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Hochkomplexe Teile – fertig von der Maschine

Präzisionsbearbeitung: Automatisierte Fertigung von Implantaten
Hochkomplexe Teile – fertig von der Maschine

Um Wirbelsäulenimplantate aus Titan oder PEEK möglichst wirtschaftlich herzustellen, setzt der Lohnfertiger Procon Medizintechnik auf Bearbeitungszentren von Willemin- Macodel. Damit erledigt er auch komplexe Sonderaufgaben von der Stange hochgradig automatisiert.

Pedikelschrauben aus Titan, die der Fixierung von Wirbeln dienen, gehören für die Procon Medizintechnik GmbH mit Sitz in Kleinostheim zu den Standardprodukten, die sie im Auftrag ihrer Kunden fertigt. Zu Beginn hatte der Lohnfertiger, der sich auf hochkomplexe Wirbelsäulenimplantate spezialisiert hat, für diese Pedikelschrauben zwei Maschinen im Einsatz: Nachdem die Teile in einer Drehmaschine vorgedreht worden waren, wurden sie in eine Fräsmaschine eingespannt, um den Kopf anzufräsen. „Doch auf Dauer war uns der manuelle Aufwand für die Entnahme und das erneute Einlegen der Schrauben zu hoch“, sagt Stefan Volz, Geschäftsführer bei Procon. „Denn dadurch konnten wir die Bauteile nur tagsüber während unserer üblichen Arbeitszeiten produzieren.“ Außerdem verursachte das manuelle Aufspannen immer wieder Qualitätsprobleme, der Ausschussanteil war zu hoch.

Daher machte sich das Unternehmen auf die Suche nach einem Bearbeitungszentrum, in dem die Schrauben vollautomatisch und weitgehend mannlos hergestellt werden können. Die meisten Anbieter mussten angesichts der Komplexität der Aufgabe abwinken. Willemin-Macodel konnte sie letztlich lösen – weil sich dort Entwickler mit den Anforderungen auseinandersetzten. „Sie konnten uns garantieren, dass wir die Aufgabe mit der Maschine tatsächlich lösen können“, sagt Fertigungsleiter Thomas Fuchs.
Dafür ist auf der Rückseitenbearbeitungseinheit eine Gegenspindel erforderlich, wie sie im Acht-Achsen-Bearbeitungszentrum 508MT von Willemin-Macodel vorgesehen ist. Auf dieses fiel schließlich Procons Wahl. Die Gegenspindel kann als vollwertiger fünfachsiger Teilapparat oder aber als Drehspindel mit 6000 min-1 genutzt werden.
Mit ihrer Hilfe stellt Procon die Pedikelschrauben heute vollautomatisch her: Auf der Hauptseite wird gedreht, hier erfolgt zudem bereits die erste Fräsbearbeitung. Dann greift die Gegenspindel die Schraube ab. Auf der Rückseite schließt sich dann erneut eine Drehbearbeitung an. Dann kommt die Rückseiten-Fräsbearbeitung zum Einsatz. „Auf diese Art und Weise fertigen wir schneller, präziser und kostengünstiger, da wir ohne manuelle Arbeit – zum Herausnehmen und Einlegen der Bauteile – auskommen“, erklärt Fuchs.
Alle Pedikelschrauben werden in Kleinostheim heute von der Stange bis zur fertigen Schraube automatisiert gefertigt – das heißt, auch nachts und am Wochenende mannlos. „Durch das Bearbeitungszentrum können wir die Pedikelschrauben ganz flexibel in allen Losgrößen fertigen“, so Fuchs. Insgesamt rund 30 Varianten dieses Bauteils werden in Losgrößen zwischen 5 und 200 herstellt. Am längsten benötigen die langen, dünnen Varianten, deren Kopf langsamer angesetzt werden muss.
Durch Parameterprogrammierung ist es sogar möglich, die Schrauben in verschiedenen Varianten mannlos zu fertigen. Dazu programmiert Fuchs die CNC-Steuerung des Bearbeitungszentrums mit verschiedenen Variablen. Das heißt, es muss nicht für jede Variante ein neues Programm eingefahren werden. „Diese hohe Flexibilität in der Fertigung kommt letztlich auch unseren Kunden entgegen“, sagt Volz. „Im Extremfall können wir auch mal schnell und ohne Probleme eine Losgröße 1 dazwischenschieben, wenn in einer Klinik eine spezielle Schraubenvariante für einen Patienten schnell benötigt wird.“ Auch ganze Baugruppen, die aus dem gleichen Material bestehen, fertigt Procon mannlos – beispielsweise Pedikelschrauben mit den passenden Klemmschellen.
Die Kleinostheimer waren 2008 einer der ersten Anwender des neuen Modells 508MT. Insgesamt ist dies bereits das siebte Bearbeitungszentrum, welches das Unternehmen von den Schweizern bezogen hat – und Fuchs ist nach eigenen Angaben „immer auf der Suche nach neuen Lösungen zur Effizienzsteigerung“. Nicht selten steht sein Unternehmen dabei in engem Kontakt zu Willemin-Macodel, um Sonderlösungen zu realisieren. „Das ist eindeutig eine Stärke dieses Herstellers“, sagt Fuchs.
Spezialisten sind auch gefragt, wenn es um die Fertigung neuer Produkte geht. So war Procon beispielsweise der erste Hersteller, der Röntgenmarker automatisiert in Cages aus PEEK (Polyetheretherketon) Optima gesetzt hat. Er nutzte dafür die gleiche Grundmaschine wie die, auf der die Pedikelschrauben gefertigt werden. Sie wurde individuell angepasst, um die Cages in einer Aufspannung herzustellen.
Auf den ersten Blick handelt es sich bei den Cages um ein unspektakulär aussehendes Bauteil mit zwei Durchbrüchen und zwei schrägstehenden Bohrungen. Die Fertigung in einem Zyklus ist trotzdem eine große Herausforderung, denn würde das Bauteil durch einen Schraubstock abgegriffen, müsste eine der Bohrungen schräg eingebracht werden – wo die Frässpindel dann nicht mehr hinkommt.
Daher brauchte das Bearbeitungszentrum eine zweite Achse bei der Rückbearbeitung. Außerdem ist ein weiterer Schraubstock notwendig, um das Bauteil zu unterstützen. „Sonst“, so Fuchs, „vibriert die PEEK-Stange, wenn sie weit ausgespannt wird – mit negativen Folgen für die beim Implantat so wichtige Oberflächenqualität beziehungsweise die Standzeiten der Fräser.“
Nun verfügt die überarbeitete Maschine über zwei Schraubstöcke zum Unterstützen und automatischen Abgreifen der Teile sowie eine Gegenspindel mit Zweibackenfutter zum Drehen auf der Rückseite. So fertigt Procon die Cages heute in einem Zyklus – ohne Qualitätsprobleme und mit Materialvorteilen. Weiterhin ist hierdurch eine hohe Positioniergenauigkeit und mithin eine nur sehr geringe Gratbildung garantiert.
Genau wie bei der Pedikelschrauben-Herstellung ist hier ein mannloser Betrieb möglich. Die 1 m langen PEEK-Optima-Stangen werden automatisch in die Maschine eingewechselt. Nach der Bearbeitung in der Maschine ist dann nur noch eine leichte Nachbearbeitung notwendig.
Zwei weitere 508MT stehen kurz vor der Auslieferung: Auf Wunsch von Procon hat Willemin-Macodel hier mehrere gesteuerte Greifer integriert. Procon-Chef Volz freut sich: „Durch das Handlingsystem wurde das Bearbeitungszentrum nicht nur sicherer, sondern gleichzeitig auch deutlich kostengünstiger.“
Sabine Koll Fachjournalistin in Böblingen
Weitere Informationen Über den Lohnfertiger Procon: www.procon-med.de Auf der Messe Medtec: Halle 6, Stand 6578
Ohne Probleme lässt sich auch die Losgröße 1 dazwischenschieben

Ihr Stichwort
  • Präzisionsbearbeitung
  • Wirbelsäulenimplantate
  • Titan
  • Mannlose Fertigung
  • Sonderlösung für PEEK-Teile
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