In der Medizintechnik wird höchste und reproduzierbare Qualität gefordert. Das schweizerische Unternehmen Robofact hat dafür mit einem ABB-Roboter eine Lösung für das Sandstrahlen von Präzisionsteilen realisiert.
Für medizinische Implantate und Instrumente gelten aus einsichtigen Gründen besondere Qualitätsanforderungen. Die Gesundheit der Patienten lässt keinen Spielraum für Mängel. Was gefertigt wird, muss überprüfbar so produziert werden, dass es den anspruchsvollen Kriterien für den Einsatz am und im menschlichen Körper genügt. „Uns hat eine Medizintechnikfirma kontaktiert, die eine neue Lösung für das Sandstrahlen einiger ihrer Produkte suchte“, erklärt Roland Egli, Geschäftsleiter der Robofact AG aus dem schweizerischen Gossau. „Die Maximierung der Prozesssicherheit stand dabei im Vordergrund.“
Die Ausgangslage: Manche Produkte des Endkunden werden im Fertigungsprozess sandgestrahlt. Die Oberfläche einiger dieser Werkstücke ist aber so beschaffen, dass kein Unterschied zwischen einem behandelten und einem unbehandelten Werkstück erkennbar ist. Es lässt sich optisch also nicht kontrollieren, ob die gesamte vorgesehene Oberfläche vom Sandstrahl bestrichen wurde. Differenzen in der Intensität und Dauer des Strahlens bleiben ebenfalls unsichtbar. Bisher wurde der Fertigungsschritt manuell von einem Angestellten ausgeführt. Dies war eine anspruchsvolle Aufgabe, die Konzentration und eine ruhige Hand erforderte.
„Die Automatisierung dieser Arbeit wäre noch vor einigen Jahren an der Komplexität der Rahmenbedingungen gescheitert“, so Egli. Aber mit einer übergeordneten Steuerung, die auch Variablen wie die Zusammensetzung der Abrasivmittel und den Druck des Luftstroms kontrolliert, sei dies nun machbar geworden. Die Lösung hat Robofact zusammen mit der Bachenbülacher Sablux Technik AG realisiert, die ihr Know-how im Sandstrahlen einbrachte.
„Für die Sandstrahlzelle forderte der Endkunde die gleichbleibend hohe, reproduzierbare Qualität des Prozesses – also jedes Werkstück einer Serie über dessen ganze vorgesehene Bearbeitungsfläche lückenlos mit dem gleichen Druck unter demselben Winkel zu bestrahlen.“ Andere Dimensionen, die üblicherweise bei der Automatisierung einen hohen Stellenwert genießen – wie Verarbeitungsgeschwindigkeit und Autonomie des Systems – seien sekundär gewesen.
Im Anforderungskatalog war der Einsatz eines ABB-Roboters festgeschrieben. Der Endkunde hatte bereits drei bewährte Roboter des Unternehmens in Betrieb. „ABB-Roboter genießen einen sehr guten Ruf, wenn es um anspruchsvolle Bearbeitungsaufgaben wie Schleifen, Fräsen oder eben Sandstrahlen geht“, so Egli. Das sei für sein Unternehmen ein Hauptgrund gewesen, ABB-Roboter für Kundenprojekte ins Angebot aufzunehmen.
Die Wahl fiel auf einen sechsachsigen kompakten und leistungsfähigen Roboter: Mit einer Handhabungskapazität von 6 kg und einer Reichweite der fünften Achse von 810 mm eignet sich der IRB 140 für eine Vielzahl von Anwendungen. Er kann in jedem beliebigen Winkel stehend, hängend oder an der Wand montiert werden.
Der Roboter ist in den Versionen Standard, Foundry Plus sowie Reinraum und Wash Down verfügbar. Mit seiner Schutzart IP67 findet er mittlerweile in zahlreichen Anwendungen Einsatz. Die robuste Konstruktion mit innenliegender Verkabelung unterstützt seine Flexibilität. Die Funktion der Kollisionserkennung mit Freifahrbewegung macht den Roboter zuverlässig und sicher. Der IRB 140 wurde vom Fraunhofer IPA getestet und Reinraum-zertifiziert.
In der Lösung für das Medizintechnikunternehmen wird der Roboter selbst durch eine Gummischleuse vom Sandstrahlbereich abgeschirmt. Er lenkt nicht den Sandstrahl, sondern bewegt das Werkstück, nachdem er es von der Zuführung geholt hat. Damit kommt nur ein Teil des Greifers, der die zu bestrahlenden Teile dahinter in der programmierten Bewegung in den Sand-Luft-Strom führt, in Kontakt mit den Abrasivmitteln. In diesem Projekt zeichnete Robofact für die Gesamtkonzeption, die Steuerung, die Greifertechnik, die Sensorik sowie die Zuführung der Bauteile verantwortlich. Die automatisierte Sandstrahlanlage funktioniert heute zur vollen Zufriedenheit des Endkunden. Die Validierung des Prozesses mit allen Abnehmern in diesem sensiblen Geschäftsfeld ist auf guten Wegen. su
Ihr Stichwort
- Automatisierung
- Oberflächentechnik
- Besondere Qualitätsanforderungen
- Prozesssicherheit
- Kollisionserkennung und Freifahrbewegung
Der Anwender
Robofact wurde 1996 von Roland Egli gegründet und zählt heute rund 30 Mitarbeiter. Das inhabergeführte Unternehmen mit Sitz in Gossau in der Schweiz erarbeitet und realisiert individuelle Automatisierungslösungen unter anderem für die Medizintechnik. Robofact verfügt beispielsweise über langjährige Erfahrung in der Implantatfertigung. Gebaut werden Anlagen zur Oberflächenbearbeitung mit Losgröße 1 bei gleichzeitiger maximaler Autonomie. Ein Beispiel ist das Sandstrahlen von Hüftgelenkimplantaten: 100 künstliche Hüftgelenke – jedes eine Spezialanfertigung – werden der Anlage übergeben. Ein Roboter vermisst die Bauteile taktil. Anschließend greift der Roboter die Implantate und strahlt diese in einer Strahlkabine. Jedes Bauteil kann auf diese Weise 100 % identisch gestrahlt werden.
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