Mit Embedded-Komponenten, die langfristig lieferbar sind, will ein Computer-Anbieter den Herstellern medizintechnischer Geräte Vorteile verschaffen. Auch Linux als Betriebssystem ist möglich und erleichtert die Zertifizierung.
Für die Medizintechnik setzen Vorschriften Maßstäbe: Die 21 CFR 11 der FDA (Food and Drug Administration) definiert den Umgang mit elektronischen Daten und Signaturen, oder die GAMP (Good Automated Manufacturing Practice) macht Vorgaben für das Validieren computergestützter Systeme in der pharmazeutischen Industrie. Ist ein Produkt gemäß dieser strengen Richtlinien abgenommen, soll es nach dem Wunsch der Hersteller möglichst lange unverändert eingesetzt werden. Das setzt voraus, dass auch die eingebauten Komponenten in gleicher Weise verfügbar bleiben.
Ein Beispiel für eine solche Anwendung sind Endoskope der Tuttlinger Karl Storz GmbH & Co. KG., die diese Geräte seit Jahrzehnten herstellt, ebenso wie das entsprechende Zubehör wie beispielsweise Instrumente, mit denen Daten weiterverarbeitet oder am Bildschirm dargestellt werden.
Echtzeitfähiges Betriebssystem in anderen Anwendungen bewährt
In solchen Geräten sind Embedded-Computer vom Typ HiCO.SH7760 mit dem Betriebssystem QNX eingebaut, die die Karlsruher Emtrion GmbH anbietet. „Wir wollten ein echtzeitfähiges Betriebssystem, das schon in vielen anderen Anwendungen getestet ist. Deshalb entschieden wir uns für QNX“, berichtet Dipl. Ing. Walter Hauser, Gruppenleiter der Elektronik-Entwicklung in der Schaffhausener Niederlassung von Karl Storz. Sein Unternehmen setzt in verschiedenen Anwendungen Standard-Embedded-Computer ein, die in einigen Punkten an die besonderen Anforderungen angepasst wurden.
Weil die Produkte von Karl Storz im Medizinbereich verwendet werden, steht Sicherheit unter den Anforderungen an oberster Stelle. Daher überwacht beispielsweise eine zusätzlich in den Rechner eingebrachte Funktion permanent Betriebsparameter wie Spannungen und Temperaturen des Embedded-Computers und hilft so, Ausfälle zu vermeiden. Die langfristige Verfügbarkeit der eingesetzten Komponenten spielte für die Entscheidung ebenfalls eine Rolle. „Emtrion hat uns eine Liefergarantie auf die Funktion für fünf Jahre gewährleistet“, sagt Hauser. Dass die Embedded-Experten dieses Versprechen halten können, haben sie bewiesen: Noch heute sind Baugruppen lieferbar, die 1989 auf den Markt kamen.
Eine typische Anforderung aus der Medizintechnik-Branche, die die HiCO.SH7760-Embedded-Computer erfüllen, ist darüber hinaus, Fehlbedienungen zu vermeiden. Auch der Anschluss des Geräts ans LAN per Feldbus-CAN sowie Echtzeitfähigkeit sind gegeben. Zudem zeigen die Geräte kein Boot-Verhalten, wie es beim PC üblich ist. Damit der Anwender nicht ungeduldig wird, muss nach Möglichkeit sofort nach dem Anschalten des Gerätes etwas auf dem Display oder Monitor dargestellt werden. Neuerdings unterstützt der HiCO.SH7760 das Linux-Betriebssystem, so dass auch der Quellcode des Gerätes komplett offen gelegt werden kann, wenn dieses zur Zertifizierung erforderlich ist.
Auch die Reutlinger Schärfe System GmbH setzt die Embedded Computer ein: für ihre Zellanalysesysteme, die standardisierte und von Labor zu Labor vergleichbare Messwerte für Zellzahl, Zellvitalität und Zellaggregation liefern. Das Verfahren dient der Qualitätssicherung beim Arbeiten mit Zellkulturen. Diese Cell Counter auf üblicher PC-Technologie aufzubauen, wäre undenkbar. Über Disketten-, CD- oder DVD-Laufwerke beispielsweise könnte sehr leicht neue Software auf den PC aufgespielt werden. Nach den Richtlinien ist aber gerade das nicht gestattet. Ist ein System validiert, muss es in seinem Zustand bleiben.
Der Vorteil der Embedded-Computer ist hier, dass sie sich als gekapselte Systeme nicht manipulieren lassen. Daher kann das Gesamtsystem für die GAMP-Validierung als Firmware deklariert werden. Damit fällt das System in die Kategorie zwei, was den Validierungsaufwand begrenzt. Auch den Anforderungen aus der Richtlinie 21 CFR 11 musste das Zell-Analysesystem entsprechen. Dort ist definiert, was dokumentiert werden muss und wie man mit elektronischen Dokumenten umzugehen hat. Beim Umsetzen dieser Anforderungen hat sich der HiCO.SH4 mit dem Betriebssystem Windows CE bewährt.
Nora Crocoll Fachjournalistin in Stutensee
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