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Systemlieferanten: Innenhochdruck-Umformen auch für kleine Stückzahlen
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Bei der Fertigung eines Spezialgehäuses für Röntgenröhren wurde ein Systemlieferant in die Entwicklung eingebunden. Sein Verfahren für das Innenhochdruck-Umformen ermöglichte einen effizienteren Fertigungsablauf, der prozesssicherer ist und bessere Qualität zu geringeren Kosten liefert.

Konventionell wurde ein komplexes Spezialgehäuse für Röntgenröhren aus einzelnen, miteinander im Salzbad verlöteten Elementen hergestellt. Es bestand aus einem zylindrischen Grundkörper mit seitlichen Ausbuchtungen, Flanschen und Bohrungen. Ausgangsmaterialien waren rohrförmige Aluminiumhalbzeuge von etwa 150 mm Durchmesser, an die mehrere Elemente angesetzt wurden. Die Rohre mussten an mehreren Stellen ausgeschnitten, die Flansche genau angepasst und dann verlötet werden. Pro Jahr entstanden so 1500 Gehäuse. Aufgrund der komplex gebogenen Strukturen war es jedoch kaum zu vermeiden, dass sich einzelne Komponenten verzogen. Bei der hohen Anzahl der Fügestellen und der Kompliziertheit der dreidimensionalen Konturen ergab sich so eine beträchtliche Ausschussquote, was hohe Gesamtkosten nach sich zog. Erschwerend kam hinzu, dass das Löten von Aluminium im Salzbad wegen der damit verbundenen Auflagen für den Umweltschutz ein erheblicher und zudem steigender Kostenfaktor ist.

Um gleichzeitig die Qualität zu steigern und die Kosten zu senken, wurde die Deutsche Mechatronics GmbH (DTMT) aus Mechernich mit ins Boot geholt. Als Engineering- und Fertigungspartner kann das Unternehmen auf Know-how aus den Bereichen Mechanik, Verfahrens- und Strömungstechnik sowie Elektrotechnik und Softwareentwicklung zurückgreifen, um komplexe Aufgabenstellungen von der ersten Idee bis zur Serienfertigung ganzheitlich zu lösen. DTMT verfügt dazu über eine eigene Entwicklungsabteilung mit Ingenieuren unterschiedlicher Fachrichtungen, die als interdisziplinäres Team zunächst das herkömmliche Fertigungsverfahren untersuchte. Gefragt wurde, ob Aluminium der richtige Werkstoff ist und wie sich die Anzahl der Fügestellen reduzieren lässt. Ganz prinzipiell tauchte dann auch die Frage auf, ob überhaupt gelötet oder geschweißt werden muss. Auch die Kosten der Zerspanung sollten reduziert werden und gleichzeitig das Qualitätsniveau steigen.
In einem ersten Schritt wechselten die Spezialisten deshalb von Aluminium zu Edelstahl. Damit konnte DTMT die Festigkeit des Gehäuses deutlich erhöhen. Ein willkommener Nebeneffekt war, dass Edelstahl die Strahlung besser als Aluminium abschirmt. So ließ sich gleichzeitig der Bleianteil im Inneren des Gehäuses reduzieren. Um die Anzahl der Einzelteile und somit der Schweißnähte deutlich zu verringern, wollte DTMT-Projektleiter Christian Hosse zudem einen möglichst großen Teil des Gehäuses aus einem einzigen Stück mit dem Innenhochdruck-Verfahren (IHU) herstellen. Davon versprach er sich auch eine nochmals erhöhte Strahlungsdichtigkeit und insgesamt eine höhere Prozess-Sicherheit und Maßhaltigkeit.
„Im Grunde war das Gehäuse für das Innenhochdruck-Verfahren geeignet, doch die angestrebten Umformgrade waren beträchtlich“, berichtet Hosse. „An einigen Stellen fließt das Material so sehr, dass die Wandstärke auf die Hälfte reduziert wird.“ Deshalb zog er innerhalb der DTMT Spezialisten anderer Fachrichtungen hinzu, um die Machbarkeit der Umformung zu untersuchen. In mehreren Schritten wurde daraufhin die Bauteilgeometrie so modifiziert, dass die vom Kunden vorgegebenen Funktionsmaße in einer einzigen Umformung erreicht werden. Die Überprüfung der theoretischen Voruntersuchungen in der Praxis brachte das gewünschte Ergebnis: Bereits die ersten Nullserienteile erfüllten alle Spezifikationen.
Ein Problem blieben die Kosten. Das Innenhochdruck-Verfahren war bisher wegen der hohen Anlagenkosten eher großen Serien vorbehalten. Mit einer geplanten Stückzahl von rund 1500 Stück pro Jahr schien DTMT weit von einer wirtschaftlichen Produktion entfernt zu sein. Daraufhin entwickelten die Spezialisten der DTMT eine Hydroformanlage, die exakt an die Anforderungen der Klein- und Mittelserienfertigung angepasst ist und mit der sich vergleichsweise geringe Stückzahlen erstmals kostengünstig herstellen lassen. Die Anlage ist für 1500 bis 10000 Stück im Jahr ideal geeignet. Ein Vorteil ist, dass sie sich aufgrund ihres modularen Aufbaus leicht an andere Werkstückgeometrien und -abmessungen anpassen lässt. Derzeit ist sie für Werkstücklängen bis 600 mm und einen Rohrdurchmesser von bis zu 150 mm ausgelegt. Der Umformdruck liegt bei bis zu 1500 bar, die Schließkräfte reichen bis 10 000 kN.
Am Ende der Entwicklungsphase hatte DTMT eine Lösung erarbeitet, die mit verbessertem Strahlungsschutz, höherer Prozess-Sicherheit und neuem Design weit über den ursprünglichen Erwartungen des Kunden lag. Dennoch blieben die Stückkosten deutlich unter denen des Aluminiumgehäuses. Mit inzwischen mehr als 4000 produzierten Gehäusen ist der Beweis erbracht, dass sich auch kleine und mittlere Serien – wie sie in der Medizintechnik häufig vorkommen – mit dem IHU-Verfahren wirtschaftlich herstellen lassen. Die Maßhaltigkeit ist auch bei engen Toleranzen in der Serienherstellung sicher reproduzierbar. Zudem konnte durch die Kombination des Hydroformverfahrens mit der 3D-Schneid-Schweiß-Laser-Technologie von DTMT der Anteil der spanabhebenden Fertigung um etwa 60 % reduziert werden.
  • Dr. Uwe Stein Fachjournalist in Aachen
  • Weitere Informationen www.deutsche-mechatronics.com

  • Ihr Stichwort
    • Innenhochdruck-Umformen
    • Prozess-Sicherheit
    • Umweltschutz
    • Klein- und Mittelserien
    • Strahlenschutz

    • Der Anbieter
      Die Deutsche Mechatronics GmbH (DTMT) mit Sitz in Mechernich gehört der VTC Industrieholding. Das Unternehmen entwickelt und produziert als Systemlieferant High-tech-Systeme und Komponenten. Entwicklungsschwerpunkte sind Elektromechanik, Infrarot-Trocknungstechnik und Ultraviolett-Härtung sowie industrielle Bildverarbeitung und Prozesslufttechnik. Die Deutsche Mechatronics ist ein Unternehmen der Mechatronics Group. 120 der rund 900 Mitarbeiter der Gruppe sind Ingenieure und Techniker. Die Gruppe erwirtschaftet einen Jahresumsatz von etwa 170 Mio. Euro.
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