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Mini-Sterilisator als Alternative

Forschungsprojekt: Vor-Ort-Sterilisation inklusive Verpackung und antibiotischer Wirkstoffe
Mini-Sterilisator als Alternative

Im Projekt Sterihealth haben Forscher von sieben Fraunhofer-Instituten einen effektiven, schnellen und sicheren Hygienesicherungsprozess entwickelt. Damit lassen sich keimfrei verpackte Medizinprodukte bereitstellen.

Postoperative und nosokomiale Infektionen zählen bei der medizinischen Versorgung zu den größten Risikofaktoren. Die zusätzlichen Kosten, die durch solche Erkrankungen entstehen, werden auf bis zu 2 Mrd. Euro pro Jahr geschätzt. Mit Hilfe verschiedener Sterilisationsverfahren, allen voran der Dampfsterilisation, lässt sich das Infektionsrisiko deutlich senken. Allerdings eignen sich die Verfahren nicht für alle Produkte. Schwierig wird es zum Beispiel bei thermolabilen Mikrosystemen, Medizinprodukten aus Verbundwerkstoffen, Instrumenten oder Implantaten mit Elektronik oder Sensorik und bei zelltherapeutischen Präparaten.

Um die Defizite der bisherigen Verfahren zu minimieren, hat ein Konsortium aus sieben Fraunhofer-Instituten in dem von der Fraunhofer-Gesellschaft geförderten Projekt Sterihealth einen sehr effizienten, schnellen und sicheren Hygienesicherungsprozess entwickelt. Er ermöglicht das Bereitstellen keimfrei verpackter Medizinprodukte.
Ein wesentliches Projektziel war, die hochwirksame Niederenergie-Elektronenstrahltechnologie zu miniaturisieren. In einem solchen Gerät sollte eine schnelle und materialschonende Vor-Ort-Sterilisation verpackter Medizinprodukte innerhalb weniger Sekunden möglich sein. Für die Dosimetrie wurden in einem ersten Schritt unterschiedliche Modellkörper entwickelt und damit die Dosisverläufe bestimmt. Aufbauend auf diesen Vorversuchen wurden Medizinprodukte wie Ultraschall- und Impedanzsensoren testweise sterilisiert. Die Ergebnisse dieser Versuche zeigten, dass die Funktionalität der Produkte nicht signifikant beeinflusst wurde – selbst nach bis zu 150-maliger Sterilisation und auch dann, wenn hohe Strahlendosen verwendet wurden.
Weitere Teilprojekte waren das Qualifizieren des Verpackungsmaterials sowie das Entwickeln eines Monitoringsystems, das die Qualitätssicherung verbessern sollte. Darüber hinaus wurden die Sterilisationseffizienz evaluiert und antibiotische Peptide als zusätzliche Barrierefunktion entwickelt.
Um zu einer geeigneten Verpackung zu kommen, mussten Material und die Konstruktion eine Zulassung für Medizinprodukte ermöglichen und sich auch für schwere, scharfkantige und bewegliche Produkte eignen. Das Produkt sollte sich bei Bedarf in der Verpackung fixieren lassen, und natürlich muss das Material strahlenbeständig sowie siegel- und peelbar sein. Die Wahl fiel letztlich auf eine PET/PE-Folie.
Für das Monitoringsystem, mit dem die Produktsterilität nach dem Sterilisationsprozess überprüft wird, wurden optisch aktive Partikel verwendet. Diese sind stabil in das Verpackungsmaterial integriert und verändern ihre optischen Parameter im Zuge der Elektronenbestrahlung. Das ermöglicht es, dem Prozess eine definierte Strahlendosis zuzuordnen. Ein Ergebnis dieses Teilpaketes war ein eigens entwickeltes Handgerät, das zur Detektion eingesetzt werden kann.
Um die Sterilisationseffizienz zu testen, wurde untersucht, ob ausgewählte verpackte Medizinprodukte reproduzierbar keimfrei aus dem Gerät kamen. Als Referenzkeime wurden unter anderem Bacillus pumilus und klinische Isolate von Klebsiella pneumoniae verwendet. Es zeigte sich, dass eine effiziente Sterilisation – Reduktion der Keimzahl um „6 Log-Stufen“ – bereits ab einer Strahlendosis von 10 kGy erreicht war.
Auch die Biokompatibilität der Packstoffe, Medizinprodukte und optischen Partikel wurde untersucht und mit Werten verglichen, die mit der Ethylenoxid-Sterilisation zu erzielen sind. Selbst bei wiederholtem Bestrahlen mit hohen Dosen wurden Funktion und Biokompatibilität nicht signifikant beeinträchtig. Somit kann die Elektronenstrahl-Sterilisation als verlässlich und unbedenklich angesehen werden.
Die antibiotischen Peptide sollten aktiv gegen Bakterien und Pilze sein, aber zugleich eine geringe Immunogenität zeigen und gegen somatische Zellen nicht zytotoxisch wirken. Sie sollten an die Oberfläche des Verpackungsmaterials direkt oder über Linker-Moleküle binden und selbst nach Bestrahlung mit 300 kGy noch eine Aktivität von mehr als 50 % des ursprünglichen Wertes haben. Von den generierten und getesteten Peptiden zeigten etwa 20 eine Penetration der bakteriellen Zellwände und banden an die Erbsubstanz. Da sie so den bakteriellen Stoffwechsel hemmen, gab es fast keine Ausbildung von Resistenzen. Zehn Peptide zeigten selbst nach Bestrahlung mit hohen Dosen (300 kGy) noch eine Aktivität von mehr als 75 %.
Der neue Prozess kann bestehende Sterilisationsverfahren zum Beispiel in den Bereichen Augenheilkunde, bei Biosensoren oder biologischen und theranostischen Implantaten sinnvoll ergänzen. Ein erster Demonstrator wurde entwickelt.
Dr. Axel Wibbertmann Fraunhofer ITEM, Hannover

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