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Mit dem Handy Krebs erkennen

Visualisierung: Schnelltest mit Antikörpern unterscheidet Tumorzellen von gesunden Zellen
Mit dem Handy Krebs erkennen

Mit dem Handy Krebs erkennen
Schon eine Handykamera reicht aus, um Gewebeproben auf Tumorzellen zu prüfen Bild: Fraunhofer IAP
Antikörper bekämpfen Viren und Bakterien. Dass sie sich auch an Krebszellen heften, nutzen jetzt Fraunhofer Wissenschaftler, um diese in Gewebeproben nachzuweisen. Solche Schnelltests können Chirurgen bereits während der OP anwenden – innerhalb weniger Minuten und ohne teures Gerät.

Der Tumor leuchtet hell auf der bläulich-schimmernden MRT-Aufnahme. Das Geschwür ist lokalisiert. Mit dieser Information geht der Chirurg an die Arbeit. Jetzt muss er sich auf seine Augen verlassen. Die Kunst ist es, nicht zu viel wegzuschneiden und das kranke Gewebe komplett zu entfernen.

„Tumore bei Gewebeschnitten exakt zu lokalisieren, ist nicht einfach. Im Kern des Krebsgeschwürs ist es einfach, krankes von gesundem Gewebe zu unterscheiden, an den Rändern dagegen nicht: Tumore breiten sich asymmetrisch aus“, sagt Dr. Joachim Storsberg vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam-Golm. Ein speziell ausgebildeter Fachmann, der Histologe, untersucht die bei der Operation herausgeschnittenen Gewebeproben mit hochauflösenden Mikroskopen. Er identifiziert für Krebszellen charakteristische Strukturen und signalisiert dem Chirurgen, ob noch Geschwüre enthalten sind oder nicht. Das kann mehrere Tage dauern.
Zeit, die ein Patient oft nicht hat. Laut Statistischem Bundesamt erlagen 25 % aller im Jahr 2013 in Deutschland gestorbenen Personen einem Krebsleiden. Tumore bleiben mit über 223 000 Sterbefällen nach den Herz-Kreislauferkrankungen die zweithäufigste Todesursache. Die Krankheit kostete die EU im Jahr 2009 insgesamt 126 Mrd. Euro. Das hatten Wissenschaftler der University of Oxford und des King‘s College London 2013 herausgefunden.
Das IAP hat nun einen polymerbasierten Schnelltest entwickelt, der in einem Gewebeschnitt Tumorzellen visuell mit einem einfachen Mikroskop von gesunden Zellen unterscheidet. Chirurgen können den Test noch im OP-Saal anwenden. Das spart Zeit und senkt die Kosten. „Untersuchungen haben gezeigt, dass auf Tumorzellen Rezeptoren sitzen, an denen bestimmte, speziell gezüchtete Antikörper anhaften – zum Beispiel Östrogen-Antikörper an Brust-Karzinomen.
Mit Hilfe dieser Immundiagnostika ist der Chirurg innerhalb weniger Minuten in der Lage nachzuprüfen, ob alles kranke Gewebe entfernt wurde“, erklärt Storsberg. „Einmal auf die Gewebeprobe gesetzt, machen sich die Antikörper eigenständig auf die Suche nach ihrem Gegenpart – die für sie typischen Rezeptoren.“ Im Prinzip sei es möglich, die Farbänderung mit einem Smartphone oder einer günstigen Kamera zu erkennen. Das könnte interessant für Krankenhäuser sein, die sich keine teuren diagnostischen Geräte leisten können.
Nachdem der Chirurg die Antikörper auf die Gewebeprobe aufgetragen hat, gibt er eine farbige Wasserlösung hinzu, mit der einzelne Enzyme des Antikörpers oxidieren. Die Farbe der Lösung ändert sich: An den Gewebestellen, an denen das geschieht, befindet sich krankes Gewebe. „ Je nach Tumorart können verschiedene Antikörper verwendet oder kombiniert werden“, erklärt Storsbergs Kollege Dr. Christian Schmidt. Zur Sicherheit färbt ein Gegentest die gesunden Zellen charakteristisch ein. Sobald beide Tests keine Tumorzellen mehr detektieren, kann der Chirurg die OP abschließen: Er hat alle kranken Zellen herausgeschnitten. In einem nächsten Schritt sollen die farblichen Kontraste deutlicher sichtbar werden.
Sandra Mehlhase Fraunhofer IAP, Potsdam-Golm

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