Im öffentlichen und privaten Gesundheitssystem Brasiliens steigt die Nachfrage nach moderner Medizintechnik. Nicht nur die einheimischen Unternehmen reagieren, wie Paulo Henrique Fraccaro vom Herstellerverband Abimo erklärt. Auch Qualität aus Deutschland ist gefragt.
Herr Fraccaro, wie hat sich der brasilianische Markt für Medizintechnik in den letzten drei Jahren entwickelt?
Laut einer aktuellen WHO-Studie steht Brasilien beim Umsatz mit medizinischen Geräten auf Platz 2 der Länder mit mittlerem Einkommen. Seit 2009 stieg dieser Umsatz um 35 %. Trotz der globalen Wirtschaftskrise erwarten wir weiterhin ein Wachstum zwischen 10 und 15 Prozent.
Wovon profitiert der Wachstumsmarkt?
Einer der Hauptgründe ist die wachsende Arbeiterklasse in Brasilien. Menschen aus der Mittelschicht geben mehr Geld für das Gesundheitswesen aus, das wiederum führt dazu, dass private Krankenhäuser in Qualität investieren, um den steigenden Ansprüchen gerecht zu werden. Auf der anderen Seite werden öffentliche Krankenhäuser modernisiert. 2011 investierten die Kliniken insgesamt 100 Mrd. US-Dollar, das entspricht etwa 8,8 Prozent des brasilianischen Bruttoinlandsprodukts.
Sind die brasilianischen Unternehmen auf die steigende Nachfrage vorbereitet?
Ja. Sie decken heute bereits 90 Prozent des täglichen klinischen Bedarfs ab. Dabei produzieren sie deutlich günstiger als ausländische Firmen. Allerdings können nicht alle notwendigen Hightech-Produkte gefertigt werden. Entsprechende Investitionen der Regierung sollen aber in Zukunft die Voraussetzungen dafür schaffen.
Welche Chancen haben die Produkte deutscher Hersteller?
Deutschland ist mit rund 15 Prozent der Importe zweitwichtigster Lieferant für Medizintechnik. Von dort bekommen wir hochtechnologisierte Produkte wie Laborausrüstungen und Radiologiegeräte. Einige multinationale deutsche Unternehmen, die Produktionsstätten in Brasilien haben, beliefern von hier aus den Markt. Das brasilianische Gesundheitssystem weiß Qualität und Service aus deutscher Produktion durchaus zu schätzen.
Wie entwickeln sich die Exporte inländischer Hersteller?
Die Exporte brasilianischer Medizinprodukte sind seit 2001 um 260 % gestiegen. Ein Grund dafür sind internationale Zertifizierungen wie FDA und CE, die die brasilianischen Firmen erreicht haben. Geliefert werden hauptsächlich Dentalprodukte, Laborprodukte und Verbrauchsmaterial, aber auch Implantate und Prothesen.
Wie unterstützt Abimo seine Mitglieder?
Der Verband wurde 1962 gegründet, um seine Mitglieder mit technischen und normgebenden Hilfestellungen zu unterstützen. Heute haben wir 330 Mitglieder, was rund 65 Prozent der Gesamtindustrie für Medizin- und Dentaltechnik entspricht. Ihnen bieten wir in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Außenwirtschaft Apex-Brasil ein spezielles Export-Programm an. Die Unternehmen können unter anderem Trainingsprogramme besuchen, Marketingaktionen nutzen und an Handelsdelegationen und Messe-Gemeinschaftsständen teilnehmen. Rund 150 Firmen nutzen bereits dieses Programm.
Susanne Schwab susanne.schwab@konradin.de
Weitere Informationen Zum Herstellerverband Abimo: www.abimo.org.br Zur brasilianischen Gesellschaft für Außenwirtschaft und Marketing Apex Brasil: www.apexbrasil.com.br
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