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Multiclix fürs sanfte Stechen

Spritzgießtechnologie: High-Tech-Lanzetten erleichtern Blutzuckertests
Multiclix fürs sanfte Stechen

Für die Herstellung von Diabetiker-Stechhilfen hat Weidmann drei vertikale Rundtischmaschinen des österreichischen Spritzgießmaschinenherstellers Wittmann Battenfeld in Bad Ragaz installiert. Das Schweizer Unternehmen setzt die Maschinen zum Umspritzen der Lanzetten ein.

Die Weidmann Plastics Technology AG ist ein Unternehmen der Wicor-Gruppe, einem weltweit führenden Anbieter von technischen Produkten und Dienstleistungen für Electrical Technology und Plastics Technology. Das Unternehmen konstruiert und fertigt Mehrkomponenten- und Spritzgießanwendungen, wobei die Kernkompetenz in der Entwicklung und Produktion von kundenspezifischen Lösungen sowohl für den Automotive- und Industriebereich als auch für die Medizintechnik liegt.

Ein erfolgreiches Produkt in diesem Bereich ist der sogenannte Multiclix, eine sanfte Stechhilfe für Diabetiker, die der Ermittlung der erforderlichen Insulindosis dient. Dabei handelt es sich um ein etwa kugelschreibergroßes Gerät mit sechs in einer Trommel hygienisch und sicher aufbewahrten Lanzetten aus einem speziellen Chromstahl mit einer Länge von 16 mm und einem Durchmesser von 0,3 mm, die den Finger nahezu schmerzfrei punktieren. Die Spitze der Nadeln ist durch eine weiche Elastomerkappe aus TPE gegen Verkeimung und mechanische Beschädigung geschützt. Diese wird durch Auslösen des Stichmechanismus von der Lanzette durchstoßen. Nach dem Einstich zieht sich Lanzette automatisch wieder in die Schutzkappe zurück. Zur Handhabung sind die Lanzetten am Schaft mit einem harten Thermoplast-Teil aus ABS umspritzt. Beide Komponenten – TPE-Schutzkappe und ABS-Aufnahmekörper – werden auf den 2K-Vertikalmaschinen von Wittmann Battenfeld mit zwei vertikalen Spritzaggregaten gleichzeitig um die Lanzetten gespritzt.
In Bad Ragaz werden jährlich 500 Millionen Lanzetten im 4-Schicht-Betrieb hergestellt. Der gesamte Produktionsprozess, von der Zuführung und dem Einlegen der Nadeln in die Werkzeugkavität über den Spritzgießprozess und die Entnahme der Lanzetten bis zur Weiterführung und zur vollautomatischen Montage der Lanzetten in die Trommeln erfolgt unter Reinraumbedingungen, Reinraumklasse 8.
Zum Umspritzen werden die Nadeln von einem Greifersystem vereinzelt und in ein 64-fach-Werkzeug eingelegt. Das korrekte Einlegen der Nadeln wird über vier mit der Greifereinheit mitbewegte Kameras überprüft. Diese Prüfung stellt hohe Anforderungen an das System, da hier Metall auf Metall zu detektieren ist. Zum gleichzeitigen Umgießen der Nadelkappe und des Lanzettenkörpers stehen vertikale Rundtischmaschinen bereit. Dabei handelt es sich um 3-Stationen-Maschinen, bestehend aus einer Einlagestation, einer Spritzstation und einer Entnahmestation, die unter 120 ° im Kreis angeordnet sind. Die obere Hälfte des Werkzeugs führt die vertikale Schließ- und Öffnungsbewegung durch. Die umspritzten Lanzetten werden mittels eines Greifers entnommen. Ein Kamerasystem kontrolliert jede einzelne Lanzette vollautomatisch. Danach werden die Lanzetten in Magazine abgelegt und in Spezialcontainern weitertransportiert.
In Bad Ragaz setzt Weidmann derzeit zum Umspritzen der Lanzetten neun vertikale Rundtischmaschinen mit einer Schließkraft von 75 t ein – alle aus dem Hause Wittmann Battenfeld. Die erste dieser Maschinen wurde bereits Ende 2003 installiert. Zwei zusätzliche Maschinen wurden Ende März dieses Jahres beauftragt.
Die Spritzgießmaschinen sind speziell auf die hohen Anforderungen an Genauigkeit und Schnelligkeit für die Anwendung der Lanzetten-Herstellung zugeschnitten. Bei diesen Produkten kommt es laut Fritz Stein, Geschäftsbereichsleiter Medizintechnik bei Weidmann, vor allem auf eine gleichbleibend hohe Qualität bei riesigen Mengen an. „Die Vertikalmaschinen von Wittmann Battenfeld erfüllen unsere Anforderungen an höchste Präzision sowie Reproduzierbarkeit und kürzeste Zykluszeiten“, so Stein.
Aufgrund der kleinen Nadeldurchmesser wurde bei allen Maschinen der Genauigkeit des Bohrbildes an den Rundtischen besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Zudem sind die Maschinen mit einer Werkzeugeinbauhilfe auf der Düsenplatte ausgestattet, die das Wechseln des Oberteils erleichtert. Aufgrund der spezifischen Eigenschaften des TPE-Materials zum Umspritzen der Nadelspitzen sind die Maschinen zur Optimierung des Dosiervorgangs mit einer zusätzlichen Dosierhilfe ausgestattet.
Die zuletzt gelieferten Maschinen mit Servoelektrik werden den Ansprüchen an Genauigkeit und Schnelligkeit in noch höherem Maße als die bisherigen Maschinen gerecht. Bei den beauftragten Anlagen handelt es sich um vertikale Rundtischmaschinen mit einer Schließkraft von ebenfalls 75 t mit Servoantrieb für die Schnecke und für den Rundtisch. Der Servoantrieb für den Dosiervorgang gewährleistet Parallelität zu den anderen Bewegungen, der servoelektrische Antrieb für den Rundtisch sorgt für noch mehr Schnelligkeit und Präzision bei gleichzeitig harmonischer Rundtischbewegung.
Da es sich bei den an den Lanzettenhersteller gelieferten Maschinen um Sonderanwendungen handelt, sind die Abstimmung zwischen den beteiligten Unternehmen und die Beratung im Vorfeld von besonderer Bedeutung. Für Markus Reichlin, Werksleiter in Bad Ragaz, war neben der Erfahrung des Spritzgießmaschinenherstellers auch die gute Entwicklungszusammenarbeit wichtig. „Die Komplexität ist bei unseren Prozessen über die Automatisierung gegeben. Die Maschinen fügen sich optimal in unser Gesamtkonzept ein“, erläutert Reichlin. Besonders schätzt er die spezielle 3-Holmtechnik der Maschinen. Das heißt, ein Holm befindet sich in der Mitte des Rundtisches, zwei weitere sind hinter dem Rundtisch angebracht, sodass Einlege- und Entnahmeprozess von allen Seiten unbehindert erfolgen können.
In die Maschinensteuerung sind diverse Sonderregelungen und Sonderfunktionen integriert. Hier bietet vor allem die vom Hersteller angebotene, unter Windows XP laufende Unilog-B6-Steuerung viele Möglichkeiten, die spezifischen Anforderungen des Kunden zu berücksichtigen.
Die Österreicher nehmen nach eigenen Angaben in der Entwicklung vertikaler Rundtischmaschinen eine führende Rolle in der Branche ein. Das Unternehmen hat diese Maschinentechnologie bereits früh auf den Markt gebracht und war der erste Spritzgießmaschinenhersteller, der vertikale Rundtischmaschinen in Serie gefertigt hat. Heute wird eine quasi vollelektrische Maschine angeboten, bei der lediglich der Schließkraftaufbau hydraulisch belassen wurde, um den Vorteil der niedrigen Rundtischhöhe beibehalten zu können.
Die Rundtischmaschinen sind im Schließkraftbereich von 40 bis 270 t und mit Rundtischdurchmessern von 752 mm bis 1755 mm verfügbar. Die Absicherung des Einlage- und Entnahmebereichs erfolgt durch Lichtvorhänge. Linear- oder Knickarmroboter können aus der konzerneigenen Produktion bereitgestellt werden, um gleichermaßen schnelle, einfache Übergabearbeiten oder komplexe und wechselnde Arbeiten durchzuführen.
Gabriele Hopf Wittmann Battenfeld, A-Kottingbrunn
Weitere Informationen Zum Spritzgießmaschinenhersteller: www.wittmann-group.com Auf der Compamed: Halle 8b, Stand F03 Zum Kunststoffspezialisten: www.weidmann-plastics.com Auf der Compamed: Halle 8b, Stand K17

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