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Intelligent zu Fuß

Beinprothesen: Software hilft Versehrten auf die Beine
Intelligent zu Fuß

Hightech-Prothesen werden meist individuell gefertigt und anatomisch angepasst. Zur optimalen Funktion müssen sie exakt auf ihre Träger eingestellt werden. Die Programmierung der künstlichen Gliedmaßen übernimmt eine spezifische Softwarelösung.

Gehandicapten Personen bietet das C-Leg Ersatz für fehlende Gliedmaßen, denn die Prothese lässt sich für jeden Anwender an sein individuelles Gangbild angleichen. Mit dem intelligent gesteuertes Prothesensystem von Otto Bock wurden weltweit mittlerweile bereits mehr als 25 000 Menschen versorgt. Die Steuerung erfolgt über eine mikroprozessorgeregelte Hydraulik, die das System in Echtzeit und dynamisch an alle Gehgeschwindigkeiten anpasst. Gleichzeitig sichert sie die Standphase im C-Leg.

Der Regelungsmechanismus wird durch ein komplexes Sensorsystem realisiert. Es besteht aus Dehnmessstreifen im Rohradapter, wie sie auch zur Belastungsprüfung in der Flugzeug- und Raumfahrttechnologie genutzt werden, sowie aus einem Kniewinkelsensor. Diese Sensoren erfassen alle 0,02 s die Belastung, genauer gesagt die Knöchelmomente oberhalb des Prothesen-fußes, sowie den Winkel und die Winkelgeschwindigkeit des Kniegelenkes. Damit erkennt das Kniegelenk permanent, in welcher Phase des Gehens sich der Träger gerade befindet und stellt für die jeweilige Schrittphase die geeignete Dämpfung beziehungsweise den Dämpfungsverlauf zur Verfügung. Zwei einstellbare Betriebsmodi-Gehfunktion für sportliche Aktivitäten sowie eine Fernbedienung sorgen für Individualität in der täglichen Anwendung.
Die Steuerung der Parametereinstellungen für den in der Prothese eingebauten Mikroprozessor übernimmt C-Soft, eine spezielle Software, die auch die trägerspezifischen Grundeinstellungen des C-Leg durch den Orthopädietechniker mittels Laptop ermöglicht. „Übertragen werden die Einstellungen vom Laptop zur Prothese mit der kabellosen Bluetooth-Technologie. So kann der Prothesen-Träger unterschiedliche Bewegungsabläufe durchspielen, während der Techniker das Feintuning des C-Leg vornimmt“, erklärt Michael Kandler, Leiter der Softwareabteilung bei der Otto Bock Healthcare GmbH in Duderstadt.
C-Soft wurde vor sieben Jahren auf der Basis von Visual Basic entwickelt und ist nun in die Jahre gekommen. Daher war eine komplette Neuauflage von C-Soft sowie eine Integration in die neue Otto-Bock-Datastation-Plattform notwendig, die alle bisherigen Anforderungen abdecken und auch neue Features einschließen sollte. „Wichtig war uns, dass das neue System nicht nur die Anpassungen und Einstellung der Prothese ermöglicht, sondern auch das computergestützte Schaft-Design und die Dokumentation des Therapiefortschritts beinhaltet, sowie den Bestellvorgang der vollständigen Prothese und eine Anwenderkartei unterstützt. Außerdem sollte die neue Plattform eine hohe Benutzerfreundlichkeit besitzen, denn die Orthopädietechniker, die täglich mit der Software arbeiten müssen, sind ja keine ausgesprochenen IT-Spezialisten“, erläutert Kandler. „Auf der Suche nach einem spezialisierten Partner, der die Neuprogrammierung der Datastation- und der C-Soft- Lösung übernehmen würde, kamen wir mit der Hagenberg Software GmbH ins Gespräch.“ Ein wichtiger Punkt bei der Entscheidung: Das oberösterreichische Unternehmen kann in der Softwareentwicklung einen hohen Qualitätsfaktor garantieren, der gewährleistet, dass die Lösung ohne langwierige Adaptionen auch auf dem amerikanischen Markt eingesetzt werden kann. Als Programmiersprache für die neue Softwareplattform wählte das Hagenberger Projektteam C# von Microsoft und die .NET-Technologie. Damit ließen sich nicht nur bereits vorhandene Komponenten der Datastation- und der C-Soft-Lösung einbinden, sondern auch neue Microsoft-Produkte wie beispielsweise SQL Server Express 2008 oder Windows 7 problemlos integrieren. „Die Herausforderung bei der Neuentwicklung der Softwareplattform bestand darin, die unterschiedlichen Anwendungen, die bei Otto Bock in der Orthopädietechnik eingesetzt werden, auf eine gemeinsame Basis zu stellen“, erläutert Bernhard Rastorfer, zuständig für Projektmanagement und Consulting bei Hagenberg.
In mehreren Monaten entwickelten die Österreicher auf Grundlage dieser Anforderungen die neue Plattform C-Soft. Wesentlich dabei war auch die intensive Zusammenarbeit mit den Software- und Orthopädietechnikern von Otto Bock. Rastorfer: „So haben wir alle üblichen Arbeitsschritte bei der Versorgung und vor allem auch die Einstellung der Prothese anhand eines C-Legs vor Ort getestet.“ Ebenso musste das Transaktionsprotokoll zur Bluetooth-Datenübertragung zwischen dem C-Leg und der Datastation fehler- und übertragungssicher sein. „Denn eine plötzliche, unvermutete Veränderung der Einstellwerte könnte den Gangzyklus stören und damit unter Umständen zum Sturz des Prothesenträgers führen“, blickt Rastorfer zurück.
Seit Anfang 2009 ist die neue Software nun im Einsatz. Dabei bestätigt die Praxis, dass die Hagenberger Spezialisten ganze Arbeit geleistet haben. C-Soft führt nun den Orthopädietechniker mittels eines Assistenten und pfeilförmig angelegter Subtabs Schritt für Schritt durch die notwendigen Arbeitsschritte zur Versorgung des Prothesenanwenders. Nach der Eingabe der Anwenderdaten in die Kartei öffnet sich nacheinander jeweils der nächste Reiter. Alle Arbeitsschritte können nun am Laptop durchgeführt werden.
Georg Dutzi Journalist in Wien

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