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Prothese wird natürlicher Teil des Körpers

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Prothese wird natürlicher Teil des Körpers

3D-Modellierung | Um das Flächendesign seiner Prothesen zu optimieren, entschied sich der Hersteller Ottobock für eine Lösung von Dassault Systèmes. Das Ergebnis kommt als moderne, naturnahe Handprothese Michelangelo zur Anwendung.

Jutta Treutlein Dassault Systèmes, Stuttgart

Der menschliche Körper mit all seinen komplexen Bewegungsabläufen scheint für viele selbstverständlich, dabei bedeutet er für Medizintechnikunternehmen wie Ottobock aus Duderstadt eine enorme Herausforderung. Die Vision von Ottobock hat sich seit der Gründung des Unternehmens im Jahr 1919 nicht geändert: Die Mobilität von Menschen mit Handicap mit innovativen Produkten zu verbessern. Im Mittelpunkt steht dabei immer der Mensch, seine Individualität und all seine Anforderungen und Bedürfnisse in Bezug auf Funktionalität, Qualität und Design. Das ist der Antrieb für die Innovationskraft des Unternehmens.
„Es geht darum, dass der Träger sich mit seiner Prothese identifiziert und sie als natürlichen Teil seines Körpers empfindet“, sagt Michael Kornfeind, Abteilungsleiter Entwicklung Mechanik 2 in der Wiener Niederlassung der Otto Bock Healthcare Products GmbH. „Dazu muss die Prothese so natürlich wie möglich aussehen und sich entsprechend verhalten.“
„Das Ziel eines natürlichen Aussehens ist zugleich die große Herausforderung an die Konstrukteure, da die Natur den technischen Entwicklungen nach wie vor weit vorauseilt“, so Kornfeind. „Es steht bisher kein künstliches Material zur Verfügung, das die Dehnungseigenschaften menschlicher Haut besitzt; stattdessen muss die Faltengestaltung der Hülle der Handprothese so gestaltet werden, dass die Beweglichkeit nicht durch den zur Verfügung stehenden Weichkunststoff behindert wird. Andererseits soll mit dem darüber gezogenen Handschuh eine natürliche Form wie auch eine ansprechende Optik erzielt werden – die Falten müssen den Handschuh also entsprechend stützen“, erklärt er.
Heutige Prothesen sind komplexe mechatronische Systeme, die beispielsweise im Fall eines Beins selbsttätig erkennen, ob sich der Träger hinsetzt oder eine Treppe steigt. Mittels einer komplexen Mikroprozessorsteuerung wird die Prothese so angepasst, dass die Bewegung sicher und natürlich absolviert wird. „Michelangelo“ hat unter anderem eine Neutralstellung, in der die Hand pendeln kann. Dadurch wird das Gefühl, eine steife Prothese anzuhaben, deutlich reduziert. Der Prothesenhandschuh – das sichtbare Äußere der Hand, der das technische Innenleben der Prothese verdeckt – wird sogar mit farbigen Fasern versehen, die die Aderstruktur der menschlichen Hand nachahmen.
Freiheit für eine naturnahe Modellierung der Prothesen
Um die Michelangelo-Prothese der menschlichen Hand möglichst nahe anzupassen, wurde diese vor einiger Zeit weiterentwickelt und die Handhülle neu modelliert. „Das CAD-System, das bei Ottobock konzernweit im Einsatz ist, kam bei dieser Neumodellierung an seine Grenzen“, so Kornfeind. In dieser Phase erinnerte sich Kornfeind an die herausragenden Fähigkeiten von Catia aus dem Hause Dassault Systèmes im Bereich der Flächenmodellierung und wandte sich an die EBM GmbH, Bleiberg-Kreuth, einen österreichischen Partner von Dassault Systèmes und Spezialisten für die Lösungen des Unternehmens. EBM empfahl die 3D-Experience-Plattform mit dem Freiformflächenmodul Catia Imagine & Shape und installierte die Applikation bei Ottobock. Zudem organisierte EBM ein Training, um die Anwender in einer zweitägigen Schulung in die Modellierung komplexer Freiformflächen einzuweisen.
„Die Ideenfindung, also der kreative Prozess, spielt bei der Formgebung unserer Produkte eine eher untergeordnete Rolle“, erläutert Kornfeind. „Die Form wird letztendlich von der Natur vorgegeben. Unsere Herausforderung ist es, einerseits die technischen Erfordernisse zu berücksichtigen und andererseits so nah wie möglich an die natürliche Form heranzukommen.“ Und da biete Catia Imagine & Shape sehr ausgefeilte Funktionen, die beispielsweise automatisch auf stetige Flächenkrümmungen achten und damit eine gute Basis für natürliches Aussehen schaffen. „Zudem sind die Flächen sehr stabil, so dass der Anwender sich voll auf die Modellierung konzentrieren kann und nicht fürchten muss, dass die Modellstabilität im CAD-System leidet, wenn an einer Stelle eine kleine Änderung vorgenommen wird.“
Catia Imagine & Shape wurde intensiv bei der Überarbeitung der Michelangelo-Hand eingesetzt, bei der es darum ging, das Äußere noch naturgetreuer zu gestalten – und das bei einer verbesserten Performance der Technik im Innern. „Das Arbeiten mit Catia Imagine & Shape fand sofortige Akzeptanz bei den Anwendern“, so Kornfeind weiter, „weil die Arbeit in dieser Software sehr intuitiv ist. Das System ermöglicht es unseren Designern, kreativ und gleichzeitig nahe an der Natur zu sein. Dabei ist die Möglichkeit der direkten Bearbeitung von Flächen ganz wichtig.“ Die Lösung sorgt dafür, dass jederzeit und an allen Stellen saubere Übergänge und Verrundungen zu den Nachbarflächen entstehen.
Darüber hinaus sei die Arbeit mit der Software äußerst effizient: Die Modellierungsspezialisten bei Ottobock arbeiteten zwei Monate lang an der Geometrie für die neue Handhülle der Michelangelo-Prothese im anderen CAD-System, und mussten feststellten, dass das gewünschte Ergebnis damit nicht zu erzielen war. „Als wir dann Catia Imagine & Shape einsetzten, war das Modell in nur drei Wochen fertig“, sagt Kornfeind. „Wir versuchen dem Vorbild der Natur so nahe wie möglich zu kommen. Erreichen konnten wir die perfekte Gestaltung bisher noch nicht. Aber das Catia-System unterstützt uns dabei, unsere Prothesen möglichst naturnah zu gestalten.“ ■
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