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Haares Breite am Airbusflügel

Mikromechanische Systeme: Dreidimensionale Schwingungen mittels Dopplereffekt analysieren
Haares Breite am Airbusflügel

Wie genau ein neues Messverfahren die Bewegungen in Mikrosystemen erfasst, zeigt der Vergleich mit einer Schwingung um Haaresbreite am Airbusflügel. Solch winzige Bewegungen zu messen, ist für die Entwickler von MEMS sehr hilfreich.

Um zu mikro-elektromechanischen Sensoren und Aktoren (MEMS) zu kommen, muss der Entwickler nicht nur das elektrische Verhalten der Bauelemente kennen. Auch das dynamische Verhalten der winzigen Komponenten, deren Bewegungen in verschiedenen Richtungen sich überlagern, spielt eine Rolle. So liegt die funktionale Bewegungsrichtung sowie die Bewegungsebene von MEMS-Bausteinen meist innerhalb der Bauteilebene – man spricht von In-Plane-Bewegungen. Manchmal verläuft die Bewegung orthogonal dazu, also Out-of-Plane. Um dies vollständig zu beschreiben, werden hochauflösende Messdaten für jede Bewegungskomponente benötigt.

Bisher ließen sich solche Schwingungen kaum erfassen. Doch hat nun die Polytec GmbH mit Stammsitz in Waldbronn bei Karlsruhe mit dem MSA-100-3D ein neues, mikroskopbasiertes 3-D-Schwingungsmesssystem entwickelt, das dreidimensionale Schwingungsparameter mikroskopischer Objekte in Echtzeit und mit einer Schwingungsamplitudenauflösung im Pikometerbereich misst. Die Auflösung lässt sich gut anhand eines Vergleichs beschreiben: Wäre ein lediglich 50 µm breiter Siliziumcantilever ein Airbus mit 80 m Spannweite, können Schwingungen der Flügelspitze von nur 80 µm erkannt werden – also etwa der Dicke eines Haares.
Dreidimensionale Objektschwingungen größerer Teile werden heute mit Laser-Doppler-Vibrometern gemessen: Drei Messköpfe erfassen die Bewegungen aus linear unabhängigen Richtungen und transformieren die Daten in ein orthogonales Koordinatensystem. Für mikromechanische Systeme ist dieser Ansatz nur bedingt geeignet, da die benötigte laterale Auflösung im Mikrometer-Bereich mit drei sich beeinflussenden Laserspots nicht zu erreichen ist.
Daher wurden zum Messen der In-Plane-Bewegung auch Videomikroskopiesysteme mit Stroboskopie eingesetzt. Oft stößt aber auch das an Grenzen, da der Stroboskopeffekt die Auflösung bei der Messung der Schwingungsamplitude auf den Nanometerbereich begrenzt. Auch dauert es mehrere Minuten, bis Resultate für Bewegungen in der Ebene vorliegen, da die digitalen stroboskopischen Aufnahmen über Bildverarbeitungsprogramme ausgewertet werden.
Das neue Messverfahren nutzt den richtungsabhängigen Dopplereffekt des Lichts, um die Geschwindigkeit eines Messobjekts in eine messbare Frequenzverschiebung zu wandeln. Dabei sind die Geschwindigkeit des Objekts und die Frequenzverschiebung des von diesem Objekt reflektierten Lichts proportional zueinander. Ein Interferometer ermittelt diese Frequenzverschiebung, anschließend wird die Bewegung errechnet.
Das Besondere am Verfahren ist, dass dafür nur ein Laserstrahl benötigt wird. Drei Empfänger messen das Doppler-verschobene Streulicht, so dass vom Laserfokuspunkt eine dreidimensionale Bewegungsinformation gewonnen werden kann. Da es nur einen Messstrahl gibt, sind optische Übersprechstörungen nicht zu befürchten. Damit wird eine Amplitudenauflösung im Bereich weniger Pikometer möglich.
Die Geometrie des Messkopfes und die mechanischen Verbindungspunkte wurden so gewählt, dass sich der Messkopf an jeder Probestation anschließen lässt. Dadurch sind Schwingungsanalysen bereits auf Wafer-Ebene möglich, auch im Vakuum. Als Option ist zudem ein xy-Verfahrtisch im Gerät integrierbar, um flächenhafte Messungen durchzuführen.
Dank des mikroskopisch kleinen Laserspots von unter 4 µm Durchmesser und der Frequenzbandbreite von 25 MHz eignet sich das Messgerät sehr gut, um mikro-elektromechanische Sensoren und Aktuatoren sowie andere mikromechanische Strukturen zu untersuchen und deren Entwicklungszeit zu verkürzen. Mit der Messsoftware lassen sich auch größere Messobjekte, die Gesichtsfeld und Schärfentiefebereich des Objektivs überschreiten, mit einer optionalen xyz-Positioniereinheit automatisiert und komfortabel messen. Auch Auftragsmessungen sind möglich.
  • Dr. Heinrich Steger Polytec, Waldbronn
  • Ellen-Christine Reiff Fachjournalistin in Stutensee
Weitere Informationen Für die Entwicklung des Messsystems erhielt Polytec 2014 den Dr.-Rudolf-Eberle-Preis des Landes Baden-Württemberg. www.polytec.com

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