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Leuchtkristalle schützen vor Plagiaten

Produktschutz: Farbinformationen werden in den Werkstoff integriert
Leuchtkristalle schützen vor Plagiaten

Um sich vor minderwertigen Plagiaten zu schützen, setzt Zahnarzt Dr. med. dent. Bernd Johnki ein neuartiges Produktschutzsystem ein. Die von ihm entwickelten Prothesenabzieher „Denture-Lifter“ enthalten unverwechselbare Pigmente.

Wie die meisten guten Ideen, ist auch die von Zahnarzt Dr. Bernd Johnki eigentlich sehr einfach. Mit seinem so genannten Denture-Lifter lassen sich Zahnprothesen leicht und vor allem sicher vom Kieferbett lösen und entfernen. Am einen Ende trägt der Lifter einen abgerundeten Haken aus festem Kunststoff, und am anderen ein biegsames, weiches Griffstück, das sowohl zierliche wie grobe Hände gut halten können. Selbst dann, wenn diese von Gicht, Rheuma oder Arthritis beeinträchtigt sind. Damit kommen sowohl die Prothesenräger selbst als auch das Pflegepersonal bei den zu betreuenden Patienten gut zurecht.

Der Auslöser für die Entwicklung des Denture-Lifter waren Verletzungen durch ungeeignete Prothesenabzieher, die der Zahnarzt in seiner Praxis immer wieder zu behandeln hatte. „Meine Erfahrung zeigte, dass ein erschreckend hoher Anteil der Patienten Probleme hat, die Zahnprothesen aus dem Mund zu entnehmen“, berichtet der Zahnarzt. Daher würden abenteuerliche Werkzeuge eingesetzt, vom Schraubenzieher über Autoschlüssel bis zur Kombizange.
Die Aufzählung solcher „Hilfsmittel“ mag noch zu einem Schmunzeln oder Achselzucken führen – die verursachten Verletzungen nicht. Schnittwunden im Zahnfleisch, aufgerissene Kiefer, verletzte Schleimhäute sowie Infektionen sind ernste Folgen. „Im Pflegealltag werden solche Werkzeuge oft sogar mehrfach gebraucht“, sagt Dr. Johnki und schüttelt den Kopf. „Stellen Sie sich mal vor, ein Pfleger entfernt Ihnen die Zähne mit einem Gerät, mit dem er vorher in zehn anderen Mündern war.“
Der „Dr. Johnki Denture-Lifter“ war also eine gute Idee, die schnell Nachahmer findet. Daher hat sich der Entwickler seine Erfindung durch Patente und Gebrauchsmusterschutz rechtlich schützen lassen. Ein Schutz vor Kopien ist das allerdings nicht. „Wie kann ich sicher sein, ob ein Denture-Lifter auch wirklich von mir ist?“, fragte sich Dr. Johnki.
Genau an diesem Punkt wurde er im Rahmen der Verleihung des „Innovationspreises Münsterland“ auf Tailorlux aufmerksam. Das Unternehmen wurde dort für Tailor-Safe ausgezeichnet – ein Produktschutzsystem, das es ermöglicht, Plagiate von Originalen zweifelsfrei zu unterscheiden. Das Prinzip von Tailor-Safe ist das Markieren von Originalprodukten mit individuellen Leuchtpigmenten, die mit einem handlichen Spektroskop nachgewiesen werden können. Geringe Mengen eines anorganischen, ungiftigen Leuchtpigmentes werden in den Kunststoff, aus dem in diesem Fall der Denture-Lifter hergestellt wird, eingebracht.
Dazu wurde das Gerät vorab bei Tailorlux genau analysiert. „Für jedes Produkt werden individuelle Markerstoffe hergestellt, deren Lichtspektrum unverwechselbar wie ein Fingerabdruck ist“, erläutert Dr. Dominik Uhlich, Entwicklungsleiter bei Tailorlux. „Wir können rund 300 Milliarden verschiedene Leuchtpigmente herstellen.“ Ein verwendetes Pigment exakt nachzubauen, um den Produktschutz zu kopieren, ist dadurch praktisch unmöglich. Die Leuchtkristalle, die aus den Elementen Seltener Erden hergestellt werden, sind toxikologisch und ökologisch unbedenklich. „Das war die Grundvoraussetzung, um den Prothesenabzieher auf diese Weise schützen zu können“, sagt Dr. Johnki. Die Marker sind chemisch stabil, säurefest und bis zu 1700 °C hitzebeständig.
Mit dem bloßen Auge ist die Markierung nicht zu erkennen. Sie wird erst in einem kostengünstigen Handspektroskop sichtbar, das etwa die Größe eines Mobiltelefons hat. In Sekundenschnelle misst das Spektroskop das Lichtspektrum eines vermeintlich echten Prothesenabziehers und gleicht es mit dem des Originals ab. Die Anzeige „Original“ oder „Fälschung“ gibt schnell Gewissheit. „Die Echtheitsprüfung funktioniert sogar mit kleinsten Bruchstücken“, erläutert Dr. Uhlich.
Die Möglichkeit, Plagiate und – durch die Verwendung verschiedener Marker – selbst unterschiedliche Produktchargen einwandfrei zu identifizieren, schützt Dr. Bernd Johnki vor ungerechtfertigten Schadensersatzansprüchen. Werden durch eine Fälschung Verletzungen verursacht, kann er als Hersteller rechtlich sicher nachweisen, dass er nicht haftbar gemacht werden kann. Verfügen in einem weiteren Schritt auch Großhändler oder Endkunden wie Pflegeheime über Handspektrometer, können auch diese sich vor gefälschten Medizinprodukten schützen.
Für eine solche breite Nutzung braucht es nicht viel. Mobiltelefone mit Fotofunktion sind zunehmend mit Sensorik und Algorithmen ausgestattet, die die spektrale Zusammensetzung des Umgebungslichts bei der Aufnahme analysieren. Damit soll zunächst einmal die Farbbalance im Bild automatisch korrigiert werden. „Das aber ist bereits eine einfache Form der Spektroskopie, die ausreicht, um unsere Markierung zu erkennen“, sagt Dr. Dominik Uhlich. Per Internetverbindung, über die ebenfalls immer mehr Mobiltelefone verfügen, kann das Ergebnis automatisch mit einer Datenbank abgeglichen werden. „Wir gehen davon aus, dass in etwa fünf Jahren auf diese Weise fast jeder ein Spektrometer in der Tasche haben wird“, sagt Alex Deitermann, Tailorlux-Geschäftsführer. Damit wäre der Weg frei für die Vision von Tailorlux: die fälschungssichere Markierung nicht nur von Medizintechnik und anderen Markenprodukten, sondern sogar von einzelnen Medikamenten.
Kai Tenzer Fachjournalist in Münster
Weitere Informationen Dr. Bernd Johnki: www.drjohnki.de Zu Tailorlux: www.tailorlux.com
Selbst kleine Bruchstücke verraten eine Fälschung

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