten kann der Orthopädieschuhmacher Schuhe anfertigen, die die gefürchteten Auswirkungen des diabetischen Fußes vermeiden helfen. Der Gedanke lässt sich auf andere Anwendungen übertragen, wie das Anpassen von Hartschaftschuhen für den Skisport.
Die richtige Druckverteilung ist auch für Fahrradsättel und noch eher für Rollstühle ein Thema. Zurzeit arbeitet Alpha-Fit mit einer Paralympics-Medaillengewinnerin im Rollstuhldegenfechten zusammen. Mithilfe der Druckmattentechnologie soll ein optimiertes Rollstuhlsitz- und Rückenkissen für das Hightech-Sportgerät entstehen. Da das Degenfechten ständigen Sitz- und Fußkontakt mit dem Rollstuhl fordert, wäre es eine wichtige Unterstützung für diese Sportart.
Fachwissen in Sachen „Textilität“ bringt im Falle der Drucksensorsocke das Schweizer Textilunternehmen Forster Rohner AG aus St. Gallen mit seinem Tochterunternehmen Forster Rohner Textile Innovations ins Projekt. Dieses deckt in der AG den Bereich technische Textilien ab und ist im Team der Socken-Experten für die Umsetzung der textilen Sensorflächen verantwortlich.
Mit ihrem technischen und maschinenseitig flexiblen Maschinenstickverfahren erfüllen die Schweizer seit Jahrzehnten ausgefallene Wünsche exklusiver Couturehäuser. Um die teils sehr komplexen technischen Anforderungen in ein Textil zu übertragen, wurde ein interdisziplinäres Team aus Stickerei- und Textiltechnologen sowie Elektroingenieuren und Materialwissenschaftlern gebildet. Sie haben in den vergangenen Jahren eine Datenbank für leitfähige Textilmaterialien erarbeitet. Die lange Suche nach dem „richtigen Material“ für ein spezifisches Projekt entfällt dadurch. Mit den leitfähigen Materialien lassen sich auf praktisch jedem flexiblen Trägermaterial Flächen, Linien, Leiter- und Heizungsbahnen oder auch Sensoren und Antennen aufbringen.
Neben der Kooperation mit Alpha-Fit hat die Forster Rohner AG auch ein optisches Highlight zu bieten, in Form einer für den Lingerieanbieter Valisère produzierten Corsage. Hier wird die eigens entwickelte E-Broidery Technologie eingesetzt, mit der sich in einem industriellen Verfahren aktive Beleuchtung in Textilien integrieren lässt.
Damit Entwicklungspartner aus verschiedenen Sparten für Projekte wie die Diabetikersocke zusammenfinden, gibt es Integratoren wie Novanex aus Leipzig. Die Agentur unterstützt von der Materialberatung und -recherche über Gestaltungskonzepte bis zur Technologieberatung und der Vermittlung geeigneter Technologiepartner bis zum Vermarktungskonzept.
Es werden aber nicht nur textilintegrierte Elektronikprojekte umgesetzt, sondern auch taktile Sensoren für den Bereich Schutztechnik entwickelt, Heizpads für die Integration in Outdoorkleidung oder Arbeitskleidung von Filmteams. Auch passformoptimierte textile EEG-Kappen für die neurologische Forschung sind ein Thema: Sie könnten mit aktiven oder passiven Elektroden für nicht-invasive Untersuchungen bestückt werden.
Michael Jänecke Messe Frankfurt Exhibition, Frankfurt/M.
Weitere Informationen Über aktuelle Entwicklungen informiert die Fachmesse Techtextil, die alle zwei Jahre im Frühsommer in Frankfurt stattfindet. Die nächste Veranstaltung ist im Mai 2015. www.techtextil.de

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