Bei der Suche nach Lawinenopfern zählt jede Sekunde: Bereits nach 15 Minuten sinken ihre Überlebenschancen rapide. Smartphones – ausgestattet mit Funktionen von Lawinenpiepsern – sollen die Opfer künftig schnell und genau orten.
Von einer Lawine überrascht zu werden, ist der Albtraum jedes Wintersportlers. Wer einmal unter den weißen Massen begraben ist, hat kaum eine Chance, sich selbst zu befreien. Der Schnee wird hart wie Beton, der Verschüttete kann nicht einmal mehr einen Finger bewegen. Die Überlebenschancen schwinden mit jeder Minute, der Tod durch Ersticken droht. Den Rettern bleiben im Schnitt 15 Minuten, um die Opfer lebend zu bergen. Lawinensuchgeräte (LVS) gehören deshalb zwingend zur Ausrüstung aller, die sich überwiegend abseits der Pisten bewegen. Doch die Piepser sind nicht billig, die Preisspanne reicht von 200 bis über 500 Euro.
Bald könnte es eine günstigere Alternative zu den aktuellen Lawinenpiepsern geben: Forscher vom Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML in Prien entwickeln mit dem Galileo-Lawinen-Fon ein System, das Smartphones um die Sende- und Suchfunktionen eines LVS-Geräts ergänzt. Im Notfall orten die Handys verschüttete Lawinenpiepser mit Hilfe der Satellitennavigation, wobei sich die Signale des GPS-, des europäischen Galileo- und des russischen Glonass-Satellitensystems kombinieren lassen. Projektpartner sind die Unternehmen Protime, Volmer Informationstechnik und die Hochschule Rosenheim mit ihrem Bereich Elektro- und Informationstechnik. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie BMWi förderte das Vorhaben mit rund 1,7 Mio. Euro.
„Wie handelsübliche LVS-Geräte verfügt das Galileo-Lawinen-Fon über einen Sende- und Suchbetrieb. Aber im Gegensatz zu den bisherigen Piepsern spürt das System Verschüttete nicht nur entlang der Magnetfeldsignale auf, sondern bezieht auch Satellitensignale in die Suche ein. Da unsere Lösung mehrere verfügbare Satellitensysteme und Sensoren nutzt, ist die Ortungsgenauigkeit sehr hoch“, sagt Holger Schulz, Wissenschaftler am IML.
Hier liegt auch einer der Vorteile gegenüber den verfügbaren Geräten: Diese geben im Modus „Senden“ ein elektromagnetisches Signal ab. Entlang dieser Magnetfeldlinie sucht das Gerät nach den Vermissten – im schlechtesten Fall beschreibt die Linie einen Halbkreis, was die Suchzeit verlängert.
Die neue Technologie hingegen zeigt die exakte Entfernung und Richtung des Opfers am Smartphone-Display an. Künftig soll die Oberfläche zudem darstellen, in welcher Tiefe der Verunglückte liegt.
In zwei bis drei Jahren soll die Lösung den Markt erobern – ein guter Zeitpunkt, da auch das europäische Satellitensystem Galileo 2016 an den Start gehen soll. Bis dahin wollen die Wissenschaftler die derzeitige Empfangsreichweite des Galileo-Lawinen-Fons von momentan etwa 30 mnoch weiter erhöhen.
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