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„Missverständnisse schaden dem guten Ruf der RFID-Technologie“

RFID: Worauf vor dem Projektstart und bei der Umsetzung zu achten ist
„Missverständnisse schaden dem guten Ruf der RFID-Technologie“

Die RFID-Technik wird auch für Medizintechnik-Anwendungen gelobt. Dr.-Ing. Erhard Schubert, Leiter des Bereiches RFID beim Systemintegrator Waldemar Winckel GmbH & Co. KG, erläutert, warum dennoch bisher viele RFID-Projekte stocken.

Herr Dr. Schubert, ist RFID heute eine nützliche und sichere Technologie?

Ja. Die RFID-Technologie befindet sich heute auf höchstem technischem Niveau und arbeitet sicher und zuverlässig. Das ermöglichen weltweit gültige Standards und Normen. Somit birgt diese Technologie große Potenziale, die nur darauf warten, erschlossen zu werden.
Für welche Anwendungen aus dem Gesundheitsbereich bietet RFID die größten Potenziale?
In medizinischen Einrichtungen wird es immer wichtiger, Informationen zu Patienten, Medikamenten und Vorgängen auf dem neuesten Stand zu halten. Manuelle Prozesse sind zwar mit den vorhandenen Ressourcen einfach umzusetzen – doch ist dies in der Praxis zeitaufwendig und fehleranfällig. RFID-Lösungen bieten hier andere Möglichkeiten: Die automatische Identifikation von Verbrauchsmaterialien und Gerätezubehör vereinfacht beispielsweise die Handhabung komplexer Geräte und erhöht die Patientensicherheit durch eine verbesserte Datenaktualität und -qualität. Ein weiteres Einsatzszenario ist die automatisierte Überwachung der Haltbarkeit von Medikamenten. Gerade bei selten benötigten, aber im Ernstfall lebensrettenden Präparaten wie Antidoten oder Tollwutimpfstoffen ist die manuelle Kontrolle von Haltbarkeit und Beständen sehr aufwendig und kann durch RFID wesentlich vereinfacht werden. Die Identifikation von Blutkonserven bei gleichzeitiger automatischer Überwachung der Temperatur beispielsweise ist heute schon Realität.
Warum aber geraten so viele RFID-Projekte nach dem Startschuss ins Wanken?
In vielen Unternehmen beschäftigt man sich intensiv mit den Vorteilen der RFID-Technologie und den damit verbundenen Potenzialen, die die eigene Prozesslandschaften optimieren sollen. Leider kommt es dabei immer wieder zu Missverständnissen im Bezug auf die Technologie – Wunsch und Realität gehen häufig auseinander.
Was könnte man besser machen?
Es gilt, schon vor dem Projektstart die richtigen Grundüberlegungen anzustellen, damit man die kritischen Faktoren berücksichtigen kann: die Kompatibilität der Komponenten, die Standardisierung, die Transponderwahl und die Fehleinschätzung, dass man mit RFID alles zu 100 Prozent erfassen kann.
Fangen wir mit den Komponenten an. Sind sie doch nicht kompatibel?
Es gibt selbstverständlich Komponenten, die zueinander passen. Nur erkennt man das nicht einfach am Datenblatt. Das Zusammenspiel von Transpondern, Antennen, Trägeretiketten, Readern, Druckern und anderen Komponenten ist deutlich komplexer, als es den Unternehmen von Komponentenlieferanten häufig dargestellt wird.
Wie kommt man dann zu einer tragfähigen Einschätzung?
Der Aufbau eines kompletten RFID-Systems erfordert genaue Kenntniss der Technologie, aber auch Analysen auf der Basis von Erfahrungen und praxisnahen Testumgebungen, die der jeweiligen Anwendung Rechnung tragen. Aufbau und Unterhalt solcher Testumgebungen verlangen aber kontinuierliche, hohe Investitionen. Daher fragt sich mancher, ob man darauf nicht verzichten kann und versucht, mit Hilfe der Datenblätter und Aussagen der Komponentenlieferanten mit eigenen Mitteln schnell und günstig zu einem Ergebnis zu kommen. Das endet jedoch häufig in mangelhaften Lösungen, Frustration und letztlich Schuldzuweisungen an die Technologie. Bei richtiger Analyse und Konzeptionierung eines Systems bietet die RFID-Technologie jedoch das Potenzial, Prozesse zu revolutionieren und damit einen kurzfristigen ROI zu erzielen.
Eine Standardisierung sollte solche Probleme doch weitgehend beheben…
So einfach ist das leider nicht. Wer erfolgreich in die RFID-Welt einsteigen will, braucht Know-How in der Systemintegration und muss sich mit den Normen und Standards wie EPCglobal oder ISO und deren Anwendung sehr gut auskennen. Entlang einer Supply Chain beispielsweise bietet RFID zusätzliches Potenzial durch eine Mehrfachnutzung. Aber: Wenn nur eines der Glieder in der Kette nicht passt, drohen Verluste statt der erhofften Produktivitätsgewinne. Die Standardisierungen haben zwar einen Punkt erreicht, der ein reibungsloses Zusammenspiel der Systeme gewährleistet und ein hohes Maß an Investitionssicherheit bietet. Aber oftmals sind die Normen noch zu wenig bekannt, von ihrer Anwendung ganz zu schweigen.
Was ist bei der Transponderwahl heikel?
Transponder, beispielsweise in Form von Labeln oder Hardtags, spielen die zentrale Rolle im RFID-System. Diese Hightech-Produkte müssen sich aber den Gesetzen der Physik beugen. Daher gilt es, die Einsatzbedingungen im Vorfeld genau zu analysieren und den Transponder herstellerneutral auszuwählen. Das Kosten-/Leistungsverhältnis darf dabei natürlich nicht außen vor bleiben. Viele Unternehmen stellen aber statt dessen Maße und technische Daten der Transponder in den Vordergrund.
Wo sind die Grenzen der Technologie?
Eine weitverbreitete Meinung ist, dass mit der Einführung der RFID-Technologie eine hundertprozentige Erfassung der Objekte einhergeht – was oft sogar als Voraussetzung für die Einführung angesehen wird. Wie jedes technische System ist jedoch auch RFID nicht perfekt – eine vollständige Erfassung ist daher nur in Ausnahmefällen zu erreichen. Viele solcher Datenlücken lassen sich aber automatisch schließen, durch eine intelligente Erfassungs- und Verarbeitungs-Software, die Verlinkung und den Abgleich entlang des Produktionsweges oder der Supply Chain. Für die restlichen Fälle ist dennoch die Hoffnung nicht verloren: Notfalls muss auf Barcodes als Backup-Medium beispielsweise für defekte Transponder zurückgegriffen werden.
Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de
Weitere Informationen Die Waldemar Winckel GmbH & Co. KG, Bad Berleburg, ist im Bereich RFID-Label tätig, bietet Komponenten und setzt Projekte um. Winckel wirkt als AIM- und EPCglobal- Mitglied auch in unterschiedlichen Fach- gruppen an der Umsetzung weltweiter Standards mit. www.winckel.de

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