Viele deutsche Hersteller von Medizintechnik verkaufen ihre Erzeugnisse in Mexiko. Zu den wenigen Unternehmen, die dort auch produzieren, zählt B. Braun Aesculap. Die 1992 gegründete Tochtergesellschaft beschäftigt derzeit gut 170 Mitarbeiter.
Herr Kemmerich, weshalb fertigt B. Braun Aesculap in Mexiko?
1992 haben wir mit der mexikanischen Regierung ein Zehn-Jahres-Abkommen geschlossen. Mexiko wollte damals einen Know-how-Transfer haben, also Produkte nicht nur importieren, sondern auch im Land herstellen. Dieser Vertrag war sehr erfolgreich. Ursprünglich sollten nur Produkte für den Bedarf im Land gefertigt werden, vier, fünf Jahre später hat dann die Fertigung auch angefangen zu exportieren. Heute gehen 80 % von dem, was in Mexiko gefertigt wird, in den Export.
Was stellen Sie her?
Wir stellen Produkte für die Osteosynthese her, also Nägel, Schrauben, Drähte oder Winkelplatten für Knochenfrakturen. Mittlerweile umfasst das Sortiment 1300 Produkte. Die Fertigung in Mexiko ist eine verlängerte Werkbank der Benchmark Factory in Tuttlingen.
Welchen Vorteil bringt die Produktion in Mexiko?
Momentan hat die Fertigung einmal den Vorteil, dass Mexiko in der Dollar-Zone liegt: Da kann man die Wechselkurs-Verluste, die man als europäischer Hersteller hat, etwas ausgleichen. Zweitens ist das Lohnniveau hier etwas niedriger, wobei Mexiko kein Billiglohnland ist. Man hat niedrigere Rüstkosten und kann dadurch gerade kleinere Chargen flexibler fertigen. Dazu kommt natürlich, dass Mexiko extrem viele Freihandelsabkommen hat, mit Europa, den USA, Japan oder auch Südamerika, was zollrechtlich einige Vorteile bringt.
Gibt es auch Nachteile?
Das Gewerkschaftssystem ist zum Teil überaltert. Das ist nicht wie in Deutschland, wo man versucht, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Und es gibt natürlich kulturelle Unterschiede. Mexiko ist ein sehr emotionales Land. Der zum Teil niedrigere Arbeitsrhythmus wird durch mehr Stunden wettgemacht. Wenn man einen Businessplan erstellt, um Projekte hochzuziehen, muss man in Mexiko anders planen und mehr Luft drin lassen.
Wie sehen Sie die weitere Entwicklung des mexikanischen Gesundheitsmarktes?
Es gibt starke Anstrengungen der Regierung, den Gesundheitsbereich auszubauen. Aber auch in Mexiko geht das Bevölkerungswachstum zurück und die Alterskurve steigt an. Medizin wird daher immer teurer. Der Staat versucht alles, um möglichst günstig einzukaufen, den Kostendruck spürt man als Anbieter. Die Euro-Entwicklung macht es noch schwieriger. Aber langfristig ist es auf jeden Fall eine gute Entscheidung für ein Unternehmen, im zehntgrößten Weltmarkt Fuß zu fassen.
Wie sieht Ihre Zukunft in Mexiko aus?
Mexiko ist für uns ein Markt mit Potenzial. Wir haben ein Durchschnittswachstum von jährlich 28 %. Momentan evaluieren wir die Möglichkeit, das Produktportfolio in der Fertigung weiter auf andere Implantate auszubauen. Auf jeden Fall werden wir in den nächsten fünf Jahren das Unternehmensziel verdreifachen.
Bettina Gonser Freie Journalistin in Stuttgart
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